Es gibt gewisse Parallelen zwischen Mathias Seger und Kevin Fiala – obwohl zwischen den beiden 19 Jahre Altersunterschied liegen und sie auf unterschiedlichen Positionen spielen. Beide spielen in ihrer Jugend in der Ostschweiz beim EHC Uzwil. Beide wechseln im Verlauf ihrer Karriere in die Organisation der ZSC Lions. Doch da hört es dann auch auf mit den Gemeinsamkeiten.
Während Seger bei den Lions blieb, seine Karriere dort vermutlich auch beenden wird und seit Jahren als Musterprofi gilt, schlägt Fiala einen anderen Weg ein. Im Alter von 16 Jahren verlässt er die Schweiz und wechselt nach Schweden in die Juniorenabteilung der Malmö Redhawks. Ein Jahr später absolviert er für HV71 Jönköping bereits die ersten Spiele in der höchsten schwedischen Liga und weiss zu überzeugen – in 25 Spielen erzielt er vier Tore und 13 Assists.
Im selben Jahr absolviert Fiala als erster Schweizer überhaupt Weltmeisterschaften mit drei verschiedenen Nationalteams. Nach der U18- und der U20-WM bietet Sean Simpson den damals 17-Jährigen auch für die A-Weltmeisterschaft in Minsk auf. Der Flügel begeistert die Hockeyschweiz mit seiner Kreativität und seinen technischen und läuferischen Fähigkeiten. Der eher kleine und leichte Stürmer mahnt vom Spielertyp her an Damien Brunner. Seine grössten Stärken sind die Puckkontrolle, Abschlussstärke und seine Schnelligkeit. Das Körperspiel ist eher bei den Schwächen anzusiedeln.
Den Lohn für die starke Saison kassiert Fiala beim NHL-Draft 2014. Die Nashville Predators ziehen den Ostschweizer an elfter Stelle in der ersten Runde und machen aus Fiala damit den zu diesem Zeitpunkt am zweithöchsten gedraftete Schweizer nach Nino Niederreiter (5. Stelle). Dennoch muss sich er sich auf sein NHL-Debüt gedulden. Die «Preds» schicken ihn zunächst zurück nach Schweden zu HV71.
Nice to be drafted by Nashville.
— Kevin Fiala (@KevinFiala22) 28. Juni 2014
Big #Smashville welcome to @KevinFiala22 and @jneal_18!
— Nashville Predators (@PredsNHL) 28. Juni 2014
Eine Entscheidung, mit welcher der Schweizer mit tschechischen Wurzeln offenbar Mühe hat. Bei Jönköping gibt es Differenzen zwischen ihm und seinem Trainer. Daraufhin wird er für mehrere Spiele suspendiert. Nach der U20-WM 2015 holen ihn die Predators zurück nach Nordamerika und wollen ihn im Farmteam von Milwaukee an das dortige Hockey heranführen. Aber auch in der AHL macht Fiala vor allem durch Undiszipliniertheiten von sich reden.
Der Uzwiler beleidigt einen Schiedsrichter und wird dafür erneut suspendiert. In 66 Spielen für Milwaukee sammelt er zwar 50 Punkte aber auch 78 Strafminuten. Sein schlechtes Defensivspiel wird scharf kritisiert. In der Schweiz sorgt er für Kopfschütteln, als er dem damaligen U20-Nationaltrainer John Fust eine Absage für die Junioren-WM in Finnland erteilt. Trotz fünf Spielen für Nasvhille und einem Tor, ein grosser Teil der Fans der Predators glaubt: Dieser Kevin Fiala hat in der NHL keine Zukunft.
Doch der Stürmer ist zu diesem Zeitpunkt immer noch ein Teenager. Ins Vorbereitungscamp der Predators für die Saison 2016/17 rückt der heute 20-Jährige scheinbar geläutert ein. «Meinen grössten Schritt habe ich neben dem Eis gemacht. Ich hoffe, diese Saison menschlich reifer zu sein», gibt Fiala damals zu Protokoll. Aber auch körperlich hat er dank diszipliniertem Sommertraining grosse Fortschritte erzielt.
Und tatsächlich: Der Flügel darf die Saison in der NHL beginnen. Als er im November erneut ins Farmteam abgeschoben wird, nimmt er das als Ansporn und drängt sich wieder für die NHL auf.
Seit Februar spielt Fiala nur noch für die Predators und er wird immer besser. Headcoach Peter Laviolette schenkt dem Uzwiler immer mehr Vertrauen und Fiala bezahlt dieses Vertrauen zurück. In den letzten beiden Playoffspielen gegen Chicago traf er je einmal – in der Nacht auf heute erzielte er gar den vielumjubelten Game-Winner in der Verlängerung.
Die Fans in Nashville haben sich getäuscht: Dieser Kevin Fiala hat eine Zukunft in der NHL. Dieser Kevin Fiala hat sich gewandelt. Vom Supertalent, zum Problemstürmer, zum Playoff-Helden.