Aus Schweizer Sicht war die grösste Enttäuschung der NHL-Saison vermutlich die Leistung der Nashville Predators. Vor der Saison als Geheimfavorit gehandelt, kamen Roman Josi und Co. nie in die Nähe der Playoffs. Der Schweizer Captain erlebte wie viele seiner Mitspieler eine schwierige Saison. Andere Schweizer NHL-Söldner wussten da mehr zu überzeugen.
watson-Prognose vor der Saison: 19 Tore, 58 Assists
Es war nicht die Saison von Roman Josi und den Nashville Predators. Dabei sah es vor dem Start im vergangenen Oktober komplett anders aus. Die Predators hatten eine gute Saison im Rücken und sich im Sommer 2024 mit den Zuzügen von Steven Stamkos, Jonathan Marchessault und Brady Skjei massiv verstärkt. Eigentlich konnte es nur besser werden.
Doch dieses reformierte, auf dem Papier eigentlich deutlich stärkere Team, hat nie richtig zusammengefunden. Zu schwach war die Center-Position besetzt, zu dürftig für einmal die Leistungen von Goalie Juuse Saros. Der neue General Manager Barry Trotz schien nicht zu wissen, wie er die Mannschaft wieder aufbauen könnte und machte Fehler um Fehler.
Und für einmal war halt Roman Josi auch eher irdisch. Der Schweizer Verteidiger und Captain spielte ordentlich, aber schaffte es nicht mehr ganz, dem Spiel so stark seinen Stempel aufzudrücken, wie das in vorherigen Jahren der Fall war. Josi schoss in dieser Saison weniger aufs gegnerische Tor und leistete sich fast doppelt so viele Puckverluste, als das in den Spielzeiten zuvor der Fall war.
Klar ist aber auch, dass Josis Spiel und Punkteausbeute vom «schlechten Groove» innerhalb der Predators beeinflusst wurden. Chancenverhältnis und Torverhältnis stimmten in Nashvilles Spielen überhaupt nicht überein. Das schlug sich auch in anderen Statistiken nieder. Die Schusseffizienz von Nashville mit Josi auf dem Eis sank um zwei Prozentpunkte. Und auch die Fangquote der Nashville-Torhüter war deutlich schwächer. Nachdem er Ende Februar mit dem Kopf voran in die Bande gecheckt wurde, verpasste Josi das letzte Drittel der Saison verletzt.
watson-Prognose vor der Saison: 31 Tore, 55 Assists
Satte 30 Assists lagen wir bei der Prognose von Fiala daneben – was waren die Gründe? Wir hofften, dass sich die Teamkollegen des Ostschweizer Stürmers wieder steigern. Letzte Saison war die Schusseffizienz von Fialas Teamkollegen so tief wie seit seinen Anfängen in Nashville nicht mehr. Das deutet darauf hin, dass die Spielmacherqualitäten des Kings-Stürmers nicht gelitten haben, seine Teamkollegen (dieses Jahr waren Alex Laferriere und Quinton Byfield die häufigsten Sturmpartner) aber ineffizient oder auch etwas vom Pech verfolgt waren. Und dieses Jahr sank die sogenannte On-Ice-Schusseffizienz nochmals um 0,3 Prozentpunkte.
Das kann Fiala aber nur zu einem gewissen Mass beeinflussen, weshalb auch er dieses Jahr eine gute Note verdient. Der Uzwiler hat mit 35 Toren so häufig getroffen wie noch nie zuvor. Sein Schuss ist im Powerplay wie auch bei 5-gegen-5 eine gefährliche Waffe, weil er so flexibel ist. Fiala kann die krachenden Slapshots genauso wie die verdeckten und präzisen Handgelenkschüsse.
