Der Umgang der Schweiz mit den Russland-Sanktionen ist kompliziert. Unmittelbar nach Ausbruch des Ukrainekriegs im Februar 2022 wollte der Bundesrat nichts wissen von einer Übernahme der von der EU verhängten Strafmassnahmen gegen Russland. Ein paar Tage später und nach immer stärkerem Druck aus dem Ausland machte er eine Kehrtwende.
In einem Punkt aber blieb der Bundesrat hart. Er lehnt einen Beitritt zur sogenannten Repo-Taskforce bis heute ab. Sie wurde von den G7-Staaten und Australien eingesetzt, um versteckte Gelder von sanktionierten Oligarchen aufzuspüren. Die G7-Botschafter forderten die Schweiz im April in einem Brief auf, sich an der Taskforce zu beteiligen.
Der Bundesrat und das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) kontern die Kritik mit dem Argument, die Schweiz arbeite gut mit der Taskforce zusammen. Man treffe sich mit den Mitgliedern und tausche sich auch via E-Mail und Telefon aus. Die Einsetzung einer eigenen Taskforce hatte der Ständerat im Juni abgelehnt.
Nun aber wächst der Druck auch im Inland. «Ich sehe keinen Grund, weshalb die Schweiz der G7-Taskforce nicht beitreten sollte», sagte FDP-Präsident Thierry Burkart am Mittwoch der SRF-«Tagesschau». «Wir hätten dort die Möglichkeit, unseren Standpunkt einzubringen und aufzuzeigen, dass wir schon sehr aktiv sind in dieser Angelegenheit.»
Die Freisinnigen dürften diese Haltung kaum geschlossen teilen, und mit seinem Vorprellen versucht Burkart – es ist Wahlkampf – wohl auch, die Grünen auszubremsen. Diese laden am Freitag zu einer Online-Medienkonferenz mit prominenter Beteiligung. Mitwirken wird der deutsche Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter, ein eifriger Unterstützer der Ukraine.
Nächste Woche entscheidet der Nationalrat über eine Motion der St.Gallerin Franziska Ryser. Sie fordert, dass die Schweiz sich «so rasch als möglich» der Repo-Taskforce anschliesst. Unmittelbare Folgen hätte eine Zustimmung nicht, denn der Ständerat würde wohl erst in der Wintersession entscheiden. Und Aussenpolitik ist Sache des Bundesrats.
Dennoch wird es für ihn immer schwieriger, sich der Forderung nach einer Mitgliedschaft der Schweiz zu verschliessen. Denn auch die betroffene Bankiervereinigung signalisiert Zustimmung. Er sehe «wenig Gründe, die gegen einen Beitritt sprechen», sagte der neue CEO Roman Studer in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der NZZ.
Zwar beklagte Studer das Powerplay vor allem aus den USA: «Da ist sehr viel politisches Kalkül im Spiel. Und Interessenpolitik von Finanzplätzen.» Aber man sei als kleines Land, das sehr exportorientiert ist, «rasch Druck ausgesetzt». Dazu beitragen könnte eine internationale Recherche, die am Donnerstag in den Tamedia-Zeitungen erschienen ist.
Sie basiert unter anderem auf Unterlagen eines Schweizer Vermögensverwalters, die nach einem Hackerangriff im Darknet aufgetaucht waren und vom Westschweizer Fernsehen TSR gesichert wurden. Im Zentrum steht Alexander Ponomarenko, der Chef der Moskauer Wasserversorgung, die den Angriffskrieg in der Ukraine finanziell und propagandistisch sponsert.
Ponomarenko steht unter Verdacht, Millionen abgezweigt zu haben, was in Wladimir Putins Mafiastaat zum Courant normal gehört. Bei genauer Lektüre ist die Substanz der Recherche überschaubar, denn Ponomarenko fällt nicht unter die Sanktionen, und von ihm führt offenbar keine nachweisbare Spur zum Schweizer Finanzplatz.
Das gilt nicht für seine langjährige Partnerin und seine Tochter, die Ende 2022 rund 40 Millionen Dollar bei drei Schweizer Banken gehortet hätten. Die Tochter soll im Juni 2022, mehrere Monate nach Kriegsbeginn, ein Konto bei einer Zürcher Privatbank über 9,5 Millionen Dollar eröffnet haben. Allerdings sind auch die Frauen nicht sanktioniert.
Mehr noch: Sie besitzen laut Tamedia einen Pass oder eine Aufenthaltsbewilligung eines EU-Landes und leben offenbar nicht in Russland. Damit fallen sie nicht unter die Vorgaben, die der Bundesrat für russische Staatsbürger verhängt hat. Das verleiht den Vorwürfen einen Beigeschmack von Sippenhaftung, auch wenn keine Namen genannt werden.
Heikel sind die Anschuldigungen trotzdem. Man könne schon den Eindruck bekommen, dass von den Banken im Umgang mit Russengeldern «eher weniger als mehr gemacht wird. Und dass man vor allem auf Druck von aussen und weniger aus Eigenantrieb handelt», sagte Gretta Fenner, Geschäftsführerin des Basel Institute on Governance, gegenüber Tamedia.
Die Schweiz hat rund 7,5 Milliarden Franken an verdächtigen Geldern gesperrt. Das sei relativ viel im Verhältnis zur Grösse des Finanzplatzes, betonte Roman Studer im NZZ-Interview. Und die in einem Tamedia-Kommentar geäusserte Empörung wirkt etwas scheinheilig. Aber der Druck auf die Schweiz, der G7-Taskforce beizutreten, wird damit nicht abnehmen.
Diesmal will sie sich also für die intensive Fahndung nach Oligarchengeldern einsetzen. Ab Dezember 2023 wird der Wind die FDP-Fahne wieder in die alte Richtung drehen.
Die fdp hätte schon 18 Monate Zeit gehabt für diese Entscheidung.
Die Linken wollten das von Anfang an.
FDP und svp sind Russland freundlich!