Was der Bundesrat mit Trump und dem Silicon Valley zu tun hat – in fünf Punkten
Die Verneigung des Silicon Valley
Elon Musk, Mark Zuckerberg, Jeff Bezos, Tim Cook, Sundar Pichai: Die CEOs der amerikanischen Tech-Giganten X, Meta, Amazon, Google und Apple standen bei Donald Trumps Rede zur Amtseinführung am 20. Januar im Kapitol in der ersten Reihe.
Die Herrscher über das Silicon Valley, dem lange der Ruf eines linksliberalen, den Demokraten zugeneigten Biotops anhaftete, machten dem Rechtspopulisten Trump ihre Aufwartung.
Viele von ihnen vollzogen nicht bloss eine symbolische Kehrtwende. Mark Zuckerberg etwa, Gründer und CEO von Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), hatte kurz vor Trumps Amtsantritt die abtretende Biden-Regierung für angebliche «Zensur» kritisiert.
Die Kehrtwende des Mark Zuckerberg
Unter Trump werde es eine «Rückkehr zu den Prinzipien der Redefreiheit» geben, sagte Zuckerberg. Meta schaffte in der Folge Faktenchecker ab, stampfte Filter gegen Hassrede ein und erhöhte die Hürden zur Löschung von rassistischen Beiträgen deutlich.
Gemeinsam mit Trump werde Meta gegen Regierungen auf der ganzen Welt ankämpfen, die es auf US-Unternehmen abgesehen hätten und mehr Zensur einforderten, kündigte Zuckerberg an. Er kritisierte insbesondere die europäischen Staaten. Dahinter dürften auch handfeste wirtschaftliche Interessen stecken.
Das Einknicken der EU
Denn in der EU wird seit Jahren über die Einführung einer Digitalsteuer («Digital Services Tax») diskutiert, die vor allem die Tech-Giganten aus dem Silicon Valley treffen würde. Besteuert werden sollen ihre Werbeeinnahmen, Servicegebühren oder Einnahmen aus der Auswertung von Userdaten.
Der Gedanke dahinter: Die global tätigen amerikanischen Tech-Konzerne verdienen gutes Geld mit den hunderten Millionen EU-Bürgern, die ihre Plattformen nutzen. Doch die Profite fliessen vor allem in die US-Firmenzentralen oder in Niederlassungen in besonders steuergünstigen Ländern.
Donald Trump sind solche Bemühungen ein Dorn im Auge. Er drohte Ländern, die eine solche Abgabe erheben, mit zusätzlichen Zöllen auf Exporte in die USA.
Im Falle der EU hatte Trumps Drohung Erfolg. Zwar existieren die gesetzlichen Grundlagen für eine Digitalsteuer bereits seit Längerem; einzelne EU-Mitglieder haben sie auf nationaler Ebene schon eingeführt. Doch die EU-Kommission verzichtete im Sommer zumindest mittelfristig auf eine unionsweite Einführung der Digitalsteuer, um den Deal mit Washington nicht zu gefährden.
Das Versprechen der Schweiz
Nun wird die Digitalsteuer auch in der Schweiz zum Thema. In der am Freitag verabschiedeten gemeinsamen Erklärung («Joint Statement») zum Zolldeal mit den USA steht: Die Schweiz beabsichtige weiterhin auf eine solche Steuer zu verzichten.
Doch zwei weit fortgeschrittene Gesetzesvorhaben sehen neue Regeln und Abgaben für grosse Tech-Firmen vor. Im Juni verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum neuen Leistungsschutzrecht zuhanden des Parlaments. Vereinfacht gesagt will er Suchmaschinenanbieter und Plattformbetreiber verpflichten, Medienunternehmen künftig für die Anzeige von kurzen Text- und Bildvorschauen (Snippets) zu entschädigen.
Und im Oktober schickte der Bundesrat ein neues Gesetz über Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen («Lex Google») in die Vernehmlassung. Er möchte diese Unternehmen zu mehr Transparenz gegenüber ihren Nutzern und einem einfachen Meldeverfahren bei Verleumdung, Beschimpfung oder Aufruf zu Hass verpflichten. Bei Verstössen sind Geldbussen vorgesehen.
Die Frage der Lesart
Hat der Bundesrat gegenüber den USA eine Abkehr von diesen beiden Projekten versprochen? Das bei den Verhandlungen federführende Wirtschaftsdepartement verneint deutlich. Der Passus im «Joint Statement» bilde lediglich die bestehende Position des Bundesrats ab.
Die «enge Lesart» dieser Formulierung ziele auf eine Digital Services Tax ab, wie sie die EU diskutiert. Diese lehne der Bundesrat seit Längerem ab. Bestehende Digitalabgaben (etwa für ausländische Streaminganbieter im Rahmen der «Lex Netflix») oder laufende Gesetzesprojekte wie die Plattformregulierung oder das Leistungsschutzrecht seien bei der Formulierung nicht mitgemeint.
Entscheidend sei zudem nicht, was im rechtlich unverbindlichen «Joint Statement», sondern was am Ende im ausgehandelten Abkommen mit den USA stehe, über welches das Parlament und gegebenenfalls die Bevölkerung abstimmen werde.
«Es ist höchst problematisch, wenn der Bundesrat Vereinbarungen zustimmt, die den Weg zu mehr digitaler Unabhängigkeit ausbremsen», sagt der Freiburger Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey.
IT-Unternehmer Andrey, einer der versiertesten Digitalpolitiker im Parlament, sieht das vom Bundesrat vorgeschlagene Leistungsschutzrecht zwar aus inhaltlichen und technischen Gründen kritisch. Doch es sei klar: Die grossen Tech-Unternehmen wirkten so massiv auf Politik und Gesellschaft ein, «dass wir sie unabhängig regulieren und besteuern können müssen.»
Der Freiburger kritisiert die Landesregierung scharf: «Um die Interessen der US-Regierung und einiger Grossunternehmen zu befriedigen, wirft der Bundesrat Versprechen in die Wagschale, die den Interessen der Schweiz und ihrer Bevölkerung zuwiderlaufen». (aargauerzeitung.ch)
