Die siebte Viertelfinal-Qualifikation der Schweizer Hockey-Nationalmannschaft in Serie stand schon nach 14 gewonnenen Punkten in den ersten fünf Partien fest. Das unterstreicht, dass Nationaltrainer Patrick Fischer seit der Amtsübernahme im Dezember 2015 das Team auf ein neues Level gebracht hat. Doch sind dadurch auch die Ambitionen selbstredend gestiegen. Ein Scheitern im Viertelfinal am Donnerstag wäre umso mehr eine Enttäuschung, als die Schweizer auf dem Papier wohl so stark besetzt sind wie noch nie.
Es zeigt sich allerdings auch, wie stark das Schweizer Team in der Offensive von den NHL-Stars abhängig ist. Verteidiger Roman Josi verbuchte in den ersten sechs Spielen sagenhafte elf Skorerpunkte (drei Tore), Nico Hischier zehn (fünf). Und der erst am Montag zum Team gestossene Kevin Fiala kommt in vier Partien auf sieben Punkte (vier). Insgesamt trafen die Schweizer 26 Mal.
Die grösste Baustelle der Eisgenossen ist das Unterzahlspiel. Einzig Österreich ist im Boxplay schlechter. Gegen die Kanadier kassierten die Schweizer alle drei Tore mit einem Mann weniger, insgesamt liessen sie in Unterzahl sieben Gegentreffer zu. Das spricht Bände, auch wenn Fischer findet, dass das Boxplay grundsätzlich funktioniere. Es gilt, den Puck konsequenter aus der Gefahrenzone zu spielen.
Sonst läuft es wie gewünscht. Im Powerplay sind die Schweizer mit einer Erfolgsquote von 35,71 Prozent hinter Deutschland (45,45) die Nummer 2 des Turniers, und im Spiel fünf gegen fünf kassierten sie in den letzten vier Partien kein Tor. «Wir sind kompakt, die Stürmer helfen gut nach hinten», freut sich Fischer. Wenn der Gegner in ihrer defensiven Zone sei, würden sie nur wenig Chancen zulassen. «In Schwierigkeiten bringen wir uns nur dann, wenn wir das Puck-Management nicht im Griff haben oder nicht entschlossen die nächste Zone suchen. Das führt zu Kontern.»
Vom Spiel gegen Kanada zeigte sich Fischer begeistert. «Die Fans waren top, die Intensität hoch und die Qualität gut. Kanada hat ein starkes Team und war heute um ein Tor besser.» Zur Schlüsselszene der Partie - Kevin Fiala musste in der 27. Minute wegen «Kneeing» mit einer Fünfminuten-Strafe vorzeitig unter die Dusche, worauf den Kanadiern die Wende vom 1:2 zum 3:2 gelang - sagte Fischer: «Für mich war es ein sauberer Check auf offenem Eis und daher ein harter Entscheid. Ich mache Kevin keine Vorwürfe, den Schiedsrichtern aber auch nicht. Das ist scheinbar die Regel.»
Aufgrund der Niederlage gegen die Nordamerikaner nach 60 Minuten ist klar, dass die Schweizer den Viertelfinal am Donnerstag in Ostrava bestreiten müssen. Sie werden am Mittwochmorgen von Prag aus mit dem Zug dorthin reisen, die Fahrt dauert gut drei Stunden. «Ganz ehrlich, es wäre gemütlicher gewesen, wenn wir hier hätten bleiben können», so Fischer. «Aber darum geht es nicht. Der Weg führt nun halt über Ostrava.»
Zuerst einmal steht am Dienstagabend um 20.20 Uhr noch das Spiel gegen Finnland im Programm. Holen die Schweizer einen Punkt mehr als die Tschechen zuvor gegen Kanada, beenden sie die Gruppe A im 2. Rang und würden dann wohl wie 2021 (2:3 n.P.) und 2023 (1:3) im Viertelfinal auf Deutschland treffen. Bleiben sie Dritte, heisst der Gegner sehr wahrscheinlich USA.
Für die Finnen geht es gegen die Schweizer wohl um alles. Denn wenn die vom Zürcher Roger Bader gecoachten Österreicher, das Überraschungsteam der WM, gegen Aufsteiger Grossbritannien in der regulären Spielzeit gewinnen, brauchen die Nordländer gegen die Eisgenossen – einen Sieg am Montagabend gegen Dänemark vorausgesetzt – für die Viertelfinal-Qualifikation mindestens einen Punkt. Es wartet also ziemlich sicher ein weiterer echter Härtetest auf die Schweizer, die zuletzt viermal hintereinander gegen den Olympiasieger von 2022 verloren haben. (pre/sda)