10, 26 oder 42 Milliarden? Darum dreht sich der Streit zwischen Keller-Sutter und Ermotti
Was haben SP-Ständerat Daniel Jositsch und grünliberale Ständerätin Tiana Moser gemeinsam? Genau, sie kommen beide aus Zürich. Und sie fürchten beide um die Konkurrenzfähigkeit der UBS. In den letzten Tagen liess sich in Bern denn auch eine neue Konfliktlinie beobachten. Zürich gegen den Rest der Schweiz. Sichtbar wurde diese bei der Abstimmung über zwei Motionen aus dem Dunstkreis der UBS. Beide zielten darauf ab, dass sämtliche Fragen zum Aufbau von zusätzlichem Eigenkapital zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden sollen. Für die Grossbank geht es dabei um Milliarden.
Die UBS gehört neben Nestlé, Novartis und Roche zu den grössten Steuerzahlern der Schweiz und sorgt vor allem in Zürich für hohe Einnahmen. 2024 zahlte sie in der Schweiz rund eine Milliarde Dollar an Steuern. Dazu kommen die Einkommenssteuern ihrer Mitarbeitenden: In den letzten zehn Jahren waren es im Schnitt 2,5 Milliarden Franken jährlich. Mit 34'000 Beschäftigten zählt die UBS hierzulande etwa gleich viele Mitarbeitende wie die Post oder die SBB und ist damit eine der grössten Arbeitgeberinnen im Lande.
Mit anderen Worten: Wenn es um die Regulierung der neuen Monsterbank geht, dann bangen eben nicht nur die Investoren um ihre Rendite – sondern auch Politikerinnen und Politiker um Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Und in Zürich tun sie das ganz besonders. Deshalb lobbyiert der Kanton zuvorderst für die Interessen der UBS.
Die Finanzdirektion von Regierungsrat Ernst Stocker hält fest, dass der Finanzplatz 16 Prozent zur Bruttowertschöpfung im Kanton Zürich beitrage. Zu einer prosperierenden Wirtschaft gehöre eine solide, konkurrenzfähige UBS: «Der Kanton Zürich hat ein bedeutendes Interesse daran, dass die Bankenregulierung die Finanzstabilität gewährleistet und gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit wahrt.»
Ende August lud die Zürcher Regierung ihre Bundesparlamentarier zu einer Veranstaltung über die Bedeutung des Bankenplatzes ein – mit UBS-Vertretern. Zumindest bei bürgerlichen Parlamentariern (und Daniel Jositsch) zeigte dies Wirkung. Trotzdem stellten sich National- und Ständerat in der Herbstsession gegen die beiden Motionen: Die UBS bekommt rasch neue Eigenkapital-Vorgaben – wenn auch mit langen Übergangsfristen. Damit stärkte das Parlament den Rücken von Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die ihren Plan für die neue Bankenregulierung nun umsetzen kann – auch wenn noch viele Hürden warten.
Schritt 1: Eigenmittelverordnung anpassen
In der Öffentlichkeit wird vor allem über die Kapitalausstattung der Auslandtöchter diskutiert, doch weiter ist ein anderes Vorhaben: Die Vernehmlassung zur Anpassung der Eigenmittelverordnung läuft Ende Monat ab. Dabei sollen Software und Steuergutschriften vorsichtiger bewertet und nicht mehr zum Eigenkapital gezählt werden. Für die UBS bedeutet dies, dass sie zusätzlich 10,8 Milliarden Dollar Eigenkapital aufbauen muss – sofern das Gesetz zu den Auslandtöchtern nicht angepasst wird. Der Bundesrat wird vor seinem Entscheid die Parlamentskommissionen konsultieren, diese haben aber kein Vetorecht.
Schritt 2: Kapitalisierung der Auslandstöchter verbessern
Nächste Woche startet der Bundesrat die Vernehmlassung zur Eigenmittelunterlegung der Auslandstöchter: Sie sollen künftig zu 100 Prozent mit Eigenkapital finanziert werden. Anders als bisher soll dies nicht mehr per Verordnung, sondern per Gesetz geregelt werden – das letzte Wort hätte also das Parlament oder sogar die Stimmbevölkerung. Kostenpunkt für die UBS: 23 Milliarden Dollar. Zusammen mit der Verordnungsanpassung wären insgesamt rund 26 Milliarden Dollar nötig. Die UBS kommt auf 24 Milliarden und hält die Massnahmen für weltweit einzigartig und übertrieben. Hinzu kommen weitere 18 Milliarden, die sie wegen der Credit-Suisse-Übernahme bereitstellen muss. Total also 42 Milliarden Franken.
Schritt 3: Mehr Macht für die Finma
Letztes Element des bundesrätlichen Regulierungsplans sind zusätzliche Instrumente für die Finanzmarktaufsicht (Finma). So soll sie etwa Banken büssen oder Boni kürzen können; auch sollen die Namen der Institute publik gemacht werden, gegen die ein Verfahren läuft. Der Bundesrat wird Mitte 2026 die Vorschläge in die Vernehmlassung schicken. Die Kritik daran wird aber schon jetzt lauter – sie kommt aber nicht von der UBS, sondern der Bankiervereinigung. Sie äusserte diese Woche erneut ihren Unmut über die «Überregulierung» des Finanzplatzes auf den verschiedensten Kanälen.
Diese letzten Massnahmen werden kaum vor 2028 in Kraft treten. Fünf Jahre nach dem Ende der Credit Suisse. (aargauerzeitung.ch)
