Liebe Leserin, lieber Leser, bitte bedenkt, dass folgende Traditionen nicht entlang unserer Wertvorstellungen zu werten sind. So fragwürdig, abstrakt oder unsinnig sie auch scheinen mögen, die Traditionen und Praktiken entspringen einer anderen kulturellen Quelle als der unseren.
Sex ist selbst in ein- und derselben Kultur je nach Generation eine komplett andere Angelegenheit. Ebenso ist Sex – wie der Glaube – bei uns Privatsache, wieso auch selbst dein Nachbar vermutlich eine andere Vorstellung davon hat als du.
Von dieser Perspektive aus ist es also wenig verwunderlich, dass ein Blick über makro-kulturelle Grenzen ziemlich schnell ziemlich Absurdes offenbart – bezogen auf unser ganz eigenes Weltbild.
Im Islam ist Sex vor der Ehe, wie in vielen anderen Religionen auch, nicht erlaubt. Eine Frau darf die Scheidung zudem nur mit einem «Wali» (Vater, Onkel, Bruder, Imam, gesetzlichen Vertreter usw.) und einem triftigen Grund aussprechen. Dem Mann ist es hingegen erlaubt, die Scheidung alleine auszusprechen, indem er dreimal sagt: «Ich scheide mich» – auch das aber nur mit einem triftigen Grund. Bei Unklarheiten gibt es den Imam oder Richter.
Die Zwölfer-Schiiten jedoch, die rund 80% der Schiiten insgesamt ausmachen, akzeptieren die sogenannte «Mutʿa-Ehe». Es ist quasi die Testversion einer Ehe und wird von anderen muslimischen Gruppierungen rigoros abgelehnt, da diese die Mutʿa-Ehe als koranwidrig erachten.
Somit ist es bei den Zwölfer-Schiiten theoretisch möglich, mit seiner Flamme (unverheiratet und ehrbar muss sie allerdings sein) eine Woche verheiratet zu sein, mit quasi allen Rechten und etwas weniger Pflichten, und dann entscheiden, ob das Zukunft hat. Oder halt einfach für eine Nacht, um Sex zu haben, ohne dass gegen ihre jeweiligen religiösen Glaubensgrundsätze verstossen wird.
Das Volk der Sambia, das im Osten Papua-Neuguineas angesiedelt ist, zelebriert einen langen, schmerzhaften und generell beschwerlichen Initiationsritus, der aus Jungen Männer machen soll.
Nachdem die sieben Jahre alten Jungen von Frauen getrennt werden, durchlaufen sie verschiedene Phasen, die allesamt sehr körperlich und auf wahrgenommen männliche Tugenden wie Stärke, Mut und Tapferkeit zugeschnitten sind. So zum Beispiel das Ritual, bei dem den Jungen durch ein in die Nase gepferchtes Zuckerrohr heftiges Nasenbluten zugeführt wird.
Zum Mann können sie jedoch nur werden, wenn sie die altgedienten, mutigen Krieger des Stammes oral befriedigen und deren Samen, die Essenz des männlichen Geistes, in sich aufnehmen. Nicht nur einmal, sondern möglichst oft.
Generell ist Fellatio in ihrem Glaubenssystem zentral. Auch Frauen müssen den Samen ihres Mannes trinken, um Muttermilch produzieren zu können. Der starke Mann füttert also indirekt das Kleinkind, so der Glaube.
Ein Brauch im östlichen Teil Zentraljavas zelebriert im übertragenen Sinne das Ehebrechen.
Alle 35 Tage (jeweils am Feiertag «Jumat Pon») treffen sich dort Pilger, um vorsätzlich ausserehelichen Sex zu haben. Wer seine Ehe sieben dieser Feiertage hintereinander mit derselben «Affäre» hintergeht, den soll ein Jahr voller Glück erwarten. Dies setzt voraus, dass die Kontaktdaten mit der Affäre ausgetauscht werden, damit man sich beim nächsten Feiertag auch mit Sicherheit wieder mit derselben Person treffen und paaren kann.
Nach Blumengaben und dem Waschen in als heilig betrachteten Quellen startet die Suche nach einem geeigneten Gegenstück, das den ritualisierten Ehebruch mit einem vollzieht. Das Ritual ist keiner Religion zuzuordnen, sondern entspringt einer lokalen, spezifisch javanesischen Sage.
Der Hintergrund dessen? Die Legende besagt, dass Prinz Pangeran Samodro mit seiner Stiefmutter Nyai Ontrowulan durchgebrannt ist und sich auf diesen Hügel zurückgezogen hat. Dort liebten sie einander, doch bevor der siebte Beischlaf vollzogen werden konnte, wurden sie von Soldaten getötet.
Wer also seine Ehe sieben mal auf diesem Hügel, auf dem die beiden begraben liegen sollen, mit derselben Person bricht, wird von der Stiefmutter des Prinzen gesegnet. Ein anderer Aspekt ist, dass die Pilger etwas Schmählicheres als der geliebte Prinz tun müssen. Der siebenmalige Ehebruch mit ein- und derselben Person soll die Handlungen des Prinzen quasi übertrumpfen.
Der als äusserst eitel geltende Stamm der Wodaabe in Niger hält einmal jährlich ein Fest, genannt «Gerewol», ab, bei dem sich die Männer geschminkt, singend und tanzend zur Schau stellen. Mit von der Partie sind dabei meist zwei verschiedene Klans. Die zukünftigen Ehen der Wodaabe-Kinder werden kurz nach der Geburt arrangiert, und zwar stets zwischen Cousins und Cousinen. «Gerewol» ist somit mitunter da, damit sich der Genpool wieder etwas verbreitert.
