Es war einmal ein stolzer Klub mit einer grossen Geschichte. Der immer noch grössten im Schweizer Klubfussball. Aber die Gegenwart ist mehr als trist. Der Grasshopper Club Zürich ist nur noch ein Verein wie viele andere auch. Das schmerzt der GC-Seele, denn das hört sie gar nicht gerne.
Aber es ist so. Der Klub hat ja nicht einmal mehr ein Stadion und in der Stadt ist er auch schon lange nicht mehr zuhause. Niederhasli ist zwar bloss 20 Autominuten weg vom Hardturm, aber dennoch einfach irgendwo weit draussen auf dem Land.
Trainer kommen und gehen, Präsidenten versuchen sich, Geldgeber lassen sich überreden und sind dann doch wieder weg. Die Konstante heisst: Familie Spross. Heinz Spross ist der 70-jährige Neffe des langjährigen GC-Mäzens Werner H. Spross. Mit Gartenbau und Immobilien ist die Familie zu Millionen gekommen, mit denen sie seit Jahrzehnten die Grasshoppers mitfinanziert.
Seit 2014 ist Stephan Anliker der Präsident von GC, er übt dieses Amt auch beim Eishockeyklub SC Langenthal aus. Er ist Mehrheitsaktionär des Architekturbüros Duksch&Anliker.
Dritter im Bunde der GC-Besitzer neben Spross und Anliker ist seit Anfang Jahr Peter Stüber. Dem 78-Jährigen gehören mit der Merbag Gruppe dutzende Mercedes-Garagen in der Schweiz, sie setzt im Jahr rund eine Milliarde Franken um. Stüber unterstützt GC seit vielen Jahren, im Stadion sass der Kunstfreund aber zuletzt vor 30 Jahren.
Erich Vogel ist ein Vertrauter der Familie Spross, ein Mann mit Fachwissen und grosser Energie. Er war lange Jahre Manager von GC, damals als der Klub in den 80er- und 90er-Jahren die unbestrittene Nummer 1 im Land war und als erster Schweizer Verein in die Champions League stürmte.
Zuvor war Vogel erst (mässig erfolgreicher) Spieler, dann Trainer und später Vizepräsident. «Ich bin einer, der über Leichen geht», sagt Vogel über sich selber, «ich bin unsensibel, stur, weiss alles besser, bin rücksichtslos, kann Leuten weh tun und habe keine Angst, mich von ihnen zu trennen.»
Vogel wird im Winter 80 Jahre alt und er hat keine offizielle Funktion mehr bei den Grasshoppers. Trotzdem gilt es als erwiesen, dass Vogel über verschiedene Stellen versucht, weiterhin Einfluss zu nehmen und seinen Willen durchzusetzen. Wer sich gegen ihn stellt, bekommt ein Problem. Denn Vogels Hausmacht ist nach wie vor gross.
Mit Stüber besuchte er einst die Handelsschule, ohne Vogel wäre er wohl kaum so gross bei GC eingestiegen. «Er ist ein cleverer Typ», sagt Stüber über Vogel. «Ich bin immer noch der Meinung, es gibt in der Schweiz niemanden, der so viel von Fussball versteht.» Die NZZ fand als Grund für Vogels grosses Engagement, dass es sein letztes Bestreben sei, GC wieder gross zu machen. Es treibe Vogel an, allen zeigen zu wollen, dass ihm das gelingt, woran so viele andere gescheitert sind.
Es schien nicht ohne Vogel zu gehen, aber auch nicht mit ihm. Mal erteilte Präsident Anliker Erich Vogel ein Hausverbot für den GC-Campus. Dann versuchte er, Vogel wieder an Bord zu holen, lobte ihn für seine Expertisen. Doch nun ist das Tischtuch zwischen Anliker und Vogel endgültig zerschnitten.
