Schweiz
Wirtschaft

Sparmassnahmen Bund: Das hält die Schweizer Bevölkerung davon

Bundesraetin Karin Keller-Sutter, Vorsteherin des Eidgenoessischen Finanzdepartements EFD, spricht waehrend einer Medienkonferenz, zum Voranschlag 2025 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2026 b ...
Bundesrätin Karin Keller-Sutter und ihr Finanzdepartement müssen über die Bücher.Bild: keystone

Resultate lassen aufhorchen: Das sagt die Bevölkerung zu den Sparplänen des Bundesrates

Wegen zu hoher Sozial- und Armeeausgaben muss der Bundesrat dringend sparen. Das im September veröffentlichte Massnahmenpaket ist allerdings umstritten – auch bei der Schweizer Bevölkerung, wie die repräsentative Umfrage «Barometer Finanzpolitik» von Sotomo nun zeigt.
19.11.2024, 17:0019.11.2024, 17:40
Mehr «Schweiz»

Das Bundesbudget ist in Schieflage geraten: Ab 2027 rechnet der Bundesrat mit einem strukturellen Defizit beim Bundeshaushalt von rund drei bis vier Milliarden Franken. Grund dafür sind steigende Ausgaben wegen der Mitfinanzierung der 13. AHV-Rente, generell höhere Sozialausgaben sowie Mehrausgaben für die Armee.

Um dieses Defizit auszugleichen, hat der Bundesrat im September ein ausführliches Massnahmenpaket präsentiert, das hauptsächlich Kürzungen bei den Ausgaben und kaum Erhöhungen bei den Einnahmen vorsieht.

Die Sparvorschläge des Bunderats ernteten allerdings nicht nur Applaus. Im Gegenteil: Die angespannte Haushaltslage führt in Bundesbern aktuell zu viel Streit über die Ausrichtung der künftigen Finanzpolitik. In der Vernehmlassung und später im Parlament wird es wohl heftige Diskussionen geben.

Doch wie steht eigentlich die Schweizer Bevölkerung zu den bundesrätlichen Sparvorschlägen? Dieser Frage ist das Meinungsforschungsinstitut Sotomo mit seinem «Barometer Finanzpolitik», einer repräsentativen Umfrage zum vorgeschlagenen Massnahmenpaket, nachgegangen. Die Resultate lassen aufhorchen.

Bevölkerung will nicht nur sparen

So befürwortet nicht einmal die Hälfte der Schweizer Bevölkerung das Massnahmenpaket des Bundesrats. Knapp jede und jeder Zweite lehnt den bundesrätlichen Vorschlag zur Sanierung des Bundeshaushalts gar ab.

Insbesondere Frauen und Jüngere stehen dem Vorschlag des Bundesrates skeptisch gegenüber. So lehnen 41 Prozent der 18- bis 35-Jährigen das Paket entschieden ab. Anhängerinnen und Anhänger von SVP, FDP und Mitte bewerten das Massnahmenpaket mehrheitlich positiv, bei GLP, SP und Grünen sind die Meinungen grösstenteils ablehnend.

Der Bundesrat möchte hauptsächlich die Ausgaben reduzieren. Eine Mehrheit der Bevölkerung (54 Prozent) möchte das Defizit hingegen mindestens zur Hälfte durch Mehreinnahmen decken. Nur die Parteianhängerschaften von FDP und SVP sind mehrheitlich der Ansicht, es sollte hauptsächlich oder ausschliesslich gespart werden.

Theoretisch wäre es auch denkbar, die Schuldenbremse zu lockern, anstatt das Defizit auszugleichen. Diese Idee fällt bei der Bevölkerung allerdings durch. 61 Prozent sind klar oder eher dagegen, gegenüber 30 Prozent, die sich dafür aussprechen. Selbst bei Personen, die sich der SP und den Grünen zugehörig fühlen, unterstützt nur rund die Hälfte eine Lockerung der Schuldenbremse.

Wo gespart werden soll

Die Schweizer Bevölkerung zeigt sich sehr uneinig darüber, wo der Bund seine Ausgaben reduzieren sollte. Hinter keinem der in der Befragung zur Auswahl gestandenen Ausgabenbereiche steht eine Mehrheit, die sich für Kürzungen im entsprechenden Bereich ausspricht. Mit 41 Prozent ist der Anteil an Sparwilligen bei der Entwicklungshilfe am grössten, gefolgt von Medienförderung (36 Prozent) und Armee (35 Prozent).

Naturgemäss hegen die Anhängerschaften der sechs grössten Parteien unterschiedliche Sparwünsche. Die Anhängerschaften von SP, Grüne und GLP sehen am meisten Sparpotenzial bei der Armee, dem Strassenverkehr sowie der Landwirtschaft. Wer sich der Mitte, der FDP oder der SVP zugehörig fühlt, ortet am meisten Sparpotenzial bei der Entwicklungshilfe.

