Sport
Eismeister Zaugg

Der HC Davos hatte tatsächlich (auch) ein Trainerproblem

epa07249602 Hitsch the mascotte during the game between HC Davos and Team Canada, at the 92nd Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, 26 December 2018. EPA/MELANIE DUCHENE
Hitsch, das HCD-Maskottchen, ist guter Dinge.Bild: EPA/KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Es wird immer klarer: Der HCD hatte tatsächlich (auch) ein Trainerproblem

Der Trainerwechsel wirkt: Davos verliert zum Auftakt des Spengler Cups eine intensive Partie gegen Team Canada 1:2 (0:1, 1:1, 0:0) und kehrt immer mehr zur Normalität zurück.
27.12.2018, 08:5327.12.2018, 09:13

Wie kann es sein, dass der HC Davos in der laufenden Meisterschaft schlechter dasteht als vor einem Jahr der spätere Absteiger Kloten? Der Rückstand auf den letzten Playoffplatz ist grösser als jener der Klotener zum gleichen Zeitpunkt der letzten Saison.

epa07249587 Davos' head coach Harijs Vitolins during the game between HC Davos and Team Canada, at the 92nd Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, 26 December 2018. EPA/GIAN EH ...
Davos' neuer Trainer Harijs Witolinsch.Bild: EPA/KEYSTONE

Und nun ein 1:2 gegen ein starkes Team Canada. Eine höchst ehrenvolle Niederlage. Ein intensives, schnelles Spiel. Ein HCD ab dem zweiten Drittel auf der Höhe seiner Hockeykunst. Wie zu den besten Zeiten von Arno Del Curto. Gut organisiert, blitzschnell im Konterspiel, mutig in den Zweikämpfen, schlau im Timing des Forecheckings.

Wäre der Respekt vor dem Gegner am Anfang nicht so gross gewesen, hätten die Davoser von allem Anfang an ihr Spiel gespielt, hätten sie wahrscheinlich gewonnen.

Aber lassen wir alles hätte, könnte, wäre. Und gehen ganz einfach der Frage nach: Wie kann es sein, dass diese Mannschaft in der laufenden Meisterschaft auf dem zweitletzten Platz steht? Praktisch ohne Chance, die Playoffs noch zu erreichen. Eine historische Misere. Seit dem Wiederaufstieg von 1993 hat der HCD die Playoffs nie verpasst.

Die Karriere von Arno Del Curto

1 / 15
Die Karriere von Arno Del Curto
Arno Del Curto war der «ewige» Trainer beim HC Davos. Er unterschrieb auf die Saison 1996/1997 und amtete 22 Jahre als Cheftrainer.
quelle: keystone / arno balzarini
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Wie kann das alles sein? Wenn wir das Spektakel gegen die Kanadier, die Entwicklung der Mannschaft seit dem Trainerwechsel in aller Ruhe betrachten, bekommen wir fast auf alle Fragen zur epochalen HCD-Krise eine Antwort.

Erstens: Der HCD hat seine Ausländerpositionen nicht gut genug besetzt. Jahrelang spielte es keine entscheidende Rolle, ob der HCD zwei, drei oder vier exzellente ausländische Arbeitnehmer hatte. Sie waren – von einigen Ausnahmen abgesehen – oft in der Rolle der Ergänzungsspieler.

Der HCD ist immer von der «Schweizer Garde» rund um Trainer Arno Del Curto («Zeugen DelCurtos») geführt worden. Aber jetzt gibt es diese Kerngruppe nicht mehr, die nominelle Besetzung mit helvetischen Spielern ist so schwach wie noch nie in diesem Jahrhundert. Das HCD-Spiel lebt also mehr als zuvor von den Ausländern. Wollen die Davoser wieder ein sicherer Playoff-Anwärter werden, brauchen sie vier überdurchschnittliche Ausländer.

Bis zu einem gewissen Grad kompensierten gegen Kanada die beiden Spengler Cup-Verstärkungsspieler Linus Klasen (von Lugano) und Dario Simion (von Zug) diese nominellen Schwächen. Es ist kein Zufall, dass sie Thierry Bader beim Anschlusstreffer zum 1:2 flankierten.

