Der Stanley-Cup-Final bietet auch dieses Jahr beste Unterhaltung. Die ersten beiden Spiele waren hart umkämpft und spielerisch hochklassig. Vergangene Nacht setzten die Florida Panthers mit einem 6:1-Sieg in Spiel 3 ein Zeichen und die Edmonton Oilers reagierten mit Frust und Fäusten. Einige der besten Scharmützel und Szenen gegen Ende der Partie:
[EDM vs FLA] Everyone grabs a partner as the physicality intensifies midway through the third. Nurse and Gadjovich have a lengthy fight.
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Greer steals Walman's glove. Walman responds by shooting water at the Panthers bench.
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[EDM vs FLA] Perry makes a turtling gesture to some of the Panthers players as both teams head off at the end of the period
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Am Ende standen auf beiden Seiten insgesamt 140 Strafminuten zu Buche – am viertmeisten in der Geschichte aller Stanley-Cup-Finals. Das steht ein wenig exemplarisch dafür, dass spielerische Klasse alleine nicht reicht, um den Stanley Cup zu gewinnen. Natürlich braucht es diese auch. Es braucht absolute Superstars wie Connor McDavid, Leon Draisaitl, Matthew Tkachuk, Nathan MacKinnon oder Nikita Kutscherow, die Spiele prägen und entscheiden können. Aber um den ganz grossen Triumph feiern zu können, braucht jedes Team ein gewisses Mass an «Psychopathie».
Was ist damit gemeint? Die wenigsten Spieler würden das wohl zugeben, aber es geht in den Stanley-Cup-Playoffs auch darum, die Gegner physisch an die Grenzen zu bringen oder gar zu verletzen. Und es braucht den unbedingten Willen, seinerseits solche Versuche der Gegner auszuhalten – sowohl physisch als auch mental.
Die Florida Panthers sind ein Meister in beidem. Sie teilen Checks aus, provozieren und hauen ihren Gegnern abseits des Spielgeschehens auch mal einen Ellenbogen gegen den Kopf und verstecken sich dann hinter den Unparteiischen. Insbesondere Sam Bennett oder Aaron Ekblad schaffen es immer wieder, mit scheinbar zufälligen Situationen Gegner aus dem Spiel zu nehmen. Ein verdeckter Schlag gegen Toronto-Goalie Anthony Stolarz, ein Ellenbogen gegen den Kopf von Carolina-Stürmer Jackson Blake oder ein zufälliger Sturz auf das Bein von Edmonton-Goalie Stuart Skinner.
[FLA vs EDM] Skinner is slow to get up after Bennett falls on his right leg. He stays in the game and Bennett gets a minor for goalie interference.
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Aber auch die Oilers sind keine Kinder von Traurigkeit. Spieler wie Evander Kane und Corey Perry sind schon länger für ihre Unsportlichkeiten bekannt – und sie sind nicht allein. Im Western-Conference-Final verpasste Dallas-Stürmer Roope Hintz ein Spiel wegen eines Fussbruches nach einem Stockschlag von Darnell Nurse. Als er beim übernächsten Spiel wieder im Einsatz stand, schlug Edmontons Evan Bouchard dem Finnen erneut auf genau diese Stelle – als das Spiel längst unterbrochen war.
Evan Bouchard gives Roope Hintz a slash to the top of his foot in his return to the lineup.
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Doch warum ist es so, dass diese Brutalität und diese dreckigen Aktionen nötig sind? Die Schuld liegt am Ende bei den Schiedsrichtern und der Liga. Die Unparteiischen in der NHL sind nicht ausschliesslich dafür da, die Regeln so zu pfeifen, wie sie im Regelbuch stehen. Wenn ein Team mehr Powerplays als das andere erhält, sorgen sie mit gesuchten Strafen dafür, dass sich das Verhältnis wieder ausgleicht. Das ist nicht einfach eine Behauptung, sondern wurde in der Vergangenheit schon von Schiedsrichtern selbst auf Mikrofonen festgehalten. Gerade in den Playoffs pfeifen die NHL-Schiris je länger die Serien dauern, immer weniger – ausser es eskaliert gleich so wie in der vergangenen Nacht.
Auch disziplinarische Massnahmen sind in den Playoffs selten – insbesondere je länger diese dauern. In der ersten Runde wurden noch fünf Spieler für ein Vergehen gesperrt (drei davon in der Serie zwischen Florida und den Tampa Bay Lightning). Doch seither wurden keine Sperren mehr ausgesprochen – obwohl es durchaus Aktionen gegeben hätte, die solche verdienen. So verkommen die Eisflächen im Kampf um den Stanley Cup etwas zu einem rechtsfreien Raum.
Und für diese Art des Eishockeys sind längstens nicht alle Teams gemacht. Die Toronto Maple Leafs waren in den letzten acht Jahren eine der besten Mannschaften in der Regular Season. In den Playoffs kamen sie aber nie weiter als die zweite Runde – weil ihre Stars nicht in der Lage waren, dieses «dreckige» Spiel zu spielen und weil das Team rundherum nicht gut genug war.
Und auch die aus Schweizer Sicht interessanten New Jersey Devils bringen aktuell nicht das Rüstzeug mit, um diesen Härtetest über mehrere Serien zu bestehen. Jack Hughes ist verletzungsanfällig, auch Nico Hischier kämpft immer wieder mal mit Blessuren. Sie haben keinen Spieler, der in den Playoffs so richtig aufblüht, wie das Bennett oder Marchand derzeit für Florida oder Perry und Kane für die Oilers machen. Will Devils-GM Tom Fitzgerald sein Team für künftige Playoff-Serien rüsten, muss er das berücksichtigen.