Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Der Klub trägt den Namen einer Gegend: Ajoie. Zu Deutsch: Elsgau. Der Hauptort dieses vergessenen Landes hinter den sieben Jurabergen heisst Pruntrut. Die zweitgrösste Stadt des Kantons Jura.
Die Ajoie bzw. das Elsgau erstreckt sich über eine Fläche von rund 300 Quadratkilometern auf etwa 400 bis 600 Metern über Meer. Dieses weite, fruchtbare Grenzland zu Frankreich mahnt ein bisschen an die kanadische Provinz Quebec und darum fühlen sich frankokanadische Spieler und Trainer hier besonders wohl. Eine ähnliche Landschaft wie daheim, grosse Kirchen, viele Dörfer, feurige Hockeybegeisterung und die gleiche Sprache.
In Pruntrut spielt der HC Ajoie, benannt nach eben dieser Landschaft. Wenn der Reisende die Autobahn verlässt, um zum Stadion zu fahren, kommt er an einer Garage für Luxusautos vorbei. Wer den HC Ajoie besuchen will, sieht zuerst Lamborghinis und Ferraris. Was natürlich einen falschen Eindruck erweckt.
Präsident Patrick Hauert – er stellt in seinem Betrieb Uhrengehäuse für die Marke Breitling her – ist um vernünftiges Wirtschaften und haushälterischen Umgang mit Geld besorgt. Das Budget liegt lediglich bei drei Millionen Franken und nicht alle Stars sind Profis. Steven Barras, Kultstürmer, eigentlich gut genug für die NLA, gibt seine Karriere im Alter von erst 33 Jahren nach über 700 NLB-Partien (fast ein Punkt pro Spiel) Ende Saison auf.
Er hat einen 50 Prozent-Job bei der Jurassischen Kantonalbank und wird nun befördert. «Wir bedauern den Rücktritt» sagt Patrick Hauert. «Aber es schadet ja auch nicht, wenn wir in den oberen Etagen unseres Sponsors einen weiteren Fürsprecher für das Eishockey haben.» Auch Verteidigungsminister und Captain Jordane Hauert (29), der Bub des Präsidenten, arbeitet. Eigentlich wäre auch er gut genug für die National League A. Er hat es einst in Bern halt beim falschen Klub versucht.
Erst 1973 ist dieses aussergewöhnliche Hockeyunternehmen entstanden. Gehäutet und geläutert durch viele Krisen und Beinahe-Pleiten hat der HC Ajoie nach Jahren des Ruhmes mit zwei Aufstiegen in die NLA (1988, 1992) aber auch drei Abstiegen bis hinunter in die 1. Liga seinen Frieden in der NLB gefunden.
Clubgründer Charly Corbat, der Geo Mantegazza der Ajoie (nicht so reich wie der Lugano-Patriarch, aber ebenso hockeyverrückt) ist über 80 Jahre alt. Er ist immer noch bei jedem Spiel dabei und verfolgt das Geschehen vom Klubbüro im Stadion aus. Dabei echauffiert er sich wie eh und je. Eigentlich schade, dass in zwei Jahren ein neues Stadion entsteht. Denn die Patinoire Voyeboeuf, aus Holz gebaut für 4200 Fans, ist mindestens so kultig wie die Valascia. Wer als Gast hierherkommt, wird nicht rechtzeitig wieder zu Hause sein. Denn die Gastfreundschaft ist herzlich, die Spiele sind Volksfeste, es rockt rund ums Stadion im besten Wortsinne. Schliesslich ist die Ajoie auch berühmt für Weinbau und als «Obstgarten des Juras» für gebrannte Wasser, für den legendäre Damassine-Pflaumenschnaps.
Mit Garry Sheehan (51) hat Ajoie wieder einmal den richtigen Trainer gefunden. Der eingebürgerte Kanadier setzt auf junge Spieler (Durchschnittsalter des Teams: 22,7 Jahre) und zelebriert ein ähnliches Hockey wie Arno Del Curto. Die beiden 25-jährigen kanadischen Stürmer Philip-Michaël Devos und Jonathan Hazen hat er selber gesucht. Sie stammen wie er aus Quebec. Für die grosse Karriere hat es nicht gereicht, aber für die NLB sind sie perfekt, wahrscheinlich wären sie auch gut genug für die NLA.
Gary Sheehan setzt als «Arno Del Curto des armen Mannes» auf Dynamik, Tempo, Intensität, Präzision und gute Defensivorganisation. Auf mitreissende, begeisternde Art und Weise ist der favorisierte EHC Olten vor allem in den Heimpartien dominiert und im besten Wortsinne vom Eis gefegt worden. Und so weckt Ajoie kühne Hoffnungen in Langnau und Biel. Wenn es nämlich auch noch gelingt, im NLB-Finale die Lakers zu bodigen – dann sind Langnau und Biel gerettet. Denn Ajoie hat kein Gesuch um Aufstiegsbewilligung eingereicht. Spielplangeneral Willi Vögtlin bestätigt: «Wenn Ajoie B-Meister wird, gibt es keine Liga-Qualifikation und damit auch keinen Absteiger.»