Woran besonders sein Trainer Freude haben wird: Fiala war auch in dieser Saison wieder ein äusserst verlässlicher Zweiwegstürmer. Pro 60 Minuten 5-gegen-5-Hockey haben die Kings mit Fiala auf dem Eis Chancen für knapp mehr als zwei Gegentore zugelassen – ein starker Wert. Und auch in Sachen Disziplin hat sich der Schweizer insbesondere in der zweiten Saisonhälfte gebessert und nur noch wenige Strafen genommen.
watson-Prognose vor der Saison: 31 Tore, 53 Assists
Als Stürmerstar Jack Hughes Anfang März mit einer Schulteroperation ausfiel, hatten viele Experten plötzlich Angst, dass New Jersey aus den Playoffs abstürzt. Doch diese Sorge war unbegründet, denn Nico Hischier stemmte die gesamte Mannschaft auf seine Schultern und trug sie über die Ziellinie.
Der Devils Captain skorte zum Ende der Regular Season hin nicht nur ausserordentlich regelmässig. Er tat dies auch, während er gleichzeitig sein überzeugendes Zweiwegspiel zelebrierte. Mit Hischier auf dem Eis liessen die Devils pro 60 Minuten gerade mal 1,92 Gegentore zu – ein herausragender Wert. Das Torverhältnis bei High-Danger-Situationen dominierte New Jersey mit dem Schweizer gar mit fast 61 Prozent. Auch das ist überragend.
Ja, man darf sogar so weit gehen, dass Nico Hischier in dieser Saison einer der wertvollsten Spieler überhaupt war. Das bestätigt das Expected-Goals-Above-Replacement-Modell von Evolving Hockey. Damit soll der Einfluss eines Spielers in allen Spielsituationen gemessen werden, wofür diverse Faktoren wie Eiszeit, Skorerpunkte, Tore und Gegentore, aber auch provozierte und genommene Strafen, Puckeroberungen und Puckverluste oder Bullys einfliessen. Apropos Bullys: Nur ein Spieler gewann in dieser NHL-Saison mehr Anspiele als Hischier. Ein gewisser Sidney Crosby.
Und gemäss dieser Statistik ist Nico Hischier der zweitwertvollste Spieler der NHL. Er lässt auch Superstars wie Cale Makar, Connor McDavid oder Quinn Hughes hinter sich. Einzig Leon Draisaitl hatte in dieser Saison noch mehr spielerischen Einfluss auf das Geschehen in der NHL. Hischier wird an den NHL-Awards sicherlich Stimmen für die Selke-Trophy erhalten – die Auszeichnung für den besten Defensiv-Stürmer der Liga. Aber eigentlich müsste er gar im Gespräch für die Hart-Trophy als MVP der Regular Season sein.
watson-Prognose vor der Saison: 38 Tore, 38 Assists
Endlich unverletzt. Ein neuer Trainer. Wieder im ersten Powerplay. Eigentlich schien alles aufgegleist, dass Timo Meier endlich richtig in New Jersey ankommen kann. Doch gemessen an den Erwartungen der Fans in der Schweiz und in New Jersey und auch am Lohn (8,8 Mio. US-Dollar pro Saison) kam wohl auch in dieser Saison wieder etwas zu wenig vom Appenzeller Stürmer. Meier hat schon bewiesen, dass er 40 Tore pro Saison schiessen kann, konnte das bei den Devils aber in zweieinhalb Jahren noch nie ausspielen. Woran liegt das?
Die naheliegendste Begründung: Der Schweizer hat bei New Jersey eine gänzlich andere Rolle inne als noch in San Jose, wo er in seinen besten Saisons rund einen Punkt pro Spiel sammelte. Ein Powerstürmer wie Timo Meier ist am besten, wenn er den Puck am eigenen Stock hat. Das Problem: Bei den Devils gibt es jede Menge Spieler, die mit der Scheibe viel anfangen können (Jack Hughes, Jesper Bratt, Nico Hischier, Luke Hughes, oder Dougie Hamilton), aber halt nur einen Puck.
