Gemäss dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) herrscht die Gefahrenstufe 5 (sehr grosse Gefahr) aktuell in Luzern am Vierwaldstättersee. Dort schwappte der Pegel zwei Zentimeter über die Hochwasser-Grenze der höchsten Stufe 5 (434,75 Meter).
In Luzern sei es aber trotz gestiegener Pegel vorerst nicht zu ausserordentlichen Einsätzen gekommen, sagte eine Mitarbeiterin der Einsatzzentrale der Luzerner Polizei der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am frühen Morgen. Die Situation werde laufend kontrolliert. Am Donnerstagmorgen betrug der Seepegel 434,77 Meter.
Auch in Oberkirch am Sempachersee ist die Lage sehr angespannt. Gemäss dem BAFU entspricht die Gefahrenstufe 5 einer einer Abflussmenge, die im Durchschnitt höchstens einmal in 100 Jahren auftritt. Es können Bahnstrecken, Dörfer, Städte und Industrieanlagen in grossem Masse von Überflutungen betroffen sei.
Ebenfalls stark von Hochwasser betroffen und mit der vierten Gefahrenstufe (grosse Gefahr) markiert sind die Stadt Bern, Ligerz am Bielersee, Spiez am Thunersee, Hitzkirch am Aabach, Frauenthal an der Lorze und Zürich.
Im Kanton Bern blieben grössere Einsätze zunächst ebenfalls aus, wie es bei der Einsatzzentrale der Polizei auf Anfrage hiess. Der Bielersee überschritt am Donnerstagmorgen die Hochwassergrenze. In Nidau drang das Wasser in mehrere Bereiche der Anlagestelle und des Strandes ein.
Gegen 8 Uhr lag der Pegel des Bielersees bei 430,37 Metern, zwei Zentimeter über dem Hochwasserstand, wie der Webseite Naturgefahren des Kantons Bern entnommen werden konnte. Es wird erwartet, dass der See am Samstag seinen Höchststand erreicht. Dieser lag im Jahr 2007 bei 430,88 Meter und im Jahr 2005 430,69 Meter.
Der Luzerner Feuerwehrkommandant Theo Honermann hatte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Mittwoch gesagt, ein realistisches Szenario sei, dass am Donnerstagmorgen in dem Touristenort Brücken gesperrt werden müssten. Auch eine Sperrung des zentralen Schwanenplatzes sei möglich.
Bereits eingestellt ist der Schiffsverkehr auf dem Rhein in Basel. Der Pegelstand sei derzeit zu hoch, hiess es am Mittwoch aus Basel. Auch in Luzern ist der Betrieb der Schiffslinie SGF eingestellt.
Im Schienenverkehr gibt es zahlreiche Einschränkungen. Am stärksten betroffen waren am Donnerstagmorgen die Gebiete rund um Zürich, Luzern und Freiburg. Auf der Strecke Lausanne – Bern ist wegen des Unwetters mit Verspätungen und Zugausfällen zu rechnen. Zwischen Luzern und Engelberg verkehren die Züge ebenfalls sehr unregelmässig. Detaillierte Informationen liefern die Bahnverkehrsinformationen der SBB.
Am Mittwoch wurde zudem zeitweise der Gotthardtunnel in Richtung Norden aufgrund von Überschwemmungen nach heftigen Gewittern gesperrt. Gegen Abend wurde der Abschnitt wieder freigegeben.
Der Bund prognostizierte für die nächsten Tage weiter steigende Fluss- und Seepegel. Das Bundesamt für Umwelt erwarte in den betroffenen Gebieten zwischen 60 und 80 Millimeter Regen, sagte David Volken, Hydrologe des Bundesamts für Umwelt (BAFU) in der SRF-TV-Sendung «10 vor 10» vom Mittwoch.
Die Prognosen zeigten, dass kritische Werte erreicht werden könnten. Einen Wasserhochstand wie bei dem 2005 als Jahrhunderthochwasser eingestuften Unwetter werde aber vermutlich nicht erreicht. Damals verursacht das Hochwasser schweizweit rund drei Milliarden Franken Schäden.
Bundespräsident Guy Parmelin appellierte derweil an die Bevölkerung, vorsichtig zu sein. «Die Unwetter, die unser Land verwüsten, sind besorgniserregend», schrieb der Wirtschaftsminister am Mittwochabend im Kurznachrichtendienst Twitter. Die Risiken für Hochwasser würden steigen. Weiter dankte der Magistrat jenen, die für die Sicherheit der Bevölkerung sorgten. Parmelin wird am Nachmittag in Luzern die Einsatzkräfte besuchen.
Noch ist die Situation angespannt und eine konkrete Bemessung der Schäden schwierig.
Die aktuelle Hochwasser-Situation sei mit jener im Jahr 2005 vergleichbar, heisst es beim BAFU. Die Schäden seien aber deutlich kleiner, weil der Bund nach 2005 4.5 Milliarden Franken in den Hochwasserschutz investiert habe.
Der Bund hat die Hochwasservorhersagen und -Warnungen ausgebaut und etabliert, sowie neue Gefahrengrundlagen wie die Oberflächenabflusskarte erarbeitet. Neben der Beseitigung der damals erkannten Schutzdefizite an vielen Fliessgewässern haben Kantone und Gemeinden seither die Abläufe im Ereignisfall verbessert und Fachspezialisten und Einsatzkräfte geschult.
«Am Alpennordhang und im Jura erwarten wir in den nächsten 48 Stunden nochmals 20 bis 40mm, lokal bis 60mm Niederschlag», sagt Ludwig Zgraggen, Meteorologe von Meteo Schweiz auf Anfrage. Auch in der Zentral- und Ostschweiz sei mit weiteren Niederschlägen zu rechnen.
Am Samstag entspanne sich dann die Lage und im Westen und auf der Alpensüdseite werde es zunehmend sonniger, so Zgraggen. «Ab nächster Woche können wir in der ganzen Schweiz mit Sonne und warmen Wetter rechnen – und das sogar nachhaltig.» Eine grosse Hitzewelle sei es nicht, aber die Temperaturen würden gegen die 28 Grad steigen.
Mit Material der sda