Wo sollen wir bloss anfangen? Die Fehlerliste des FC Basel ist lang. Und sie hat dazu geführt, dass der FCB eine Saison zum Vergessen erlebte. Im Juli scheiterte Rotblau in Kasachstan in der Qualifikation für die Conference League. Anfang Oktober war man in der Super League Tabellenletzter und blieb in der Folge einen Monat torlos. Es war der Tiefpunkt der Saison, in der am Ende der Nicht-Abstieg besungen werden musste.
Ursächlich für den Absturz ist zum einen das Transferchaos im Sommer. Zwar hat der FCB für 21 abgegebene Spieler 55,5 Millionen Franken kassiert. Aber er hat damit sehr viel Qualität verloren. Wenn man bedenkt, dass der FCB vor einem Jahr in der Liga nur knapp Fünfter wurde, ist es nur logisch, dass es ohne zahlreiche Stammspieler (Diouf, Pelmard, Adams, Zeqiri, Amdouni, Ndoye, Burger und Millar) weiter bergab ging. Die Erfolge in der Conference League blendeten die Verantwortlichen.
Das Transferchaos wird zu grössten Teilen Heiko Vogel angelastet. Zumindest stellt es Präsident David Degen gerne so dar. Dabei war auch der starke Mann meist involviert und stattete Sportchef Vogel mit zu viel Macht aus. Und das in einem Job, den er zum ersten Mal ausübte. Vogels grösster Fehler war die Wahl von Trainer Timo Schultz. Der Ostfriese konnte nie das Vertrauen der Mannschaft gewinnen und wurde schon 100 Tage nach dem Trainingsauftakt wieder entlassen.,
Die sportliche Führung leistete sich unter Vogel zu viele Fehltransfers (Demir, Malone, Dubasin). Auch der als Spektakelspieler angekündigte Juan Gauto, der zu oft verletzte Gabriel Sigua und die inkonstanten Mohamed Dräger und Jovanovic enttäuschten. Von den 18 Neuzugängen, die teilweise für viel Geld (kumuliert 21 Millionen Franken) kamen und mit langfristigen Verträgen ausgestattet wurden, erwiesen sich nur Thierno Barry, Dominik Schmid (beide mit Verzögerung) und Adrian Barisic (falls unverletzt) als konstante Verstärkung. Insgesamt fehlt Qualität.
Das hat dazu geführt, dass der in den letzten Jahren punktetechnisch eh schon ins Mittelfeld der Liga abgerutschte Ex-Serienmeister die schlechteste Saison seit Einführung der Super League gespielt hat. Trotz Besserung unter Fabio Celestini (Punkteschnitt 1,63) sammelte der FCB nur 13 Siege und 49 Punkte. Vor allem offensiv bekundete Rotblau grosse Probleme. Nur Stade Lausanne-Ouchy und GC schossen noch weniger Tore. Und auch die vielen Verletzten und die sechs Platzverweise kosteten den einen oder anderen Punkt.
Doch nicht nur auf dem Platz, auch daneben hat sich der FCB nicht mit Ruhm bekleckert. Kommunikativ wurden erneut zahlreiche Fehler gemacht. Was im Sommer beim geplatzten Jashari-Transfer begann, zog sich durch die ganze Saison. Dass Verwaltungsrat Andreas Rey Rang 3 als Ziel ausrief, nachdem man sich eigentlich in Demut üben wollte, war unglücklich. Dass Vogel im bz-Interview Ende September davon sprach, dass der Kader die Qualität habe, Titel zu gewinnen, wurde belächelt. Und dass Degen in einem Podcast sowohl Goalie Marwin Hitz als auch Renato Steffen mit unbedachten Aussagen verärgerte, hat ebenso Vertrauen der Mannschaft gekostet wie der Umgang mit Führungsspielern.
Denn Hitz ist nicht der einzige, beim dem das Verhalten der Klubführung für Stirnrunzeln sorgte. Auch Michael Lang (kaltgestellt) und Taulant Xhaka (Mr. X-Affäre) hinterfragten die Entscheidungen der Verantwortlichen öffentlich. Und in der Kabine wunderte man sich, warum bei all den Nebenschauplätzen nicht auch die Fans wie damals unter Bernhard Burgener auf die Barrikaden gehen.
Auch rund um die Geschäftszahlen und das undurchsichtige Firmenkonstrukt, durch das der klamme Klub überlebenswichtige Millionenspritzen von den Besitzenden und einer nicht namentlich genannten Familie erhielt, wurden kommunikative Fehler begangen. Der FCB reagierte, statt proaktiv zu kommunizieren und offene Fragen zu klären. Erst durch das Geständnis konnten die aufbrausenden Wogen geglättet werden.
Im Mai 2024 ist der FCB an einem Punkt, an dem er wieder etwas aufbauen könnte, wenn er seine Lektionen gelernt hat. Hoffnung gibt, dass die Mitglieder weiterhin Vertrauen in den Verwaltungsrat haben; dass die schlimmsten Geldsorgen zumindest fürs Geschäftsjahr 2024 passé scheinen und der Klub keine Leistungsträger verkaufen muss.
Im Nachwuchs, aus dem sich mit Leon Avdullahu bereits ein Spieler in der ersten Mannschaft etabliert hat, ist wieder mehr Qualität. Mit wenigen klugen Transfers (neben zahlreichen Abgängen im viel zu grossen Kader) könnte das im letzten halben Jahr unter Celestini stabilisierte Team verstärkt werden. In der Celestini-Tabelle ist der FCB Vierter. Das wäre ein Europacup-Platz und genau da will der FC Basel wieder hin. Es ist ein realistisches Ziel, wenn man die zahlreichen Fehler nicht wiederholt.