Schweiz
Zürich

«Ich bin kein Rassist» – Zürcher SVP-Politiker gewinnt vor Gericht

Der Kantonsrat und fruehere Praesident der Zuercher SVP Patrick Walder nach der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Uster, aufgenommen am Mittwoch, 14. Mai 2025 in Uster. (KEYSTONE/Til Buergy)
Patrick Walder, Zürcher Kantonsrat der SVP.Bild: keystone

Walder gewinnt vor Gericht – doch der Richter wirft der SVP Rassendiskriminierung vor

Eine Medienmitteilung der SVP Zürich verstosse in Teilen gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm, urteilt das Bezirksgericht Uster. Warum der ehemalige Parteipräsident trotzdem freigesprochen wird.
21.05.2025, 09:5221.05.2025, 10:43
Lea Hartmann / ch media
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«Ich bin kein Rassist», beteuerte der Zürcher Politiker Patrick Walder vergangene Woche vor Gericht. Der Kantonsrat und ehemalige Präsident der SVP des Kantons musste sich wegen Verstosses gegen die Rassismus-Strafnorm vor dem Bezirksgericht Uster verantworten.

Nun hat Walder vor Gericht einen Sieg errungen. Das Bezirksgericht Uster spricht ihn vom Vorwurf der Rassendiskriminierung frei. Wobei der Richter zu Beginn der Urteilsverkündung betonte, dass es nicht beurteilt habe, ob Walder ein Rassist sei oder nicht.

Auslöser für die SVP-Medienmitteilung war ein Vorfall im Frankfurter Hauptbahnhof, bei dem ein Eritreer aus dem Kanton Zürich eine Mutter und ihren 8-jährigen Sohn vor einen einfahrenden Zug schubste. Der Knabe starb. Der Täter kam dauerhaft in eine psychiatrische Klinik.

Die SVP schrieb, dass diese abscheuliche Tat einmal mehr zeige, dass es sich bei «solchen Personen um nicht integrierbare Gewalttäter» handle, die in der Schweiz nichts verloren hätten. Sie würden «Familien, namentlich Frauen und Kinder, in Gefahr bringen».

Walder hat sich wegen einer Medienmitteilung der Partei aus dem Jahr 2019 vor dem Einzelrichter verantworten müssen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hat die Zürcher SVP Eritreer darin pauschal als Gewalttäter verunglimpft und in ihrer Menschenwürde herabgesetzt. Als Präsident sei Walder für den Inhalt verantwortlich. Das geforderte Strafmass: eine bedingte Geldstrafe und eine Busse.

Walder trägt nicht die Verantwortung

Das Gericht kommt zu einem anderen Schluss. Es teilt zwar die Einschätzung, dass die Medienmitteilung gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm verstösst. Eritreer würden im Communiqué pauschal herabgesetzt. Mit den Formulierungen werde «ein feindseliges, diskriminierendes Klima geschaffen beziehungsweise unterstützt und der Gedanke gefördert, dass aus Eritrea stammende Personen unerwünscht sind», so der Richter.

Doch kann Walder für diesen Inhalt verantwortlich gemacht werden?

Der Richter befindet: Nein. Walder hatte sich in der Verhandlung nicht mehr erinnern können, ob er die Medienmitteilung vor der Veröffentlichung gesehen und abgesegnet hatte – er war zu diesem Zeitpunkt in den Ferien.

In einer früheren schriftlichen Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft habe er die Verantwortung dafür übernommen, hatten die Anwälte der Privatklägerinnen und Privatkläger argumentiert. Dabei handelt es sich um den Eritreischen Medienbund sowie zwei Privatpersonen mit eritreischen Wurzeln. Das Gericht hält nun aber fest, dass das E-Mail nicht berücksichtigt werden dürfe, da Walder damals nicht auf seine Rechte aufmerksam gemacht worden war.

«Wir wollten nie jemanden beleidigen oder diskriminieren»

Der Eritreische Medienbund, der als Privatkläger in diesem Prozess auftrat, kritisierte Walder harsch. Dieser stehle sich aus der Verantwortung, schrieb der Eritreische Medienbund in einer Medienmitteilung zum Urteil. Unzufrieden sind die Eritreer auch mit der Staatsanwaltschaft, die offensichtliche Beweise «nicht sicherstellte». Der Richter habe immerhin klargestellt, dass mit Hass gegen Minderheiten keine Politik gemacht werden dürfe.

Angesichts des Freispruchs lehnt das Gericht die Forderung des Eritreischen Medienbunds ab, dass sich Walder öffentlich entschuldigen muss. Auch erhalten die Kläger keine Entschädigung für die Anwaltskosten. Walder wird dagegen eine Prozessentschädigung von 5000 Franken zugesprochen.

KEYPIX - Menschen halten Transparente vor der Verhandlung gegen den Kantonsrat und fruehere Praesident der Zuercher SVP Patrick Walder vor dem Bezirksgericht Uster, aufgenommen am Mittwoch, 14. Mai 20 ...
Aktivistinnen und Aktivisten demonstrierten am ersten Prozesstag vor dem Gericht. Auch bei der Urteilsverkündung waren sie vor Ort.Bild: keystone

Er sei erleichtert über den Ausgang des Verfahrens, sagt der SVP-Politiker. Als damaliger Parteipräsident übernehme er politische Verantwortung, jedoch nicht die juristische. Im Wahlkampf, in dem man sich damals befand, habe er nicht alle Verlautbarungen der Partei vor der Veröffentlichung anschauen können.

Die Beurteilung des Gerichts, dass die Medienmitteilung in Teilen rassistisch ist, könne er nicht nachvollziehen. «Wir wollten nie jemanden beleidigen oder diskriminieren», sagt er.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Eritreische Medienbund prüft einen möglichen Weiterzug an das Zürcher Obergericht. (nib/aargauerzeitung.ch)

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Die beliebtesten Kommentare
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bokl
21.05.2025 10:17registriert Februar 2014
Einmal mehr zeigt sich: Vor Gericht sollte man sich nur daran erinnern, dass man sich an nichts mehr erinnern kann!
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ELMatador
21.05.2025 10:10registriert Februar 2020
Und ich dachte, ein Chef trage die Verantwortung für das Handeln seiner Angestellten mit …

Aber anscheinend ist das – sei es in der Politik oder in der Privatwirtschaft – anders: Verantwortung bedeutet oft nur, das eigene Salär zu rechtfertigen, nicht aber, tatsächlich Verantwortung für das Geschehen innerhalb der Organisation zu übernehmen.
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winglet55
21.05.2025 10:39registriert März 2016
Wie lange können sich eigentlich Politiker mit Gedächnislücken aus der Patsche helfen? sind Politiker eigentlich Amtsfähig, wenn sie sich nicht daran erinnern können was sie absegnen und was nicht? Ich habe immer gedacht Politiker stehen für ihr Handeln gerade, offensichtlich, bin ich einem Trugschluss erlegen. Auch wenn ich den Glarner verabscheue, etwas halte ich ihm zugute, der hat wenigstens Rückgrat und steht zu dem Mist, den er baut.
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