So wollen die Bürgerlichen verhindern, dass die UBS die Schweiz verlässt
Das Votum von Ständerat Thierry Burkart liess aufhorchen. Es brauche einen «tragfähigen Kompromiss», sagte der FDP-Präsident Mitte September in der kleinen Kammer. Einen Kompromiss zwischen der Politik und der betroffenen Branche, sodass den Ansprüchen «der Sicherheit, aber auch der Konkurrenzfähigkeit gebührend Rechnung getragen» werde.
Thierry Burkart begab sich damit auf Distanz zu FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter: Er will eine weniger harte Regulierung der systemrelevanten Banken, als es die Bundespräsidentin vorsieht. Die Regierung hat nun am Freitag ihren Vorschlag zu den neuen Kapitalregeln in die Vernehmlassung gegeben. Sie hält an ihrer Linie fest.
Kernpunkt: Die Institute sollen ihre Auslandtöchter zu 100 Prozent mit hartem Kernkapital unterlegen. Gemeint ist die UBS. Sie erhielte dafür mehrere Jahre Zeit. Erforderlich wären rund 24 Milliarden Dollar.
Die Bank hält das für übertrieben und betont, dass damit ihre internationale Konkurrenzfähigkeit gefährdet sei. Amerikanische Medien berichteten, dass die UBS die Verlegung ihres Hauptsitzes in die USA prüfe. Die «Schweiz am Wochenende» schrieb am vergangenen Samstag: Dieses Szenario ist real.
Thierry Burkart ist nicht der einzige bürgerliche Politiker, welcher nun der Grossbank entgegenkommen will. Mitte-Ständerat Fabio Regazzi, der den Gewerbeverband präsidiert, sagt:
Die USA hätten sich für eine lockerere Regulierung der Banken entschieden. «Es wäre im Interesse von allen, wenn eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könnte.»
Unterstützung für Kompromiss aus der Mitte-Partei
Mitte-Ständerat Erich Ettlin pflichtet Regazzi bei. Es brauche eine Lösung, mit der sowohl der Bund als auch die Banken leben könnten. «Eine Möglichkeit wäre es zum Beispiel, dass der UBS die Software und Steuerguthaben angerechnet werden ans Eigenkapital. Damit würde sich die Summe reduzieren, welche die Bank zur Seite schaffen müsste.»
Neben der FDP und der Mitte arbeitet auch die SVP an einem Kompromiss: Das zusätzliche Eigenkapital der UBS könnte auf 10 bis 15 Milliarden festgelegt werden statt auf 24, ist zu hören. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi sagt: «Wir sollten uns irgendwo in der Mitte treffen», sagt er.
Im Finanzdepartement hält man nichts davon. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte mehrmals, dass sowohl die Nationalbank als auch die Finanzmarktaufsicht die Vorlage des Bundesrates unterstützten. Im Departement findet man: Hart wäre es gewesen, an die systemrelevanten Banken generell höhere Eigenkapitalanforderungen zu stellen. Die Konzentration auf die Unterlegung von Auslandtöchtern entspreche bereits einem Kompromiss. Einen weiteren brauche es nicht.
Am kommenden 3. November treffen Keller-Sutter und UBS-Chef Sergio Ermotti aller Voraussicht nach direkt aufeinander. Die Bundespräsidentin spricht in der Wirtschaftskommission des Nationalrats über die Bankenregulierung.
Der Präsident der Kommission, Thomas Aeschi, hat auch die UBS-Spitze eingeladen. Von der Bank liegt ihm zwar noch keine Antwort vor, ob Ermotti, Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher oder Vizepräsident Lukas Gähwiler nach Bern reist. «Ich gehe aber davon aus, dass die UBS anwesend sein wird.» Aus der Bank ist zu hören, dass Ermotti gedenkt, selbst ins Bundeshaus zu kommen.
Theoretisch könnte Keller-Sutter den Saal verlassen, wenn die UBS angehört wird – das wäre jedoch ein Affront. Damit gilt ein direktes Aufeinandertreffen als wahrscheinlich.
Aeschi hofft, in der Sitzung einen Kompromiss zu erreichen. «Wir müssen sicherstellen, dass die UBS im Hinblick auf künftige Krisen mit genügend Eigenmitteln finanziert ist und die Steuerzahler nie mehr für eine Rettungsaktion geradestehen müssen. Zugleich soll die Bank weiterhin mit ihrem Hauptsitz in der Schweiz bleiben und Wachstumsperspektiven haben», sagt Aeschi. Die Diskussion um einen Wegzug hält er keineswegs für ein «Hirngespinst». «Diese Pläne werden diskutiert und evaluiert.» Es seien vor allem ausländische Aktionäre, welche die UBS-Führung unter Druck setzten und Rendite einforderten.
Bürgerliche riskieren bewusst ein linkes Referendum
Setzen sich die bürgerlichen Parlamentarier durch, die für einen Kompromiss einstehen, dürfte die Linke wohl das Referendum ergreifen – und davon sprechen, dass die Bürgerlichen dem «Lobbying» der UBS erlegen seien. Bundesrätin Keller-Sutter hat die Eigenkapitalvorschriften bewusst in ein referendumsfähiges Gesetz gegossen – und nicht in eine Verordnung.
Bürgerliche Kräfte fürchten ein Referendum jedoch nicht. Eine Volksabstimmung würde wohl erst nach den Wahlen vom Herbst 2027 stattfinden. Thomas Aeschi meint: «Sollte es ein Nein geben, fände ich das schlecht, weil dann die bisherigen, zu milden Eigenkapitalvorschriften weiter gelten würden.» Was er nicht sagt: Genau das könnte der UBS gefallen.