Zuerst noch einmal ein Blick zurück. Um eine erstaunliche, schwierige Anpassung besser erklären zu können. Am Dienstag sind die Zürcher im ersten Finalspiel gleichsam zum ersten Sieg «geflogen». Mit erstaunlicher, schier unfassbarer Leichtigkeit. Dank ihrer spielerischen Überlegenheit. Nach 12 Minuten und 18 Sekunden führen sie 2:0 und alles ist vorbei. Nach einer guten halben Stunde steht das Schlussresultat (3:0) bereits fest. Die ZSC Lions, wie sie spielerisch singen und lachen und bedingungslos Ernst machen. In Lausanne. Auswärts also. Dort, wo sie vor einem Jahr alle drei Finalpartien verloren haben.
Kann es im Final so weitergehen? Nein. Lausannes Reaktion im zweiten Spiel in Zürich ist heftig. Im zweiten Final wird endlich wahres, richtiges, uriges, intensives Hockey gespielt und ein Drama sondergleichen aufgeführt. Die ZSC Lions siegen erst in der Verlängerung 3:2. Die Zürcher können nicht mehr fliegendes Hockey zelebrieren. Nun müssen sie zu Fuss gehen. Und sie schaffen diese denkbar schwierige Umstellung.
Christian Marti, ihr härtester Mann, muss nicht einmal eingreifen. Natürlich steht er im Einsatz. Aber Trainer Marco Bayer teilt ihm «nur» 16:00 Minuten Eiszeit zu. Das ist sogar weniger als sein durchschnittliches Arbeitspensum in diesen Playoffs (17:39 Minuten).
Wie gut die ZSC Lions die Umstellung auf die neue Gangart schaffen, zeigt sich auch darin, dass es genügt, dass Christian Marti mit Ruhe, Umsicht und Gelassenheit verteidigt. So intensiv die Partie auch ist: Zürichs grösster, schwerster und bei Bedarf härtester Mann (193 cm / 97 kg) muss nicht rumpeln. Auf die entsprechende Frage muss er fast ein wenig schmunzeln. Es sei ein intensives Spiel gewesen. Aber fair und ohne gefährliche Checks oder Provokationen. «Es gab keinen Grund, einzugreifen.»
Er steht für die Disziplin und Gelassenheit seines Teams. Für die Art und Weise, wie die Herausforderung gemeistert, ein Rückstand weggesteckt und die Dinge in der Verlängerung wieder in Ordnung gebracht worden sind. Bescheiden sagt Christian Marti: «Es hat uns sicherlich auch geholfen, dass wir noch im zweiten Drittel das 2:2 erzielen konnten. So konnten wir uns in der zweiten Pause viel ruhiger aufs letzte Drittel einstellen.»
Es gibt noch einen Grund, warum die Umstellung so gut gelungen ist. Christian Marti musste nicht rumpeln, weil jeder seiner Mitstreiter eine Prise härter, rauer, leidenschaftlicher und kompromissloser zur Sache gegangen ist. Der WM-Silberheld, eigentlich kein Mann der grossen Worte, kommt – für seine Verhältnisse – schon fast ins Schwärmen, wenn er über seine Spielkameraden spricht. Über die Wichtigkeit der vierten Linie. Über die Leader im Team wie beispielsweise Sven Andrighetto: Dieser übernehme auch defensive Verantwortung und sichere nach hinten ab, wenn sich ein Verteidiger in die Offensive einschalte. Der offensive Leitwolf der Zürcher ist nicht nur Playoff-Topskorer. Er hat in diesen Playoffs auch die beste Plus/Minus-Bilanz aller Stürmer.
Christian Marti, der seine Härte nur mit dem Tropfenzähler einsetzen muss, Sven Andrighetto, der produktivste Stürmer, der auch seine defensiven Pflichten erfüllt: Die Balance im talentiertesten Team der Liga stimmt.
Nun gilt es, bei all dem Loben und Preisen kurz innezuhalten: Die ZSC Lions haben erst in der Verlängerung 3:2 gewonnen! Lausanne war ein ebenbürtiger Widersacher! Neutralisierte das Powerplay der Zürcher! War mit einem Pfostenschuss dem 3:1 nahe (28. Minute)! Ja, es hätte auch anders kommen können, und hinterher, wenn wir den Sieger kennen, ist Lob und Preis ein wenig leichtsinnig. Wenn nicht gar hoffärtig.
Aber da war noch etwas, das sich nicht mit einer der vielen Statistiken erfassen lässt: die Gelassenheit, die Ruhe, die Zuversicht eines Champions. Trainer Marco Bayer antwortet auf die Frage, wie die Stimmung in der Pause vor der Verlängerung war: «Ganz ruhig. Wir wussten, dass wir dieses Spiel gewinnen werden, und wir haben es gewonnen.»
Er sagt das gelassen und doch bestimmt. Mit gehörigem Respekt auch für einen starken Gegner und mit Demut. Der ZSC Trainer drückt lediglich in Worten das aus, was er in diesem entscheidenden Moment in der Kabine gespürt hat: Die Gelassenheit, die Ruhe, die Zuversicht seiner Spieler, die aus gelebter Erfahrung als Meister von 2024 und als Sieger der Champions League wissen, dass sie es schaffen werden.
Als sei etwas anderes gar nicht möglich oder denkbar, beenden die Zürcher bereits nach 121 Sekunden durch den Treffer von Jesper Frödén die Verlängerung. Es ist das sportliche «Herrschaftswissen» von Champions, das durch heikle Situationen trägt und sich oft als Glück in schwierigen Phasen zeigt und letztlich so unerklärlich ist und bleibt wie das Pech der Verlierer. Eine alte chinesische Weisheit sagt dazu: Wer sich selbst alles zutraut, wird andere übertreffen.
Dieses «Herrschaftswissen» der ZSC Lions, ihre Gelassenheit, ihre unerschütterliche Zuversicht, ihr Selbstvertrauen werden noch auf eine sehr, sehr harte Probe gestellt werden. Sie führen zwar nun im Final 2:0. Sie brauchen «nur» noch zwei Siege. Aber Lausanne hat auf die Startniederlage heftig und richtig reagiert und die Zürcher an den Rand einer Niederlage gedrängt. Auswärts. Am Samstag geht es in Lausanne weiter.
Ja, die ZSC Lions sind klare Favoriten. Aber es wäre fast ein Wunder, wenn sie «ungeschoren», ohne Niederlage durch diesen Final kommen. Und sie werden auf dem Weg zur Titelverteidigung Christian Martis Härte noch gut gebrauchen können.
Da kommt morgen jetzt wohl die grösste Hürde. Morgen ist Lausanne zum Sieg verdammt.
Aber wenn die die Axt auspacken, dann schenken sie es sowieso weg, obwohl es gestern 4 x 2min ohne Z Treffer gab.
Das ist meine Wette für morgen. Zürich schiesst zwei PP Treffer und das drei eins ist ein Empty net.
Saubere Sache.