Die UBS will eine schwerwiegende Altlast der Credit Suisse rasch aus der Welt schaffen. Die Bank offeriert Investoren einen eleganten Ausstieg aus den sogenannten Supply-Chain-Finance-Funds der Credit Suisse, welche diese im März 2021 mit dem Argument von Bewertungsunsicherheiten und ausgebliebener Versicherungsdeckung geschlossen hatte.
Die Credit Suisse hatte die Fonds ab 2017 in Zusammenarbeit mit dem australischen Financier Lex Greensill lanciert und damit unter rund 1000 institutionellen Anlegern etwas über 10 Milliarden Dollar eingesammelt. In den Fonds lagen und liegen teilweise immer noch verbriefte Forderungen gegenüber Unternehmen, die sich den Verkauf ihrer Waren und Leistungen gegen einen Preisabschlag vorfinanzieren liessen. Credit Suisse hatte die Fonds als «risikoarm» vermarktet – allerdings nur im Kreis von sogenannt qualifizierten Anlegern.
Die Fonds wurden den Marketingversprechen nicht gerecht. Seit deren Schliessung vor mehr als drei Jahren konnten Forderungen in einer Gesamthöhe von 2,6 Milliarden Dollar noch nicht wieder eingetrieben werden. Die Investoren haben erst 7 Milliarden Dollar ihrer ursprünglichen Investition zurückerhalten. 400 Millionen Dollar liegen in bar zur Auszahlung bereit.
Die UBS offeriert den geschädigten Investoren nun, die offenen Forderungen zu 90 Prozent zu entschädigen. Massgebend für die Kompensationsleistung ist der Nettoinventarwert der Fonds, wie er unmittelbar vor deren Schliessung Ende Februar 2021 bestanden hatte. Das Angebot gilt bis Ende Juli. Wer es annimmt, muss sich verpflichten, auf jegliche rechtliche Ansprüche gegenüber der Credit Suisse beziehungsweise ihrer Rechtsnachfolgerin UBS zu verzichten.
Offensichtlich will die UBS mit dem Angebot nicht nur «den Fondsanlegern Sicherheit geben», wie es in der Medienmitteilung heisst, sondern auch für sich selbst eine möglichst grosse Zahl von offenen Rechtsfällen beiseite räumen. In verschiedenen Jurisdiktionen seien Zivilklagen gegen die Credit Suisse beziehungsweise gegen Manager und Organe der Bank hängig, heisst es im jüngsten Quartalsbericht der UBS. Die Kläger machen missbräuchliche Verkaufspraktiken und Verstösse gegen Treuepflichten geltend.
Zudem führt die Zürcher Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung wegen unlauteren Wettbewerbs gegen vier ehemalige Credit-Suisse-Banker. Die Untersuchung geht auf eine Anzeige der Schweizer Wettbewerbskommission zurück, der sich gemäss UBS-Quartalsbericht mehrere Fondsinvestoren als interessierte Parteien angeschlossen hätten.
Ein namentlich nicht genannt sein wollender Vertreter eines deutschen Fondsinvestors kritisierte gegenüber dieser Zeitung schon vor einiger Zeit, die CS sei trotz guter Entlöhnung ihrer treuhänderischen Verantwortung gegenüber den Fondskunden nicht nachgekommen und habe sich auf verschiedenen Ebenen in das riskante Geschäftsmodell mit Lex Greensill und seiner längst insolventen Finanzgesellschaft eingelassen.
Die CS habe so ihre eigene Unabhängigkeit als Vermögensverwalterin kompromittiert. Zu einem ähnlich lautenden Befund war im vergangenen Jahr auch die Finanzmarktaufsicht im Rahmen eines umfangreichen Enforcementverfahrens gegen Credit Suisse gelangt. Die Behörde hatte daraufhin auch vier Verfahren gegen CS-Manager eingeleitet.
Die Credit Suisse bzw. die UBS steht ihrerseits in rechtlichen Auseinandersetzungen mit diversen Versicherungsgesellschaften, welche mit der Verweigerung zur Deckung der finanziellen Forderungen der Fonds zu deren Schliessung beigetragen haben. Die Bank steht auch im Rechtsstreit mit den drei wichtigsten säumigen Zahlern der Fonds, dem Stahlunternehmen GFG Alliance, dem US-Bergbauunternehmen Bluestone Resources und dem amerikanischen Generalbauunternehmen Katerra, die den Fondsinvestoren zusammen noch 2,3 Milliarden Dollar schuldig sind.
Das Rücknahmeangebot löst bei der UBS AG per Ende Juni eine Rückstellung von 0,9 Milliarden Dollar aus. Auf konsolidierter Basis habe die Bank aber bereits zum Zeitpunkt der Übernahme von Credit Suisse Vorsorge getroffen, heisst es in einem Agenturbericht. (aargauerzeitung.ch/lyn)