Zweitens. Der HCD hat ein Torhüterproblem. Ein grosser, ja schon ein überdurchschnittlicher Torhüter hätte den HCD gegen die Kanadier länger im Spiel gehalten und die zwei ersten Treffer verhindert. Anders Lindbäck war, wieder einmal, ein unkonstanter Spektakelgoalie.

Davos'goalkeeper Anders Lindbaeck during the game between HC Davos and Team Canada, at the 92th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, Wednesday, December 26, 2018. (KEYSTONE/M ...
Goalie Lindbäck ist kein sicherer Rückhalt.Bild: SPENGLER CUP

Nicht die grossen Paraden (er hielt auch einen Penalty) zählen in der Endabrechnung. Sondern nur die kassierten Treffer – und in der Beurteilung, wie der Schwede diese zwei Treffer kassiert hat. Beide waren bei strenger Beurteilung haltbar. Wenn der Torhüter eine Ausländer-Lizenz beansprucht, dann ist die Beurteilung immer streng.

Drittens. Der HCD hatte ein Trainerproblem. Ganz offensichtlich ist es Harijs Witolinsch gelungen, Ruhe, Ordnung und Disziplin durchzusetzen. Die Verunsicherung weicht einem neuen Selbstvertrauen. Noch ist die HCD-Zuversicht ein empfindliches Pflänzchen. Aber es wird gedeihen. Der ruhige, kluge Michel Riesen ist der perfekte Assistent für den temperamentvollen neuen Chef, seine ideale Ergänzung.

Die Partie gegen Kanada war das dritte Spiel unter dem Nachfolger von Arno Del Curto. Nach zwei Siegen in Fribourg (3:2) und gegen Ambri (3:2 n.V) nun diese ruhmreiche 1:2-Niederlage. Die wilde Hektik, die ein Merkmal des HCD-Spiels während Arno Del Curtos Götterdämmerung war, gibt es nicht mehr.

Davos' head coach Harijs Witolinsch during the game between HC Davos and Team Canada, at the 92th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, Wednesday, December 26, 2018. (KEYSTONE ...
Witolinsch dirigiert sein Team.Bild: SPENGLER CUP

Im Rückblick erkennen wir, dass diese Götterdämmerung spätestens im letzten Februar mit der Schmach im Cupfinal gegen die Rapperswil-Jona Lakers begonnen hat. Mit dieser 2:7-Pleite hatte ganz offensichtlich eine Entwicklung begonnen, die nicht mehr zu stoppen war.

Der HCD findet nun immer mehr zur spielerischen, taktischen, defensiven und auch sonstigen Normalität zurück. Was sich auch in einer Nebensächlichkeit neben dem Eis zeigt. Ach, war das jeweils ein Theater, bis Arno Del Curto nach einer Partie den Chronistinnen und Chronisten Red und Antwort stand. Manchmal geruhte er auch nicht zu den gewöhnlich Sterblichen zu sprechen.

Und nun ist es so unkompliziert wie bei allen anderen Klubs: Der Cheftrainer kommt, sagt ein paar Sätze, beantwortet geduldig und freundlich die Fragen und alle sind zufrieden.

Der Cheftrainer ist beim HCD nicht mehr der Zampano, um den sich ein ganzes Hockeyunternehmen dreht und nach dessen Pfeife alle tanzen. Der Cheftrainer ist, so wie anderorts, der wichtigste Angestellte der Sportabteilung. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Der HCD wird zwar auch unter neuer Leitung die Playoffs mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr erreichen. Aber der Ligaerhalt ist, anders als vor einem Jahr beim EHC Kloten – nicht in Gefahr. Zumal sich beim HCD, auch das wiederum im Gegensatz zum EHC Kloten, keine Auflösungserscheinungen zeigen und Präsident Gaudenz Domenig in diesen unruhigen Zeiten zu keinem Zeitpunkt die Übersicht und die Ruhe verloren hat.

Wir erkennen immer deutlicher: Die Zeit von Arno Del Curto war abgelaufen. Und es spricht für ihn, dass er das selber eingesehen und die Bühne verlassen hat. So viel menschliche Grösse hat vielleicht einer von 1000 Trainern.

