Die Playoffs lassen sich auch so definieren: die Fortsetzung des Eishockeys mit anderen Mitteln. Wenn wir also beurteilen wollen, ob die Zuger für die Playoffs «zwäg» sind, dann schauen wir, ob sie auch diese Fortsetzung des Eishockeys mit anderen Mitteln beherrschen.
So gesehen stimmt nicht unbedingt der Sieg gegen die SCL Tigers im Hinblick auf die Playoffs zuversichtlich. Aber die Art und Weise wie die Zuger siegten. Die zentralen Faktoren waren nicht eine spielerische oder taktische Überlegenheit.Sondern die Fortsetzung des Eishockeys mit anderen Mitteln.
Die Langnauer können gegen einen Titanen wie Zug (aus Sicht der Emmentaler ist Zug nach wie vor ein Titan) nur gewinnen, wenn ihre beiden Leitwölfe Chris DiDomenico (29) und Harri Pesonen (39) ihr bestes Eishockey zelebrieren. Dabei ist die Energie des Kanadiers als «Dynamo» des Langnauer Spiels mindestens so wichtig wie die Dynamik des Finnen.
Zu Beginn des Schlussdrittels führt Zug 3:1 und die Langnauer sind nach wie vor genug für eine Aufholjagd. Aber Chris DiDomenico fehlt. In Zug ein 1:3 aufholen ohne den Kanadier? Fast unmöglich.
Zugs Jungspund Thomas Thiry (21) hatte Langnaus Topskorer verbal so lange provoziert bis beide unmittelbar nach Schluss des zweiten Drittels für je 10 Minuten auf die Strafbank geschickt wurden.
Was war passiert? «Wir waren schon während des Spiels mehrmals aneinander geraten» erzählte Thiry nach dem Match mit einem verschmitzten Lächeln wie ein Lausbub nach einem gelungenen Streich. «Von da an hat ein Wort das andere gegeben. Unmittelbar nach dem zweiten Drittel haben wir noch auf dem Eis die Meinung gesagt. Die Schiedsrichter forderten uns auf, die Unterhaltung sofort zu beenden und in die Kabine zu gehen. Aber wir waren noch nicht fertig und so bekamen wir halt beide je eine zehn Minuten Strafe.»
Er denkt kurz nach, rechnet und sagt: «Er hat ja im Spiel auch noch zwei zwei Minuten Strafen bekommen und fehlte somit seiner Mannschaft während 14 Minuten…»
Die Rechnung ist aufgegangen: die Zuger«opferten» einen Verteidiger, den sie durchaus entbehren konnten (nur 8:08 Minuten Eiszeit) und brachten so Langnaus wichtigsten Spieler (trotz 13 Minuten und 56 Sekunden auf der Strafbank 18.55 Minuten Eiszeit) aus dem Konzept.
Kein Schelm, wer da fragt: War es also eine gezielte Provokation? «Nein, es hat keine Anweisung des Coaches gegeben», sagt der französische Nationalspieler mit Schweizer Lizenz. «Alles hat sich durch die Intensität des Spiels gegeben und es war für mich ja klar, dass ich ein Auge auf den gegnerischen Topskorer haben musste.» Er habe seinen Job halt auf seine Weise erledigt. Mit den Mitteln, die er ins Spiel bringen kann. «Ich werde ja nie Tore schiessen wie Rafael Diaz…»
Im Scheinwerferlicht stehen die Skorer. Die eleganten «Kufentiere» wie Lino Martschini oder eben Rafael Diaz. Aber für die richtige Playoff-Mischung braucht es auch die kräftigen, rauen Kerle wie Thomas Thiry (191 cm, 98 kg).
Nebst dieser guten Mischung benötige Zug allerdings auch ein wenig den Beistand der Hockey-Götter. Der erste Treffer markierte Yannick Lennart Albrecht direkt aus dem Anspiel heraus («Bully-Tor»). So ein Tor gelingt einem Stürmer vielleicht einmal in einer Karriere. «Ich kann mich nicht erinnern, je in einem Spiel oder in einem Training so getroffen zu haben.»
Zweimal trafen die Langnauer bloss die Torumrandung und in der Endphase hatte der teuflisch schnelle Harri Pesonen die ganze Abwehr inklusive Goalie Tobias Stephan in Unterzahl ausgespielt und brachte den Puck dann doch nicht mehr über die Linie (58. Minute).
Es wäre der Anschlusstreffer zum 4:3 gewesen und hätte den Zuger wahrscheinlich noch ein paar heisse Szenen beschert. Aber in Gefahr wären sie wohl doch nicht mehr geraten. Denn für die letzten zwei Minuten musste Chris DiDomenico noch einmal für seine Strafminuten 13 und 14 auf dem «Sündenbänklein» Platz nehmen. Sichtlich gereizt und emotional erhitzt durch seine Fehde gegen Thomas Thiry.
Es hat den Zugern also bis ganz am Schluss geholfen, dass sie dazu in der Lage waren, Eishockey mit anderen Mitteln fortzusetzen. Gegen Langnaus Chris DiDomenico hat es funktioniert. Aber nicht alle Leitwölfe werden in den Playoffs eine so kurze Zündschnur.