Für Albert Rösti war die vom Bundesrat per Notrecht orchestrierte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS «zwingend und alternativlos». «Es gab am Sonntagabend nur diese Lösung, die einen Crash verhindert hätte», sagte der neue SVP-Bundesrat am letzten Freitag an seiner 100-Tage-Medienkonferenz auf eine Frage von watson.
Zwei Wochen sind vergangen seit jenem schicksalhaften Wochenende, an dem die in eine «Todesspirale» geratene CS von Bundesrat, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht Finma in eine «Zwangsfusion» mit der UBS gedrängt worden war. «Ich habe einen Bundesrat erlebt, der gut und zielgerichtet gearbeitet hat», lobte Rösti das Gremium und damit sich selbst.
Die Aufarbeitung jener hektischen Tage, die der Schweiz nur noch eine, dafür gigantische, Grossbank bescherten, wird Zeit in Anspruch nehmen. Drei wichtige Termine stehen unmittelbar bevor: Diese Woche finden die Generalversammlungen von CS und UBS statt, und nach Ostern folgt die ausserordentliche Session des Parlaments zum Bankendeal.
Am Dienstag treffen sich die CS-Aktionäre im Zürcher Hallenstadion zur wohl letzten Generalversammlung in der fast 167-jährigen Geschichte der früheren Kreditanstalt. Es dürfte turbulent werden, denn sie wurden vom Bund faktisch enteignet. Ihre Anteile müssen sie der UBS fast zum Nulltarif abtreten und mitbestimmen dürfen sie nicht.
Selbst die Dividende fällt weg. Dieser Punkt wurde von der Traktandenliste gestrichen, ebenso ein «Sonderbonus» für die Geschäftsleitungsmitglieder, der bei einer «erfolgreichen» Restrukturierung vorgesehen war, und die Entlastung von Verwaltungsrat und Konzernleitung. Eine Abstimmung zu diesem Punkt wäre zum Debakel geworden.
Tags darauf findet in Basel die Generalversammlung der UBS statt. Obwohl die Grossbank sich als «Siegerin» fühlen kann, wird auch an ihrer GV mit Nebengeräuschen gerechnet. Manche Aktionäre dürften sich darüber aufregen, dass sie zur Übernahme nichts zu sagen haben. Kritische Fragen könnte es auch zur Grösse der neuen «Monsterbank» geben.
Nächste Woche findet in Bern die ausserordentliche Session des Parlaments zur CS-Übernahme statt. Die «Action» dürfte sich auf den Dienstag beschränken, wenn erst der Ständerat (ab 11.15 Uhr) und danach der Nationalrat (ab 17.15 Uhr bis Open End) über die Garantien des Bundes von insgesamt 109 Milliarden Franken zu bestimmen haben.
Es dürfte wie erwartet oder befürchtet auf eine «Chropfleerte» hinauslaufen, denn das eigentliche Geschäft ist trotz der enormen Summen, die potenziell auf dem Spiel stehen, nicht bestritten. In den Finanzkommissionen der beiden Kammern gab es zusammen eine (!) Gegenstimme. Faktisch ist der Deal in Röstis Worten tatsächlich «alternativlos».
Der Mittwoch und allenfalls der Donnerstag sind für die Differenzbereinigung vorgesehen. Konkrete Massnahmen, um eine Neuauflage solcher Hauruck-Übungen zu verhindern, sind nicht spruchreif. Auch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) steht erst in der Sommersession im Juni auf der Traktandenliste – wenn überhaupt.
Denn bereits ist zu befürchten, dass den markigen Worten von Parteien und Politikern kaum Taten folgen und der Berg eine Maus gebären wird – wenn überhaupt. Das hat mit Sergio Ermotti zu tun, der letzte Woche zum CEO der Superbank ernannt wurde. Die Rückkehr des Tessiners auf den UBS-Chefsessel wurde von Politik und Medien fast euphorisch begrüsst.
Kaum ein Wort des Bedauerns gab es für den abgesetzten CEO Ralph Hamers, obwohl der nichts falsch gemacht hatte. Die Zahlen stimmten, es gab keine Skandale, und allgemein wird dem Niederländer attestiert, dass er mehr Diversität und Lockerheit in die hierarchische und steife Paradeplatz-Bank gebracht hat. Sein einziges «Vergehen» war der falsche Pass.
Unsere Seite 1 vom 2. April: Wie Pandemie-Profiteure den Bund um 300 Millionen betrogen; Wie UBS-Chef Sergio Ermotti die Superbank führen will; Coop-Chef erwartet Rückgang der Teuerung. Dazu: Einsamer Wolf wandert weit und Frauen und ihre Psyche. https://t.co/zH25UNzwdK pic.twitter.com/ZPtbwTudew
— NZZ am Sonntag (@NZZaS) April 1, 2023
An der Medienkonferenz letzte Woche wurde dies bestritten, doch es ist offensichtlich, dass man einen Schweizer an der Spitze der neuen UBS haben wollte. Ermotti hatte als UBS-Chef eine zweifellos positive Erfolgsbilanz. Das Cover der «NZZ am Sonntag» mit «San Sergio» war vielleicht ironisch gemeint, aber es trifft die hohen Erwartungen ziemlich genau.
Sie könnten verfrüht sein, denn Sergio Ermotti machte an der Medienkonferenz klar, dass die neue Monsterbank für ihn nicht gross genug sein kann. Selbst nach der CS-Übernahme sei sie nicht «too big to fail», sondern «too small to survive». Das weckt Erinnerungen an Marcel Ospel, der mit der «alten» UBS ebenfalls hoch hinaus wollte und brutal abstürzte.
Ermottis Statement lässt befürchten, dass der politisch bestens vernetzte Star-Banker sich gegen eine starke Regulierung wehren dürfte. Im Raum stehen eine Beschränkung oder ein Verbot von Bonuszahlungen, ein «hartes» Eigenkapital von 20 Prozent oder eine «Too big to fail»-Regulierung, die nicht beim ersten Härtetest im Papierkorb landet.
Aufgrund der Erfahrung aus früheren Fällen ist zu vermuten, dass vor allem FDP und Mitte «umkippen» könnten. Auch die SVP stellte sich im Zweifelsfall auf die Seite des Finanzplatzes. Der frühere Finanzminister Ueli Maurer galt als sehr bankennah. Seine Nachfolgerin Karin Keller-Sutter (FDP) hat sich in Interview skeptisch zu neuen Regulierungen geäussert.
Noch halten sich die Bremser angesichts des Volkszorns zurück. Eine Mehrheit hätte gemäss Umfrage eine temporäre Verstaatlichung der Credit Suisse der Schaffung einer Monsterbank vorgezogen. Aber hinter den Kulissen bringen sie sich in Stellung. Dabei ist es offensichtlich, dass sich die Schweiz mit dieser Mega-UBS angreif- und erpressbar macht.
Die CS scheiterte letztlich am Vertrauensverlust der Kundschaft. Nur der Staat Schweiz konnte diese international tätige Grossbank vor dem definitiven Untergang retten. Wenn wir für solche Banken ohnehin eine Staatsgarantie ausstellen müssen, kann der Staat auch gleich selbst internationale Bankgeschäfte betreiben, zum Beispiel via Kantonalbanken, PostFinance oder einer aus der UBS ausgegliederten CS Schweiz. Andere Länder operieren ja auch schon seit langem mit Staatsbanken und Staatsfonds.