Die fünf Irrtümer zum möglichen UBS-Wegzug
Irrtum 1: Ein UBS-Wegzug ist völlig unrealistisch
Diese Einschätzung war auch gestern wieder in der «NZZ am Sonntag» zu lesen. Sie folgt dem Framing aus dem Finanzdepartement von Karin Keller-Sutter: Der Wegzug sei eine leere Drohung, die UBS werde die verschärften Kapitalanforderungen – die berühmten 24 Milliarden Franken – für Auslandstöchter notgedrungen schlucken.
Diese Sichtweise blendet aus, dass jüngst innerhalb der UBS ein Umschwung erfolgt ist. Nicht nur der schwedische Hedgefonds Cevian, sondern auch US-Aktionäre, die grösste Eigentümergruppe, haben die Geduld verloren. Die «Schweiz am Wochenende» berichtete darüber, gestern auch die «SonntagsZeitung». Deren Chefredaktor, Bankenspezialist und Autor des Films über den CS-Untergang, schrieb: «Die Drohkulisse ist realistischer als gedacht.» Der «SonntagsBlick» verweist auf den «gefürchteten» Finanzanalysten Stefan Stalmann, der früh auf das zu geringe Eigenkapital der Credit Suisse hingewiesen hatte. Er schrieb nun, ein Wegzug wäre «ein Plan B oder C als Reaktion auf die sich ändernden Schweizer Kapitalanforderungen». Plan A sei, dass die UBS hier bleibt und erfolgreich die Regulierung abzuschwächen vermag.
Irrtum 2: Ein Wegzug ist extrem teuer und juristisch komplex
Bisher schien dies die «Versicherung» dafür, dass die UBS in der Schweiz bleibt. Doch US-Medien zeigen einen möglichen Ausweg aus der Komplexität: Die UBS könnte eine mittelgrosse US-Bank übernehmen – per Aktientausch in Form eines Reverse Takeovers. Offiziell ginge die UBS dann in der kleineren US-Bank auf, deren Aktionäre erhielten neue Titel. Der Hauptsitz liesse sich so relativ schnell nach Amerika verlagern.
Irrtum 3: Die UBS müsste den Namen ändern
Ein Abzug nach New York, so meinen diverse Leserkommentare auf Newsportalen, würde bedeuten, dass sich die Bank umbenennen müsste. Falsch: Das «S» in UBS steht nicht mehr für Schweiz. Bis zur Fusion mit dem Bankverein 1997 war das in der französischen Version von UBS der Fall. Die fusionierte Bank hiess dann kurzzeitig United Bank of Switzerland, doch die Marke wurde nie offiziell. UBS bedeutet heute schlicht UBS – und ist keine Abkürzung. Auch mit Hauptsitz in New York bliebe der Name bestehen.
Irrtum 4: Den Schweizern wäre ein Wegzug egal
In der UBS-Chefetage herrscht die Sicht vor, «das Volk» hasse die Bank, eine Umsiedlung in die USA wäre den meisten gleichgültig: «Geht doch!»
Tatsächlich dominieren auf Social Media solche Stimmen, und die UBS bekommt anscheinend viele gehässige Zuschriften. Eine Umfrage der «Schweiz am Wochenende», an der sich 1100 Abonnenten beteiligt haben, zeigt aber ein anderes Bild: 59 Prozent würden einen Wegzug bedauern, 32 Prozent nicht, 9 Prozent sind unentschlossen. Die Abstimmung war online und nur für Abonnenten zugänglich – nicht repräsentativ, aber sicher aussagekräftiger als Social-Media-Posts.
Irrtum 5: Im Parlament kommen die Kapitalanforderungen auf jeden Fall durch
Das glaubt man in der Public-Affairs-Abteilung der UBS nach dem gescheiterten Lobbying der letzten Monate. Doch sicher ist das keineswegs. Die FDP ist gespalten und könnte noch ins UBS-Lager kippen. Die «SonntagsZeitung» skizzierte einen möglichen Kompromiss: «Man könnte zulassen, dass die UBS sich so aufstellt, dass sie statt 24 Milliarden nur etwa 10 bis 15 Milliarden Franken zusätzliches Kapital braucht. Zusätzlich gäbe es Vorschriften, die den Zukauf einer grossen Investmentbank verhindern.» Daran arbeiten bürgerliche Politiker. Auch Zürcher Schwergewichte, darunter die Ständeräte Daniel Jositsch (SP) und Tiana Angelina Moser (GLP), bringen sich ein. (aargauerzeitung.ch)
