Im Kanton Bern besteht der Verdacht auf ein weiteres Baukartell. Die Wettbewerbskommission (Weko) hat eine Untersuchung gegen zwei Belagswerke und deren Aktionäre eröffnet, wie sie am Donnerstag mitteilte.
Die beiden Firmen haben womöglich Gebietsabsprachen getroffen und vereinbart, sich nicht zu konkurrenzieren. Die Weko prüft nun, ob tatsächlich kartellrechtlich unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen vorliegen.
Die Untersuchung dürfte etwa zwei Jahre dauern, wie der stellvertretende Weko-Direktor Frank Stüssi auf Anfrage sagte. Die Namen der betroffenen Firmen werden in zwei Wochen bekanntgegeben, wenn von Amtes wegen im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) und im Bundesblatt über die Untersuchung informiert wird.
Der Fall steht in Zusammenhang mit den Untersuchungen der Weko in der Berner Kiesbranche. Seit 2015 laufen dort Ermittlungen, letzte Woche gab es ein erstes Urteil gegen die Kästli- und die Alluvia-Gruppe.
Ist der Kies abgebaut und sortiert, wird er von Beton- und Belagswerken verarbeitet. Belagswerke erstellen vorwiegend Strassenbelag.
Die Wettbewerbshüter stiessen im Zuge der Kies-Ermittlungen auf die zwei Belagswerke, wie Stüssi sagte. Am Dienstag eröffnete die Weko ihre Untersuchung - und führte bei mehreren Unternehmen Hausdurchsuchungen durch.
Laut Wettbewerbskommission bestehen nicht nur Anhaltspunkte, dass es Gebietsabsprachen gab. Es existierten auch Indizien dafür, dass eines der Belagswerke über eine marktbeherrschende Stellung verfüge und diese missbraucht habe. Diese Unternehmung soll seine Aktionäre bevorzugt behandelt und zum Nachteil anderer Belagswerke einen langanhaltenden Mechanismus der Kundenbindung aufgebaut haben.
Stark vom Fall betroffen ist womöglich der Kanton Bern, der pro Jahr 60'000 bis 90'000 Kubikmeter Strassenbelag bezieht. Der bernische Baudirektor Christoph Neuhaus reagierte konsterniert auf die neuste Untersuchung.
Für ihn stellt sich wie schon beim Kieskartell die Frage, ob dem Kanton Schaden durch überhöhte Preise entstanden sind und ob Ersatzansprüche geltend gemacht werden können. Neuhaus will aber der Untersuchung nicht vorgreifen. «Es gilt die Unschuldsvermutung.»
Wie bei den Kies- und Deponiebetreibern ist der Kanton auch bei den Belagswerken kein Direktbezüger. Er bestellt die Leistungen bei Bauunternehmungen. Entsprechend schwierig ist es, den konkreten Schaden durch Kartelle nachzuweisen.
Der Weg zu gerichtlich durchgesetzten Ersatzansprüchen ist jedenfalls steinig. Das zeigt der 2012 beigelegte Asphalt-Skandal im Tessin. 17 Strassenbaufirmen hatten über Jahre hinweg illegale Preisabsprachen getroffen. Der Kanton Tessin und die Stadt Lugano forderten Schadenersatz.
Schliesslich entschieden sie sich für den aussergerichtlichen Weg, um hohe Kosten und lange Verfahrensdauern bei geringen Erfolgsaussichten zu vermeiden. Die Unternehmen erklärten sich im Rahmen eines Vergleichs bereit, eine Abfindung von insgesamt knapp fünf Millionen Franken zu zahlen. (aeg/sda)