Wie bitte? Der erste Punkt handelt vom Abgang eines Schiedsrichters? Ja. Weil Russ Bray viel mehr als das war. Mit seiner unverkennbaren Art, die Maximalpunktzahl 180 auszurufen, schuf er Darts-Geschichte. Sein mit rauchiger Stimme vorgetragenes Onehundredandeeeeeeeighty ist vielleicht das berühmteste Detail dieses Sports.
Nun, mit 66 Jahren, fängt Russ Bray ein neues Leben an. Er kündigte an, dass dieses WM-Turnier sein letztes als Caller sein werde. «Es war wunderbar, aber jetzt soll die Bühne jüngeren Schiedsrichtern gehören», sagte er.
Darts legend Russ Bray will bring an end to his full-time refereeing career after the 2023/24 World Darts Championship Final...
— PDC Darts (@OfficialPDC) November 23, 2023
Russ will take up a new role as PDC Ambassador in 2024, and will continue to referee on the World Series stage.
An icon, @Russ180 👏 pic.twitter.com/MoTQssGMU9
19 Jahre jung ist Beau Greaves und bereits zweifache Frauen-Weltmeisterin, sie gewann den Titel im letzten und in diesem Jahr. Greaves gilt als beste weibliche Spielerin der Gegenwart – und doch fehlt sie im Alexandra Palace, obwohl sie sich qualifiziert hat.
Den Grund findet man beim mächtigen Verband PDC, der diese WM ausrichtet. Die PDC verlangte von Greaves ein Bekenntnis und dass sie auf die Frauen-WM, die von der WDF ausgerichtet wird, verzichtet; einen Doppelstart wollte die PDC nicht. Greaves entschied sich für die Frauen-WM, auch weil die PDC-WM für sie «eine Männerveranstaltung» sei. Möglicherweise ändere sich ihre Einstellung in den nächsten Jahren, sagte die junge Engländerin. Aber sie spiele lieber gegen andere Frauen, Vergleiche mit den Männern würden sie nicht reizen.
Im Vorjahr war sie im Ally Pally dabei, scheiterte damals in der ersten Runde mit 0:3 gegen den Iren William O'Connor. Dass sich Beau Greaves für die Frauen-WM entschied, hatte womöglich auch finanzielle Gründe. Für den Titel erhielt sie 25'000 Pfund, für die gleiche Summe hätte sie an der PDC-WM die dritte Runde erreichen müssen.
In Abwesenheit von «Beau'n'Arrow» findet man neben 94 männlichen Teilnehmern die Namen zweier Frauen. Fallon Sherrock, die «Queen of the Palace», nimmt zum vierten Mal teil. 2020 stiess sie in die dritte Runde vor. Für die Japanerin Mikuru Suzuki wird es die zweite WM-Teilnahme, beim Debüt war sie bei erster Gelegenheit ausgeschieden.
Ob es Michael Smith zum dritten Mal in Folge in den WM-Final schafft? Er wird sich steigern müssen, denn zuletzt gelangen dem «Bully Boy» kaum überzeugende Resultate. Davon lässt sich Smith jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Irgendetwas habe zuletzt gefehlt, aber es gebe keinen besseren Ort als die Weltmeisterschaft, um es zu finden, sagte der 33-Jährige. «Ich weiss, dass ich an der WM mein bestes Spiel zeigen kann.»
Smith strebt jedenfalls nach mehr als dem einen Titel. Er hat nichts anderes im Sinn, als eine Ära zu prägen: «Wenn man sich zur Ruhe setzt, vergessen die Leute manchmal, dass man den Titel gewonnen hat. Aber wenn man ihn mehrfach gewonnen hat, hinterlässt man ein Vermächtnis. Das möchte ich schaffen.»
Bereits heute wird man die Nummer eins der Setzliste im Einsatz sehen. Michael Smith wird auf den Sieger des ersten Duells des Abends treffen, auf den Niederländer Kevin Doets oder auf Stowe Buntz aus den USA.
Drei der vier letzten Majors gewann Luke Humphries: den World Grand Prix, den Grand Slam of Darts und die Players Championships. Das beförderte den 28-Jährigen in die Rolle des grossen Favoriten für die WM. Sowohl sein Scoring wie auch seine Check-Out-Quote waren zuletzt sehr stark.
Im Alexandra Palace konnte «Cool Hand Luke» bisher keine grossen Stricke zerreissen. Bei seinen sechs Teilnahmen kam Humphries noch nie weiter bis in die Viertelfinals. Aber er war auch noch nie so gut wie in diesem Jahr.
Seit dem Rücktritt der Darts-Ikone Phil «The Power» Taylor nach der WM 2018 ist Michael van Gerwen die grosse Nummer auf der Tour. Doch seit seinem dritten WM-Titel 2019 muss sich der Niederländer auf einen weiteren Triumph gedulden. «Mighty Mike» tritt erneut als aussichtsreicher Kandidat an, er gewann in diesem Jahr die World Series of Darts und stand bei den Players Championships im Final. Vielleicht hilft es dem 34-jährigen Hünen, dass mit Luke Humphries ein anderer in der Rolle des ganz grossen Favoriten ist.
In der «Bild» sprach van Gerwen von einem weiteren Wunsch nebst dem WM-Titel: von Olympia-Gold. «Wenn Schiessen olympisch ist, warum dann nicht auch Darts?», fragte er. «Ich weiss, das Körperliche fehlt. Aber mental ist Darts härter als alle anderen Sportarten. Es ist ein Eins-gegen-eins-Kampf, Match für Match. Es liegt aber nicht in meiner Hand.»
Das Preisgeld beträgt im sechsten Jahr in Folge 2,5 Millionen Pfund, das entspricht aktuell 2,76 Millionen Franken. Der Gewinner staubt 500'000 Pfund ab, der Finalist erhält 200'000. Doch schon die Qualifikation fürs Turnier rechnet sich: Wer in der 1. Runde ausscheidet, darf sich mit 7500 Pfund trösten.
Nichts Neues im Norden Londons: An der Darts-WM im Alexandra Palace sind Schweizer nur als Zuschauer dabei. Stefan Bellmont war nahe dran: In der Qualifikation gewann er die ersten fünf Partien und scheiterte erst im Halbfinal.