Die Spengler-Cup-Sieger im neuen Jahrtausend

1 / 25
Die Spengler-Cup-Sieger im neuen Jahrtausend
2024: Fribourg-Gottéron gewinnt den ersten Titel der Vereinsgeschichte. Die Schweizer schlagen im Final die Straubing Tigers mit 7:2.
quelle: keystone / melanie duchene
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Unvergessene Eishockey-Geschichten
Bobby Orr entscheidet mit dem «Flying Goal» den Stanley-Cup-Final
Bobby Orr entscheidet mit dem «Flying Goal» den Stanley-Cup-Final
von Ralf Meile
Ralph Krueger schreibt das wichtigste SMS der Schweizer Hockey-Geschichte 
8
Ralph Krueger schreibt das wichtigste SMS der Schweizer Hockey-Geschichte 
von Klaus Zaugg
Deutschland verpasst die grosse Sensation, weil der Puck auf der Linie kleben bleibt
Deutschland verpasst die grosse Sensation, weil der Puck auf der Linie kleben bleibt
von Ralf Meile
NHL-Star Darryl Sittler stellt einen Rekord für die Ewigkeit auf
1
NHL-Star Darryl Sittler stellt einen Rekord für die Ewigkeit auf
von Adrian Bürgler
04.01.1987: Als nach der grössten Prügelei aller Zeiten die Lichter ausgingen und ein Spiel die Eishockey-Welt veränderte
04.01.1987: Als nach der grössten Prügelei aller Zeiten die Lichter ausgingen und ein Spiel die Eishockey-Welt veränderte
von Klaus Zaugg
16.01.1905: Nach 23 Tagen Anreise werden die Dawson City Nuggets im Stanley-Cup-Final mit 2:23 vermöbelt
1
16.01.1905: Nach 23 Tagen Anreise werden die Dawson City Nuggets im Stanley-Cup-Final mit 2:23 vermöbelt
von Ralf Meile
19.10.1996: Del Curto klärt seine Spieler auf: «Zum Schiri nüma ‹Fuck you› sägä, äs git zwei Minuta, hä!»
2
19.10.1996: Del Curto klärt seine Spieler auf: «Zum Schiri nüma ‹Fuck you› sägä, äs git zwei Minuta, hä!»
von Reto Fehr
24.02.2006: Neunmal das F-Wort in einer Minute – Greg Holst macht sich mit legendärem Ausraster-Interview unsterblich
24.02.2006: Neunmal das F-Wort in einer Minute – Greg Holst macht sich mit legendärem Ausraster-Interview unsterblich
von Syl Battistuzzi
14.05.2008: Philippe Furrer schiesst das kurioseste Eigentor der Schweizer Hockey-Geschichte
14.05.2008: Philippe Furrer schiesst das kurioseste Eigentor der Schweizer Hockey-Geschichte
von Klaus Zaugg
10.10.1979: Ein gewisser Wayne Gretzky bestreitet sein erstes Spiel in der NHL – er wird sämtliche Rekorde pulverisieren
3
10.10.1979: Ein gewisser Wayne Gretzky bestreitet sein erstes Spiel in der NHL – er wird sämtliche Rekorde pulverisieren
von Ralf Meile
18.02.2006: Die «Eisgenossen» spielen kanadischer als die Kanadier und rächen sich für eine uralte Schmach
2
18.02.2006: Die «Eisgenossen» spielen kanadischer als die Kanadier und rächen sich für eine uralte Schmach
von klaus zaugg
11.03.1979: NHL-Haudegen Randy Holt prügelt sich zu einem bis heute gültigen Rekord – 67 Strafminuten in einem einzigen Spiel
11.03.1979: NHL-Haudegen Randy Holt prügelt sich zu einem bis heute gültigen Rekord – 67 Strafminuten in einem einzigen Spiel
von Ralf Meile
08.04.1980: Sie wissen nicht, was sie tun, als sich zwei Schweden als erste Hockeyspieler einen Playoff-Bart wachsen lassen
08.04.1980: Sie wissen nicht, was sie tun, als sich zwei Schweden als erste Hockeyspieler einen Playoff-Bart wachsen lassen
von Ralf Meile
28.01.2009: Die Zürcher Löwen krönen sich zu Europas Eishockey-Königen
8
28.01.2009: Die Zürcher Löwen krönen sich zu Europas Eishockey-Königen
von Klaus Zaugg
24.03.1936: Im längsten Hockey-Spiel aller Zeiten fällt das goldene Tor erst im 9. Drittel – um 2.35 Uhr nachts
