Wie gross ist der Zusammenhalt in der Schweiz? Wie hat er sich verändert und was sind die Gründe dafür? In der heutigen polarisierenden Welt steht der Zusammenhalt womöglich mehr auf dem Prüfstand denn je. Dabei sind sich alle über die Wichtigkeit des guten Miteinanders einig.
Das Forschungsinstitut Sotomo hat im Auftrag von Feldschlösschen eine repräsentative Studie dazu durchgeführt. Das sind die 17 wichtigsten Punkte:
Zusammenhalt ist für fast alle wichtig, aber nicht für alle gleich: Für die Schweizer Bevölkerung ist der Zusammenhalt ein unverzichtbarer Wert, nur vier Prozent der Befragten geben an, dass ihnen der gesellschaftliche Kitt (eher) unwichtig ist.
Doch was verstehen die Befragten unter Zusammenhalt? Am häufigsten werden gemeinsame Regeln und Normen als Basis für ein funktionierendes Miteinander genannt.
Fast ebenso zentral ist die Solidarität innerhalb der Gesellschaft, die von 70 Prozent der Befragten erwähnt wird. Beim Zusammenhalt geht es also für die meisten um Gemeinwohlorientierung: Man hält sich an grundlegende soziale Regeln, fühlt sich füreinander verantwortlich und hilft, wenn es nötig ist.
Für Personen des rechten politischen Spektrums ist Zusammenhalt nicht zuletzt Ausdruck von nationaler Identität – jede und jeder soll Teil eines Ganzen sein. Zusammenhalt steht somit auch für ein gewisses Mass an Homogenität und die Einbindung des Individuums in ein Ganzes. Für Personen des linken politischen Spektrums liegt die Einheit dagegen in der Vielfalt. Nicht das Homogene, sondern das Heterogene steht hier im Vordergrund.
Insgesamt finden aber mehr Personen, dass Ähnlichkeiten zwischen den Bewohnenden der Schweiz den Zusammenhalt fördern.
Rund ein Drittel der Bevölkerung empfindet den Zusammenhalt hierzulande eher stark. Frauen sind dabei tendenziell pessimistischer als Männer, unter ihnen bewerten nur 29 Prozent den Zusammenhalt als stark, bei den Männern sind es dagegen 40 Prozent.
Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt nicht immer so schlecht war. Eine grosse Mehrheit in der Bevölkerung (83 Prozent) findet «früher war alles besser», zumindest was den Zusammenhalt im Vergleich zu vor zehn Jahren betrifft.
Wo der Zusammenhalt am schwächsten ist, ist für viele klar: Zum einen zwischen Reich und Arm, zum anderen zwischen den politischen Lagern links und rechts. Weniger Probleme sehen die meisten zwischen Männern und Frauen.
Doch wo liegen die Probleme? Mit Abstand am meisten entdecken diese beim Thema Zuwanderung. Auf Rang 2 folgt mit «Haltung zu Europa» ein ähnliches Thema. Ebenfalls gross sind die Unterschiede für die Befragten bei Umwelt- und Klimaschutz.
Noch deutlicher sind die Antworten auf die Frage, was den Zusammenhalt denn fördert? Satte 71 Prozent wählten hier die «direkte Demokratie». Das sind 30 Prozentpunkte mehr als das «duale Bildungssystem» auf Platz 2 ausweist.
69 Prozent der Bevölkerung finden, dass Volksentscheide respektiert werden. Allerdings klafft hier ein grosser Graben. Während bei den Personen, die nicht der SVP nahestehen, über 80 Prozent finden, das Volksentscheide respektiert werden, ist nur eine Minderheit der Anhängerinnen und Anhänger der SVP dieser Ansicht.
Dies deutet darauf hin, dass die (mangelnde) Umsetzung von SVP-Volksinitiativen (namentlich Masseneinwanderungsinitiative) durch das Parlament zu einer tief verankerten Skepsis geführt hat. Auf der linksgrünen Seite haben ähnliche Fälle (Alpeninitiative, Zweitwohnungsinitiative) weit weniger tiefe Spuren hinterlassen.
