Es ist eine Debatte, die wohl noch ein bisschen länger schwelen wird. Zumindest, wenn man es mit dem FC Basel hält. Oder mit Heinz Lindner. Oder mit beiden. Die Debatte rund um die Verpflichtung von Marwin Hitz. Auch wenn Hitz, der ablösefrei von Borussia Dortmund kam, bereits zwei Spiele absolviert hat und Lindner einen neuen Verein mit dem FC Sion.
Wer sportlich gesehen den Wechsel nicht nachvollziehen kann, der hat im Communiqué der Basler eine Erklärung geliefert bekommen, wieso Hitz seinem Vorgänger vorzuziehen ist. Hitz ist ein HTP. Ein sogenannter «Home Trained Player.» Eine Thematik, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnte. Aber auch eine, die vor Komplexität in den Tiefen der Regularien trieft. Ein Erklärstück.
Ein HTP, ein «Home Trained Player», ist ein Spieler, welcher ungeachtet seiner Nationalität im Alter zwischen 15 und 21 über eine Dauer von drei Jahren im besagten Verein oder einem anderen Klub des Schweizer Fussballverbandes (SFV) ausgebildet wurde. So steht es in Artikel 168 des Wettspielreglements des SFV.
Dabei wird auf den Tag genau darauf geachtet, dass der Spieler 36 Monate erfüllt. Diese drei Jahre müssen aber nicht aufeinanderfolgend sein. Fehlt in der Summe jedoch auch nur ein Tag, erreicht ein Spieler nicht den Status eines HTP. Wer den Status als HTP jedoch einmal erworben hat, der verliert diesen auch nie mehr.
Weil die Regeln in der Schweizer Liga strikt sind. Auf der Kontingentsliste eines Teams, welche maximal 25 Namen umfassen darf und welche die Vereine bei der Liga einreichen müssen, sind nur 17 Non-HTP zugelassen. Spieler unter 21 Jahren besetzen keinen Platz auf der Liste.
Heisst: Will ein Verein sein Kontingent ausschöpfen, muss er die restlichen 8 Plätze ausschliesslich mit HTPs füllen, die eingesetzt werden dürfen. Ursprünglich hätte die Regel gar verschärft werden sollen. In der Übergangssaison 2022/2023 hätten es noch deren 15 Non-HTP sein dürfen – und ab der Spielzeit 2023/2024 noch 13.
So war es in Artikel 17 des Reglements über die Qualifikation der Swiss-Football-League-Spieler festgehalten. Philippe Guggisberg, Kommunikationschef der Swiss Football League (SFL), sagt:
An der diesjährigen GV im Mai aber wurde diese Verschärfung gestoppt. Somit bleibt es bis auf weiteres bei einem Maximum von 17 Non-HTP-Akteuren, welche ein Team auf die Liste setzen darf.
Die Motivation des Verbandes ist klar: er will seine eigenen Spieler schützen. Guggisberg sagt:
Zusätzlich stärken in der Schweiz ausgebildete Spieler auch die Verbundenheit und die Identifikation der Klubs mit den lokalen Fans, Partnern und Sponsoren, so Guggisberg. «Das ist in unserer schnelllebigen Zeit nicht zu unterschätzen.»
YB sagt auf Anfrage, dass die Regelung «in Ordnung und nicht zu streng ist. Die Ausbildung muss im Vordergrund stehen, das ist auch die Basis für die Nationalmannschaft. Daher ist der BSC Young Boys im Sinne des Schweizer Fussballs klar für einen Erhalt der Regel.» Die restlichen Vereine sehen es ähnlich.
Der FCB hingegen ist kein Freund davon. Kaderplaner Philipp Kaufmann sagt:
Die Regelung sei nicht per se verkehrt, aber da aktuell ein Spieler erst ab dem Alter von 21 auf der Kontingentsliste steht, «ist es nicht zum Schutz der Jungen. Aus den genannten Gründen würden wir die Regelung gerne ändern, diese Beschränkung von 17 Non-HTP aufheben», so Kaufmann weiter.
Eine komplette Aufhebung kaum. Auch, weil sich neben dem FCB ja kein Verein vehement dafür einsetzt. Ausserdem warnt Guggisberg:
Schliesslich sei die A-Nationalmannschaft die Lokomotive – sowohl sportlich als natürlich auch finanziell – für den gesamten Schweizer Fussball. Denkbar ist aber, dass es eine Anpassung geben könnte. Aktuell wird eine Gesamtanalyse durchgeführt, um zu schauen, was dem Schweizer Fussball und seinen eigenen Talenten helfen und deren Position stärken würde.
Dass der Verband nicht stillsteht, begrüsst der FCB. Kaufmann:
Interessant ist vor allem das Modell aus Österreich, der sogenannte Österreicher-Topf. Dieser wurde zur Saison 2004/2005 eingeführt und besagt, dass Klubs der Österreichischen Fussballliga Fördergelder bekommen, wenn sie einer bestimmten Anzahl in Österreich ausgebildeter Spieler genügend Minuten gewähren.
Auch diese Regelung hat wie das HTP-Reglement in der Schweiz das Ziel, den stetig ansteigenden Anteil ausländischer Spieler seit der Inkraftsetzung des Bosman-Urteils entgegenzuwirken. Nur müssen sich die Teams in Österreich nicht dran halten, wenn sie denn nicht wollen.
Ein Nicht-Einhalten hat lediglich zur Folge, dass weniger oder gar keine Fördergelder gesprochen werden. Wer dieses also nicht will oder lieber mehr ausländische Akteure einsetzt als die meist sechsstelligen Beträge zu kassieren, kann das tun. Das beste Beispiel dafür ist Red Bull Salzburg, welches Jahr für Jahr keine Geld aus dem Österreicher-Topf bekommt.
Der Klub erklärt den freiwilligen Verzicht auf Anfrage so:
Ein Zitat, welches ziemlich deckungsgleich mit der Einstellung des FC Basel ist, welcher viele junge, talentierte Spieler aus dem Ausland in seinen Reihen weiss. Auch deshalb spricht FCB-Kaderplaner Kaufmann unter anderem davon, dass dieses Modell für die Schweiz interessant wäre. Auch die Liga beschäftigt sich damit.
Die Regularien für Leihgeschäfte werden angepasst. Ab der Saison 2024/2025 dürfen nur noch sechs Akteure von einem ausländischen Klub ausgeliehen werden. In den Übergangssaisons 2022/23 – der jetzt laufenden also – und 2023/24 sind es nur noch deren acht respektive sieben Spieler, welche ausgeliehen werden dürfen. Etwas, was für GC zu einem Problem werden könnte.
Hinzu kommt für die Kontingentsliste die Ausländerregelung. Als Ausländer zählen nur Nicht-EU Europäer (wie beispielsweise der FC-Zürich-Spieler Nikola Boranijasevic aus Serbien) sowie Spieler von anderen Kontinenten. Von diesen dürfen dann zeitgleich nur fünf auf dem Feld stehen. Spieler aus anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Italien, Spanien oder Deutschland zählen nicht als Ausländer.