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Kommentar zum Sozialdetektiv-Referendum

Kommentar

Die Detektiv-Gegner haben die Lufthoheit über die Stammtische vergeigt

Das Referendum gegen die Sozialdetektiv-Vorlage scheitert mit Ansage. Es ist schwieriger, die Problematik der Verhältnismässigkeit zu vermitteln, als haarsträubende Einzelfälle anzuführen. 
25.11.2018, 17:2226.11.2018, 06:32
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Gross war die Euphorie der Initianten des Sozialdetektiv-Referendums, als die nötigen Unterschriften beisammen waren. Tatsächlich haben sie Aussergewöhnliches geleistet und ein vom mit Versicherungslobbyisten durchsetzten Parlament abgenicktes Gesetz dem Stimmvolk zur Wiedervorlage empfohlen. Ohne Lobby, ohne viel Mittel, allein mit Crowdsourcing, Social Media und tollen Testimonials. 

Von da an ging es dann südwärts. Ausser der linken Internetpopulation konnte das Referendum keine nennenswerte Anzahl Follower mehr gewinnen. Oder im herkömmlichen Politologen-Jargon:  Es ist nicht gelungen, die Stimmbevölkerung über das linke Kernpublikum hinaus zu erreichen. 

Womit wir bei der Kernproblematik linker Kampagnenführung wären. 

Die Befürworter der Vorlage haben mit wohldosierter Publikation von trefflich diskutierbaren, konkreten und haarsträubenden Betrugs-Einzelfällen in jeder Phase des Abstimmungskampfes die Lufthoheit über Stammtische behalten. Dort zieht «Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten» relativ zuverlässig.  

Derweil haben die Sozialdetektiv-Gegner Whataboutism in Richtung Steuerhinterzieher betrieben («Warum werden die nicht im Schlafzimmer überwacht?») und sich in Detailfragen verloren, wie etwa, ob das neue Gesetz Schlafzimmer-Observation zulasse oder nicht

Während die Befürworter also simpel die in allen Schichten vorhandenen Ur-Emotionen Neid und Empörung fütterten, führten die Gegner ihre Kampagne mit den abstrakten Grössen Verhältnismässigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Privatsphärenschutz. 

Erst zuletzt hat man sich darauf besonnen, dieselben Methoden wie die Sozialdetektiv-Befürworter anzuwenden und einen haarsträubenden Einzelfall einer betrügenden Versicherung zu veröffentlichen, die eine falsche Person überwacht, dann zu Unrecht eine Rente gekürzt und eine grosse Summe bereits bezahlter Leistungen zurückgefordert hatte. 

Ein Stakkato solcher Berichterstattung wäre ohne Zweifel möglich gewesen und hätte deutlich gemacht, dass man vor Versicherungen nicht unbedingt etwas zu verbergen haben oder latent invaliditätsgefährdet sein muss, um Objekt ihrer Überwachung und Schikane zu werden.

Denn Versicherungen urteilen nicht nach moralischen, sondern nach streng betriebswirtschaftlichen Massstäben und gemäss denen lohnt es sich auf lange Sicht, alle ein paar Monate lang zu observieren und in juristische Händel zu verwickeln, von denen zu erwarten ist, dass sie ein Leben lang Rentenleistungen oder sonstige hohe Versicherungsleistungen beziehen werden.  

Dieser Zusammenhang wäre auch in der bürgerlichen Mitte gut verstanden worden. Und diese hätte es gebraucht, um dieses Referendum zu gewinnen. 

Das wäre den Detektiven mit dem neuen Gesetz erlaubt

Video: watson/Angelina Graf

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60 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sowhat
25.11.2018 18:01registriert Dezember 2014
Es hätte Watson gut angestanden, wenn das VOR der Abstimmung hier zu lesen gewesen wäre. Es nun nach der Abstimmung als Analyse zu bringen... naja, isch e chli billig
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Platonismo
25.11.2018 18:02registriert Juli 2014
Lieber Herr Thiriet, die bürgerliche Mitte sitzt nicht am Stammtisch. Sie kann allerdings recht gut Statistiken lesen, zB den signifikant überproportionalen Anstieg des Sozialhilfebezugs seit Anfang der 1990er Jahre. Das Gesetz passt einfach die regulatorischen Rahmenbedingungen einem veränderten gesellschaftlichen Umfeld an. Eine Trivialisierung der Position der BefürworterInnen scheint mir da nicht angemessen. Vielleicht hätte ja Links in solchen Abstimmungen bessere Gewinnchancen, wenn man das politische Gegenüber nicht konsequent als dumm oder uninformiert darstellen würde?
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Barracuda
25.11.2018 17:52registriert April 2016
Klar zwei Drittel der Schweizer gehören zu den Naiven, die man am Stammtisch überzeugen muss. Tendenziöser geht es nicht, und Rösti wirft man vor er gäbe den anderen schuld. Und von haarsträubenden Einzelfällen zu reden bei hunderten Millionen Franken, zeigt die "Ausgewogenheit" von watson.
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