Ein ähnliches Muster zeigen die Antworten nach dem respektvollen Diskurs in der Schweiz. Sieben von zehn Personen sind der Ansicht, dass in der Schweiz respektvoll über gesellschaftliche und politische Themen gestritten werden kann.
Ein differenzierter Blick auf die politischen Lager offenbart jedoch wieder bei den Anhängerinnen und Anhängern der SVP und dieses Mal auch bei jenen der SP eine kritischere Einschätzung. 45 Prozent der SVP-Wählenden und 31 Prozent der SP-Wählenden sind überzeugt, dass in der Schweiz (eher) kein respektvoller Diskurs möglich ist.
Das Vertrauen in die Schweizer Bevölkerung ist hoch, 79 Prozent der Befragtengeben an, dass sie ihren Mitmenschen grundsätzlich vertrauen können. Auch Bildungseinrichtungen (78 Prozent), Gesundheitsversorgung(71 Prozent) und Arbeitgebenden (66 Prozent) geniessen einen Vertrauensvorschuss von einer deutlichen Mehrheit in der Bevölkerung.
Die politischen Institutionen schneiden dagegen etwas schlechter ab. 48 Prozent äussern Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Medien. Im Unterschied zum Bildungs- und zum Gesundheitssystem stehen politische Institutionen und Medien für kontroverse Positionen und unterschiedliche Meinungen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man die Bevölkerung nach Berufsgruppen fragt, die am meisten für den Zusammenhalt leisten. Berufe im Bildungs- (22 Prozent) und Gesundheitswesen (21 Prozent) führen die Liste an.
Politikerinnen und Politiker kommen erst an fünfter Stelle und werden lediglich von 9 Prozent der Befragten genannt. Medienschaffende werden mit nur 4 Prozent deutlich seltener genannt, ihre Rolle für den sozialen Zusammenhalt wird nach Ansicht der Bevölkerung weniger stark gewichtet.
In der Schweiz gelten Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Zurückhaltung als typische Eigenschaften. Wenig verwunderlich ist darum auch, was für soziale Regeln den Zusammenhalt stärken.
Die wichtigsten Regeln, die man dafür in der Schweiz zu beachten hat, sind der höfliche und respektvolle Umgang mit seinen Mitmenschen (85 Prozent) und der rücksichtsvolle Umgang mit der Natur (82 Prozent). Auch verlässlich (66 Prozent) und tolerant gegenüber anderen Lebensstilen (59 Prozent) hat man als Bewohnende der Schweiz zu sein.
Aber wie erleben die Schweizerinnen und Schweizer denn tatsächlich den zwischenmenschlichen Umgang? Meist wird dieser als freundlich beschrieben. Doch auf den nächsten fünf Plätzen folgen negative Erfahrungen.
Dass die alltäglichen Begegnungen so kühl empfunden werden, könnte auch mit der typischen Schweizer Zurückhaltung zusammenhängen, schreiben die Studienmacher.
Das Gefühl von Gemeinschaft kommt bei den allermeisten im Freundeskreis und bei der Familie auf. Fast ein Drittel nennt hier auch die Nachbarschaft. Allerdings gehen die Meinungen dort stark auseinander. Jede Vierte empfindet dies in jenem Bereich überhaupt nicht. Am schlechtesten schneiden die Sozialen Medien ab.
Kommen wir zu den etwas seichteren Themen. Den Zusammenhalt in der Gemeinschaft fördert für viele das gemeinsame Essen und Trinken. Wenig Einfluss haben gemäss der Studie Reisen und Ausflüge.
Die einzelne Aktivität, welche für Geselligkeit und Gemeinschaft sorgt, ist für eine deutliche Mehrheit das gemeinsame Grillieren. Nirgends kann Essen und Trinken wohl so gut kombiniert werden.
(fox)
Ich befürchte mal, sie meinen das nicht selbstkritisch (Jagdgesetz, Corona-Gesetze etc.)