Zürich stellt kurzfristig das Testkonzept in Firmen um – und verärgert damit viele
Wer ein Bauunternehmen, eine Schule oder einen anderen Betrieb mit einer erhöhten Corona-Ansteckungsgefahr führt, kann seine Mitarbeitenden seit einigen Wochen regelmässig auf das Virus testen lassen. Am 12. März weitete der Bundesrat die Teststrategie aus. Der Beschluss sieht vor, dass ab sofort alle Betriebe ihre Mitarbeitenden repetitiv testen können.
Aufgrund der vom Bund angeordneten Testoffensive muss auch der Kanton Zürich sein Testkonzept anpassen. Dies teilte die Zürcher Gesundheitsdirektion den betroffenen Betrieben am Dienstag per E-Mail mit.
Unmut bei Pionierbetrieben
Die Zürcher Kantonsärztin Christiane Meier schrieb den betroffenen Unternehmen, dass die ursprüngliche Genehmigung für das repetitive Testen am 31. März, also heute Mittwoch, auslaufe. Man könne sich aber neu registrieren und habe die Möglichkeit, das repetitive Testen über den zentralen Service Provider Together we test durchzuführen. Zudem entschuldigt sich Meier für die Kurzfristigkeit der Mitteilung.
Doch der Unmut bei den kontaktierten Unternehmen ist gross. Das zeigen diverse E-Mail-Verläufe, die watson vorliegen. Zahlreiche Geschäftsführerinnen und Betriebsleiter beschweren sich über die kurzfristige Änderung des Test-Regimes.
«Für die Praxis unbrauchbar»
So auch Benjamin Wasinger. Er ist Geschäftsleiter der Wacker Neuson AG, die Kompakt- und Baumaschinen herstellt und wartet. Wasinger liess seine Mitarbeitenden bislang mit einem Health Care Partner vor Ort testen. «Innerhalb von 15 Minuten wussten wir, wenn sich jemand angesteckt hatte.»
Dieses Testkonzept muss Wasinger nun anpassen, weil sonst der Kanton die Kosten nicht mehr übernimmt. Für den Geschäftsführer ärgerlich. «Mit dem neuen Testregime müssen wir 24 Stunden auf Resultate warten. Das ist für die Praxis absolut unbrauchbar.» Hinzu komme, dass die Tests in 10er-Pools durchgeführt werden. Heisst konkret: Kommt der Test positiv zurück, müssen die zehn Personen, die jeweils gemeinsam eine Speichelprobe abgegeben haben, noch einmal separat getestet werden. «Damit verlieren wir enorm an Geschwindigkeit, weil ich dann gleichzeitig zehn Mitarbeitende nochmals zum Testen schicken muss.»
Ähnlich klingt es aus anderen Branchen: «Es ist nicht nachvollziehbar, das ein funktionierendes System innert kürzester Zeit zum Schlechten verändert wird», so eine Stimme aus der Kulturbranche. «Die Behörden sollen uns unterstützen, damit wir unserer Arbeit nachkommen können. Das Gegenteil geschieht.»
Ein anderer Unternehmer fordert vom Kanton eine Übergangsfrist von mindestens einem Monat. «Die aufgebauten und bewährten Testsysteme werden quasi von einem Tag auf den anderen ausgehebelt.»
Bund schreibt PCR-Analyse vor
Bei der Zürcher Gesundheitsdirektion versucht man mit den betroffenen Unternehmen eine «einvernehmliche Lösung» zu finden. «Wir wenden das vom Bund empfohlene und auch mitfinanzierte Testkonzept an. Gewisse Betriebe haben bisher mit Schnelltests gearbeitet, bei denen es sich nicht um PCR-Tests handelt», so ein Sprecher. Für das wöchentliche repetitive Testen in Betrieben schreibe der Bund jedoch generell eine PCR-Analyse vor. Deshalb werde jetzt umgestellt.
Dass es viel länger als 15 Minuten dauere, bis die Betriebe ein Resultat erhalten, hält die Gesundheitsdirektion für unproblematisch: «Für die betrieblichen Abläufe in den Unternehmen ist nicht von Bedeutung, ob die Resultate ein paar Stunden früher oder später vorliegen.» Man prüfe aber in einem zweiten Schritt, wie die Logistik allenfalls noch etwas verbessert werden könne, um die Zeit bis zum Testresultat zu verkürzen.
Geschäftsführer Wasinger sucht nun nach Alternativen. «Das Testregime des Kantons ist für uns keine valide Lösung. Ich habe nun Antigentests im Ausland bestellt. In der EU sind diese bereits zugelassen.» Bezahlen wird Wasinger die Tests aus dem eigenen Sack.
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