Anliker kündigte unlängst an, Vogel ein für allemal von GC zu verbannen, offiziell und auch via Strohmänner. «Es ist in den letzten Monaten eine Art Schattenorganisation entstanden, die versucht hat, von aussen Einfluss auf GC zu nehmen», sagte Anliker vor drei Wochen. Roland Klein wurde erst vor wenigen Monaten in den GC-Verwaltungsrat gewählt und unlängst wieder aus diesem entfernt. Er galt als verlängerter Arm von Vogel und Spross. Auf der Website des Klubs ist er nach wie vor als Verwaltungsrat aufgeführt.
Sieben Monate lang war Murat Yakin Trainer bei GC. Nachdem er zuvor mit dem FC Schaffhausen für Furore in der Challenge League gesorgt hatte, gelang auch der Start bei GC: Fünf Siege und drei Unentschieden. Zuletzt war die Mannschaft aber in der Krise: Aus den letzten sechs Partien gab's nur zwei Unentschieden und vier Niederlagen. GC ist mittendrin im Abstiegskampf.
Aber nicht nur die Resultate sprachen gegen Yakin, der den FC Basel einst zum Meistertitel geführt hatte. Er überwarf sich mit Spielern (Runar Mar Sigurjonsson, Milan Vilotic) und verspottete seine Fussballer öffentlich als Analphabeten. Und wesentlich: Yakin galt als mit Vogel verbunden, oft ist die Rede davon, dass er dessen «Ziehsohn» sei.
Heinz Spross soll angeblich die Nase voll haben. Der langjährige Geldgeber galt als Vertreter der Pro-Yakin-Fraktion. Vergangene Woche hiess es nach einer Sitzung mit den Mitbesitzern Anliker und Stüber, er überlege sich seinen Rückzug. Spross hält 30 Prozent der GC-Aktien und will diese nun dem Vernehmen nach abstossen.
Die Hoffnung von Präsident Anliker ist, dass damit auch die Seilschaft zu Erich Vogel gekappt wird. Spross weg, Klein weg, Yakin weg – der Einfluss des Schattenministers dürfte sinken. Aber ob er je ganz verschwindet? Und springt auch Stüber schon wieder ab? Wer würde stattdessen künftig Geld einschiessen?
Stüber erzählte der NZZ im Februar, was er zu Vogel gesagt habe: «Du, irgendwann müssen wir bei GC dann auch wieder aufhören. Schon rein altershalber.» Wenn GC nicht Leute finde, die 40 oder 50 Jahre alt sind, sehe er schwarz für den Klub.
Eigentlich kann man bei der sportlich schwachen Bilanz von GC nicht von Siegern sprechen. Aber aus den internen Grabenkämpfen sind CEO Manuel Huber und Sportchef Mathias Walther als Sieger hervorgegangen. Sie müssen nun gemeinsam mit Präsident Anliker beweisen, dass sie ihren Job besser machen können, wenn die angeblichen Störenfriede nicht mehr da sind.
Interimistisch übernimmt Sportchef Walther von Murat Yakin. Ihn unterstützen die bisherigen Co-Trainer Patrick Schnarwiler und Timo Jankowski. In den kommenden Tagen soll aber bereits Yakins endgültiger Nachfolger bekanntgegeben werden.
Der Neue dürfte es sich gut überlegen, ob er sich diesen Job antun will. Besonders wenn es sich um einen mit gutem Ruf handelt wie René Weiler, in dessen Trainerkarriere es bislang fast nur aufwärts ging. Denn die Garantie, dass mit dem Verschwinden alter Kräfte automatisch alles besser wird beim Rekordmeister, gibt es nicht. Vielleicht versuchen es die Hoppers mit einer internen Lösung: Boro Kuzmanovic, langjähriger Trainer des FC Winterthur in der Challenge League, führt GCs U21-Team. Und die Ex-Nationalspieler Johann Vogel (U18) und Sascha Müller (U16) arbeiten ebenfalls auf dem Campus.