Weisse Augen und Zähne wirken besonders anziehend auf das weibliche, meist verheiratete Publikum. Wenn eine Frau von der Performance eines Mannes genug beeindruckt ist (und er dies bemerkt), beginnt der eigentliche Frauen-Klau.
Der Mann wartet die Dunkelheit ab, schleicht sich zu der Frau und nimmt diese in ihrem Willen mit. Gelingt ihm der Schmuggel, ohne entdeckt zu werden, wird das Ausreisser-Paar vom Rest der Klans als redliches Paar akzeptiert. Wenn die Ausreisser erwischt werden, wird gekämpft – unter Umständen bis auf den Tod.
Auch ist es möglich, dass Männer ihren Frauen das Beiwohnen beim «Gerewol» verbieten, aus Angst, ihre Frau zu verlieren.
Inis Beag (eigentlich Inisheer; der fiktive Name Inis Beag diente ursprünglich dem Schutz der Privatsphäre der Inselbewohner seitens der Wissenschaftler) ist eine kleine Insel vor Irland, die in den 1960er-Jahren vom Kulturanthropologen John Cowan Messenger besucht wurde. Schnell stach ihm die rigorose sexuelle Repression auf, welche die gesamte Population durchzog.
Jungen und Mädchen werden wenn möglich stets voneinander getrennt, Sexualität und all ihre Aspekte – Lust, Masturbation, anzügliche Äusserungen etc. – tabuisiert und verteufelt, was gemäss Wissenschaftlern zusehends zu Alkoholmissbrauch und Handgreiflichkeiten führte.
Sexuelle Aufklärung war notabene kein Thema, Nacktheit ohnehin des Grauens. Sex nach der Ehe galt als Pflicht, die erduldet werden muss, Missionarsstellung, umständlich in Voll-Montur, war die einzig erlaubte Position, der weibliche Orgasmus im wahrsten Sinne des Wortes ein inexistenter Begriff und der Menstruationszyklus ein mystisches Rätsel.
Das alles gemäss wissenschaftlichen Berichten in den 1960er-Jahren. Aktuellere Studien zu dem Leben auf Irisheer gibt es nicht.
Es scheint wie eine urban legend, die sich hartnäckig hält: In Cartagena an der Nordküste Kolumbiens haben viele Jugendliche ihr erstes Mal mit einem Esel. Fakt ist: Es gibt keine Berichte, die das widerlegen. Berichte, die es bestätigen, gibt es hingegen schon – so zum Beispiel eine Video-Dokumentation von Vice (wem sonst, bei dem Thema...), die 2012 für Furore sorgte.
Für Männer und Frauen der Gegend scheint es im Norden Kolumbiens eine Art Normalität oder natürlicher Teil des Mann-Werdens zu sein, wenn Jungen, sobald der Sexualtrieb vorhanden ist, weibliche Esel begatten. Gemäss der Dokumentation gibt es gegen oben auch keine Altersgrenze für diesen Akt.
Ohne die Kontroverse über diese sehr, sehr explizite Video-Doku neu entfachen zu wollen, hier einige Zitate aus Strassenbefragungen aus dem Video.
Bei den Muria in der ostindischen Provinz Chhattisgarh ist Sex komplett enttabuisiert. Ihr Leben wird vom Prinzip Kollektivität, Selbstversorgung, Alkohol und Sex bestimmt. Ein grosser Teil des Alltags spielt sich in sogenannten Ghotuls (eine grosszügige Hütte, die von einem Kral aus Erde oder Holz umringt ist) ab.
Jugendliche Jungen und Mädchen schlafen im selben Ghotul, wo ihnen komplette Freiheit gewährt ist. Wie sie ihre Sexualität erforschen, ist ihnen überlassen. Bis auf Gruppensex ist alles Gang und Gäbe (vor allem Partnerwechsel), wobei Privatsphäre zwar erwünscht, aber nicht wirklich ein Kriterium ist.
Des Weiteren trinken jugendliche Mädchen viel Schnaps, im Glauben, dass sie dieser vor der Schwangerschaft schützt. Klappt dies dennoch nicht, wird das Kind vom ganzen Dorf quasi adoptiert, da der Vater meist nicht bekannt ist.
Neben sexuellen Aktivitäten ist auch das Gespräch über Sex und Anzüglichkeiten an der Tagesordnung. Dieses Verhalten wird von den Älteren gewissermassen gefördert, indem sie es ihren Kindern teils verbieten, vor der Hochzeit mehr als drei Nächte hintereinander mit dem selben Partner/der selben Partnerin zu schlafen.
Was heute arg nach Mutprobe klingt, war vor rund hundert Jahren in Österreich ein Liebesbrauch. Der sogenannte Apfelschnitztanz funktionierte nach dem Prinzip «Liebe geht durch den Magen, nachdem er durch die Nase ging». Das Prinzip dabei ist so ulkig wie auch einfach.
Die Damen steckten sich während dem Tanz einen Apfelschnitz in die Achselhöhle, schwitzten diesen gehörig voll und überreichten ihn anschliessend dem Mann ihrer Wahl. Dieser wiederum beschnüffelte das pheromongetränkte Obst, ass es – sofern ihm der Duft verheissungsvoll erschien – und entschied sich dann, ob aus besagter Dame und ihm wohl ein Paar werden könnte.
*Der Horrorfilm für heute Abend ist trotzdem gestrichen😑.