Wo nicht gespart werden soll

Bei der Frage, in welchem Bereich auf keinen Fall gespart werden soll, herrscht deutlich mehr Einigkeit. Bei drei Ausgabenposten sieht eine Mehrheit der Befragten keine Sparmöglichkeiten: Es sind dies die AHV und IV (63 Prozent), die Bildung, Forschung und Innovation (57 Prozent) sowie der öffentliche Verkehr (54 Prozent).

Die Staatsausgaben für diese drei Bereiche sind bei einem Grossteil der Anhängerschaften von fast allen Parteien unbestritten. Einzig die Anhängerinnen und Anhänger der SVP scheren etwas aus, denn anders als bei den anderen Parteien möchten viele von ihnen bei Armee und Strassenverkehr auf keinen Fall die Ausgaben kürzen.

Bei AHV und IV gibt es hingegen kein Ausscheren. Das ist bemerkenswert, weil die Bevölkerung erst vor rund neun Monaten durch die Annahme der Initiative für eine 13. AHV-Rente deutliche Mehrausgaben in diesem Bereich beschlossen hat und die höheren Ausgaben für die Altersvorsorge laut Bundesrat zusammen mit den Armeeausgaben mitverantwortlich sind für die aktuelle angespannte Lage der Bundesfinanzen.

Wie die Resultate nun zeigen, hat sich daraus keine Gegenbewegung gebildet, welche diese höheren Ausgaben wieder rückgängig machen möchte. Stattdessen steht die Bevölkerung weiter klar hinter den Ausgaben für die Renten.

Wo neue Einnahmen generiert werden sollen

53 Prozent der Bevölkerung finden, der Bund sollte mittels einer Finanztransaktionssteuer mehr Geld einnehmen. Das ist die einzige Massnahme zur Erhöhung der Einnahmen des Bundes, die von einer Mehrheit begrüsst wird. Bei allen Parteianhängerschaften steht diese Steuer unter den zwei am häufigsten gewünschten Einnahmequellen.

Rund vier von fünf Anhängerinnen und Anhänger von SP und Grünen sind für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, bei Mitte und GLP ist es gut die Hälfte. Ganz generell sind die Anhängerschaften von FDP und SVP neuen Steuern gegenüber ablehnender eingestellt, doch eine Finanztransaktionssteuer könnte sich ein Drittel von ihnen noch am ehesten vorstellen.

Wo keine neue Einnahmen generiert werden sollen

Eine Erhöhung der Einkommenssteuer hingegen ist sehr unbeliebt. 62 Prozent der Befragten lehnen diesen Vorschlag klar ab. Höhere Mehrwertsteuern haben es ebenfalls schwer und wurden mit 49 Prozent am zweitmeisten genannt.

Bei allen Parteianhängerschaften rangiert die Einkommenssteuer zuoberst auf der Liste von unerwünschten neuen Einnahmequellen, ausser bei den Grünen, bei denen die Mehrwertsteuer noch etwas höher platziert ist.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Sparen like a Pro: Diese 23 Leute machen es vor
1 / 25
Sparen like a Pro: Diese 23 Leute machen es vor
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Wenn wir zu Rentnern ehrlich wären ...
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
275 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Clife
19.11.2024 17:16registriert Juni 2018
Eine Erhöhung der Einkommenssteuer von 1% für Vermögende mit >1 Mio Vermögen wäre im Grunde schon ausreichend. Aber das wollen sie nicht. Verstehe ich auch absolut nicht, das ist mehr Vermögen als der Durchschnittsbürger in einem Leben zusammenbringen kann…
27659
Melden
Zum Kommentar
avatar
John H.
19.11.2024 17:28registriert April 2019
Kurz
Wo soll gespart werden?: "Bei den anderen"
Wo soll nicht gespart werden?: "Bei mir"
Das ist jetzt aber nicht erstaunlich, oder?
20619
Melden
Zum Kommentar
avatar
Andi Weibel
19.11.2024 17:20registriert März 2018
Lasst uns darüber abstimmen, ob die Armeeausgaben tatsächlich so aufgebläht werden sollen. Dann würden sich die Finanzprobleme auf einen Schlag lösen.

Aber so einen Volksentscheid wollen die Bürgerlichen um jeden Preis verhindern, da alle Umfragen zeigen, dass die zusätzlichen Armeemilliarden an der Urne chancenlos wären.
18274
Melden
Zum Kommentar
275
Trump droht Brics-Staaten mit «Zöllen von 100 Prozent»

Der designierte US-Präsident Donald Trump hat den Ländern des Brics-Bündnisses mit hohen Zöllen gedroht, sollten sich vom US-Dollar als internationales Zahlungsmittel abwenden. «Wir verlangen von diesen Ländern die Zusage, dass sie weder eine neue Brics-Währung schaffen noch eine andere Währung unterstützen werden, um den mächtigen US-Dollar zu ersetzen», schrieb Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social. Ansonsten werde er auf Waren aus diesen Ländern «Zölle von 100 Prozent» verhängen.

Zur Story