24.03.1936: Im längsten Hockey-Spiel aller Zeiten fällt das goldene Tor erst im 9. Drittel – um 2.35 Uhr nachts
von Klaus Zaugg
28.12.1999: «La Montanara» erklingt in Berlin – Ambri krönt sich zum europäischen Champion
28.12.1999: «La Montanara» erklingt in Berlin – Ambri krönt sich zum europäischen Champion
von Reto Fehr
31.03.2009: Nie haben wir uns mehr über ein Tor gegen die Schweizer Nati gefreut als bei Omarks Penalty-Trick
3
31.03.2009: Nie haben wir uns mehr über ein Tor gegen die Schweizer Nati gefreut als bei Omarks Penalty-Trick
von Ralf Meile
22.09.2012: Rick Nash meldet sich mit einem Blitz-Hattrick in der Schweiz zurück
22.09.2012: Rick Nash meldet sich mit einem Blitz-Hattrick in der Schweiz zurück
von Sandro Zappella
30.12.1981: Wayne Gretzky schafft den verrücktesten seiner Rekorde: 50 Tore in 39 NHL-Spielen
30.12.1981: Wayne Gretzky schafft den verrücktesten seiner Rekorde: 50 Tore in 39 NHL-Spielen
von Klaus Zaugg
26.12.1993: Dank Chomutow und Bykow träumt Aufsteiger Davos vom ersten Spengler-Cup-Titel seit 35 Jahren
26.12.1993: Dank Chomutow und Bykow träumt Aufsteiger Davos vom ersten Spengler-Cup-Titel seit 35 Jahren
von Philipp Reich
Amerikas College-Boys erlegen den russischen Bären
Amerikas College-Boys erlegen den russischen Bären
von peter blunschi
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
16 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
HotIce
27.12.2018 12:06registriert Oktober 2018
schöner bericht und wohl ziemlich nah dran an der wahrheit (die wir eh nie ganz erfahren werden)
ich bin arno fan. aber es wäre für alle besser gewesen, er wäre 2 jahre früher, geordnet gegangen.
nun ist es halt eine verkackte saison, aber bin dennoch stolz wie im hcd mit der situation umgegangen und etwas neues aufgebaut wird. es ist eine grosse chance, dem club zeitgemässe strukturen zu verpassen.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tikkanen
27.12.2018 09:12registriert November 2014
...richtig Chlöisu, war so nicht zu erwarten, aber anscheinend wird sich der HCD tatsächlich wieder fassen und zum Glück in der NLA bleiben. Wird jetzt noch der Päscu Sportchef werden künftig auch die Ausländerpositionen besser besetzt, Müller hat ja in seiner kurzen Klotener Leidenszeit einen guten Riecher bewiesen (Shore, Mueller)🤔 Und die Chance hat Päscu sowieso verdient, schliesslich war er erste Wahl als Salis Nachfolger beim Z, ohne Lehmanns Sturheit würde er anstelle vom Heimwehbernet Sven stehen☹️
Item, bezüglich AdC gilt offensichtlich „Der König ist tot, es lebe das Kollektiv“😂🍻
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Focke
27.12.2018 13:17registriert September 2016
ADC war sicherluch nicht nur ein Segen. Dennoch sind seine Erfolge tatsache. das hat noch kein Trainer vor ihm erreicht. Wünsche dem HCD unddem neuen Trainer erfolg, doch zwei Siege sind noch gar nichts. warten wir mal ab.
00
Melden
Zum Kommentar
16
Mujinga Kambundji würdigt Schwester Ditaji: «Das Schönste, was man ihr wünschen konnte»
Das sagt die hochschwangere Schwester Mujinga zum sensationellen WM-Gold von Ditaji Kambundji.
Ditaji Kambundji sprintet in Tokio zum ersten WM-Gold einer Schweizer Leichtathletin. Während ihre Eltern Ruth und Safuka gemeinsam mit der Tante die Heldentat live im Olympiastadion von 2021 miterleben, schaut sich die hochschwangere Schwester Mujinga das Rennen bei ihrer Grossmutter Hanni Nafzer an.
Zur Story