Bei Testspielen ist das Resultat oft nicht das Wichtigste. Beim 4:2-Sieg der Schweiz in Salt Lake City am Samstag gegen Mexiko etwa war der Fokus genauso auf den Einstieg gerichtet wie auf den Ausgang. Die Frage lautete: Wie stellt Nationalcoach Murat Yakin auf und wie lässt er spielen? Und dies hatte in erster Linie mit einem Namen zu tun: Ardon Jashari.
Der 22-jährige Innerschweizer vom FC Brügge hat eine überragende erste Saison in Belgien hinter sich. Doch im Nationalteam hatte er bislang erst zwei Minuten gespielt (verteilt auf zwei Einsätze), in der eben abgelaufenen Spielzeit kam er nie zum Einsatz. Aber auf der USA-Reise kündigte Yakin früh an, Jashari ins Team einzubauen. «Wir wollen ein System kreieren, das Platz für die besten Kräfte bietet», war Yakins Aussage.
Die besten Kräfte? Zu diesen muss Jashari unbedingt gezählt werden. Grossartige Auftritte mit Brügge in der Champions League, zum besten Spieler der belgischen Liga gekürt, ein Marktwert, der in den letzten Monaten vervierfacht wurde und der vom aktuellen Nati-Kader nur von Gregor Kobel und Manuel Akanji übertroffen wird. Das sind die Fakten dazu.
Doch dann dies: Yakin beliess Jashari gegen Mexiko zunächst auf der Bank. Stattdessen nominierte er im zentralen Mittelfeld Vincent Sierro an der Seite der unbestrittenen Granit Xhaka und Remo Freuler. Der Nationalcoach begründete dies mit Automatismen, die gestärkt werden müssten.
Jashari kam erst nach der Pause für Xhaka ins Spiel. Er zeigte eine gute Leistung, hatte eine fast 100-prozentige Passquote und stand mit seinem geblockten Schuss auch am Ursprung des Game-Winning-Goals der Schweiz zum 2:1 durch Zeki Amdouni. «Ardon hat das in der Rolle vor der Abwehr sehr gut gelöst. Er war dynamisch und aggressiv», lobte Yakin hinterher.
Doch damit kann Jashari gerade nicht so viel anfangen. Denn Yakins Personalentscheid in Salt Lake City war ein Fingerzeig in Richtung WM-Qualifikation, die im September mit den beiden Heimspielen gegen Kosovo und Slowenien beginnt. Wenn der Nationalcoach vor dem Test gegen Mexiko nämlich nicht nur von den Automatismen sprach, sondern auch davon, dass es im Hinblick auf den Herbst «jetzt ernst gilt», dann lässt dies nur eine Interpretation zu: Yakin sieht Jashari im Gegensatz zu Sierro nicht in einem Dreiermittelfeld neben Xhaka, sondern eher als Ersatz für den Captain und Rekordnationalspieler. Diese Ansicht wird gestärkt durch die Tatsache, dass Sierro in allen drei Testspielen dieses Jahres in der Startformation stand.
Doch ist die Rolle des Ersatzmannes für Xhaka die richtige für einen Jashari in der aktuellen Verfassung? Yakin findet offenbar: ja. Auch, weil er vor dem Spiel gegen Mexiko sagte: «Vor der Abwehr ist Ardon am stärksten.» Jashari sieht dies anders, wie er nach dem Spiel im TV-Interview gegenüber SRF zu Protokoll gab. «Wenn es nach mir ginge, würde ich sehr gerne mit ihm (Granit Xhaka; Red.) auflaufen. Ich habe keine Zweifel, dass dies funktionieren würde.»
Dass er sich für einen Stammplatz im Nationalteam bereit sieht, das sagte Jashari indirekt auch noch. «Ich fühle mich jetzt besser integriert ins Team. Je mehr Minuten ich spiele und je mehr ich mich auch mit der Stammelf zeigen kann, desto weiter verbessert sich mein Standing.»
Xhaka-Ersatz oder Xhaka-Nebenmann? Die «Jashari-Frage» wird die Schweizer Nationalmannschaft nicht nur vor dem Testspiel gegen die USA in der Nacht auf Mittwoch in Nashville (2.00 Uhr Schweizer Zeit), sondern womöglich noch viel länger beschäftigen. Doch wie auch immer die Antwort lautet, sie wird Jashari nicht ganz zufriedenstellen.
Hat er nämlich die Ersatzrolle inne, muss er sich noch mindestens ein Jahr hintanstellen, denn Xhaka wird seine Nati-Karriere frühestens nach der WM 2026 beenden. Spielt er aber an der Seite von Xhaka, gehört ihm als «Achter» oder als «Zehner» eine Rolle, die ihm nicht auf Leib geschnitten ist. Oder zaubert Yakin doch noch eine weitere Lösung aus dem Hut? Er sagte ja: «Wir wollen ein System kreieren, das Platz für die besten Kräfte bietet.» (riz/aargauerzeitung.ch)