Damals war alles besser. Einfacher. Unbeschwerter. Das Konzept der Verantwortung war ein vages, Entscheidungen wurden abgenommen, man wähnte sich umsorgt. Ja, damals lebte es sich wie aus einem Guss. Damals hatte man schlicht keine Probleme. Glauben wir jedenfalls aus heutiger Perspektive zu wissen.
Diese rein perspektivische Verzerrung ist selbstredend ein Hohn für unser Kinder-Ich. Wie selbstherrlich wir nun die Probleme von damals als nichtig etikettieren, wie arrogant wir sie zu Problemchen degradieren. Obwohl unser Kinder-Ich sich sicher war, dass es vermutlich diese Probleme sein werden, an denen wir dereinst scheitern, ja, gar verenden werden.
Als kleine Achtungsbezeugung würdigen wir hier deshalb die Probleme unserer Kindheit und zollen ihnen jenen Respekt, den sie verdienen. Zumindest wenn es nach unserem Kinder-Ich gehen würde ...
Wenn wir uns heute um Ferien kümmern (sofern nicht gerade ein Virus unsere Normalität torpediert), werden wir mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Flugzeiten, Hotelpreise, Automieten, Landeswährung, Routenplanung, et cetera. Dabei vergessen wir das grösste aller Probleme.
Denn egal wohin der Flug geht, so kann man sich nie sicher sein, dass der Pilot nicht doch irrtümlicherweise das Bermuda-Dreieck anfliegt, da er vermutlich zu naiv und sich der immensen Bedrohung mit Sicherheit nicht gewahr ist. Dein Schicksal als Kind ist jedenfalls schnell und definitiv besiegelt.
Deine Existenzängste im Erwachsenenalter sind ja schön und gut. Aber hast du schon mal dein Mami oder deinen Papi für zwei Sekunden aus den Augen verloren? An einem öffentlichen Ort? Wie zum Beispiel ... EINEM EINKAUFSLADEN? Voilà. DAS sind Probleme.
Es kann ja nicht von ungefähr kommen, dass sich Mami oder Papi einfach so aus dem Staub macht. Viel wahrscheinlicher ist es, dass ein perfider Plan dahintersteckt. Klar, du bist schon gross und kannst dein Leben selber meistern, aber wäre dennoch schön, wenn Mami oder Papi ein wenig helfen würden.
Es gibt als Kind vieles, das im Bereich des Möglichen liegt. Vermeintlich gar mehr, als dies im Erwachsenenalter der Fall ist. Doch ebenso gibt es Dinge der Unmöglichkeit, die einfach niemand ausser dir einsehen kann.
Völlig egal, wie sehr es deine Eltern versuchen kleinzureden – dieses eine, krass nötige Spielzeug gehört eigentlich in die Menschenrechtscharta. Denn sonst folgt nebst der sozialen Ächtung auch ewiger Unspass.
Es gibt einfach Probleme, die sind zu komplex, als dass sie jemand anders verstehen könnte. So ist das nun mal.
Wieso niemand die drohende Gefahr des Treibsands – der einen urplötzlich verschluckt und nie mehr wieder hergibt – wahrnimmt, bleibt ein Rätsel. Denn gemäss deinen TV-Recherchen ist Treibsand eine zentrale Bedrohung.
Zu kommunizieren will gelernt sein. Dabei ist es klar, dass diese Kommunikation entlang verschiedener Codes und Regeln verläuft. Doch leider, leider sind nicht alle smart genug, diese unkomplizierten und völlig logischen Codes und Regeln zu verstehen. So entstehen Probleme, wo keine entstehen müssten.
Es ist natürlich eine Kommunikation mit hohem Risiko (falsche Menschen beziehen es auf sich oder der richtige Mensch kommentiert mit einem plumpen ‹Cools Lied :)› oder niemand checkt irgendwas) und hohem Ertrag (besagte Person postet ebenfalls eine Songzeile). Dazwischen gibt es demnach eine grosse Grauzone der Verderbnis.
Als Erwachsene glauben wir ja immer zu wissen, was adäquate Konfliktbewältigungsstrategien sind. Doch nur unser Kinder-Ich weiss, dass diese allesamt zu wenig effizient, weil zu wenig drastisch sind.
Koffer packen, das Nötigste einpacken und auf in ein Leben des Selbstständigkeit – nur so lernen die Eltern, wie kindisch sie sich gerade aufführen. Leider führt dieser nötige Kahlschlag zu einem moralischen Dilemma. Denn für alle Spielzeuge und Kuscheltiere ist kein Platz in deinem Einsiedler-Gepäck.
Während wir uns heute mit völlig banalen Gefühls- und Gemütsverwirrungen herumschlagen, stand früher einiges mehr auf dem Spiel: die Zukunft. Dein Kinder-Ich hatte einen doch ziemlich relevanten Teil deines zukünftigen Wohlbefindens in der Hand. Man denke, welch enorme Last da auf den noch schmächtigen Schultern lastete!
Den Überblick über all diese Ketten-SMS und deren Konsequenzen zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe, die unter dem Strich einfach nicht zu bewältigen ist. Nur schon, weil die Handykosten nicht lange stemmbar sind (doch immerhin 20 Rappen pro Nachricht). Und so nimmt das Ende bereits früh seinen Anfang.