Vor einem ähnlichen Problem steht Meier auch im Powerplay. Dort sind in der ersten Formation Hischier (Bumper), Jack Hughes (rechte Seite), Bratt (linke Seite) und je nachdem Luke Hughes oder Hamilton (blaue Linie) gesetzt. Für Meier bliebe da nur noch die Rolle direkt vor dem Tor, für die er aber fast schon überqualifiziert ist und in der er auch nicht am effizientesten ist. So verlor der 28-Jährige früh in der Saison den Platz im ersten Powerplay an Stefan Noesen. Erst als Jack Hughes verletzt ausfiel, kam Meier an seiner Stelle auf der rechten Seite zum Einsatz, wo er seine Schussqualitäten besser ausspielen konnte und regelmässiger punktete.
Und dann hat Meier noch den «Hischier-Nachteil». Die beiden Schweizer spielen zusammen in einer Sturmlinie. Als einer der besten Shutdown-Stürmer der NHL erhalten Hischier und seine Sturmpartner jeweils die schwierigsten Match-ups und viele Defensivstarts. Noch nie hat Meier so wenige seiner Einsätze in der offensiven Zone begonnen wie in dieser Saison. Überhaupt hat der neue Devils-Trainer Sheldon Keefe die Defensive auf Kosten der Offensive stabilisiert.
Das hat natürlich Auswirkungen auf Meiers Skoring und seine Torgefahr. Der Appenzeller hat noch nie so wenig auf das gegnerische Tor geschossen wie in dieser Saison. Und auch seine Schusseffizienz ist im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gesunken. Da Meier in Bestform aber auch ein brauchbarer Defensivstürmer ist, nehmen die Devils diesen Abtausch in Kauf.
watson-Prognose vor der Saison: 18 Tore, 20 Assists
Wo Nino Niederreiter draufsteht, steckt Nino Niederrieter drin. Der Churer erfüllt seit Jahren die Erwartungen als nahezu perfekter Drittlinienstürmer in der NHL – so auch dieses Jahr. In seiner zweiten kompletten Saison in Winnipeg lieferte er Tore, Energie und defensive Stabilität.
Zum Saisonstart lief Niederreiter richtig heiss und skorte Tor um Tor. Doch wie das bei ihm oft der Fall ist, folgten auch längere Abschnitte, in denen kein Puck mehr reinfiel. Das ist aber nicht so schlimm, dafür sind bei den Jets andere Stürmer zuständig. Niederreiter ist es auch in dieser Saison wieder sehr gut gelungen, das Spielgeschehen während seiner Einsätze vermehrt aus der eigenen und in die gegnerische Zone zu drücken. Das hält die Torgefahr weg vom eigenen Kasten – genau wie sich das ein Trainer wünscht.
watson-Prognose vor dem Saisonstart: 16 Tore, 21 Assists und wichtiger und guter Unterzahlspieler
Der beste Pius Suter aller bisherigen Zeiten? Der Blick auf die Skorerpunkte unterstreicht das. Noch nie in seiner nun auch schon fünf Jahre andauernden NHL-Karriere hat der Zürcher so viele Punkte gesammelt. Einmal mehr hat der 28-Jährige seine Flexibilität als grossen Trumpf ausgespielt.
Suter startete die Saison verletzt auf der Tribüne und arbeitete sich nach und nach hoch. Als J.T. Miller mitten in der Saison weggetradet wurde, übernahm er die Rolle des Zweitliniencenters und überzeugte. Als dann auch noch Elias Pettersson ausfiel, war der Schweizer plötzlich Center in der ersten Linie. Suter zündete so gerade auch Ende Saison ein Feuerwerk mit 19 Punkten in 23 Spielen.
Und der Zürcher schaffte es, dass seine offensive Steigerung nicht auf Kosten seiner defensiven Stabilität kam. Suter war immer noch ein defensiv verlässlicher Zweiweg-Center und besonders stark in Unterzahl. Der Lohn dürfte in Form von – wer hätte das gedacht – mehr Lohn kommen. Suters Vertrag in Vancouver läuft diesen Sommer auf und als UFA dürfte er ab dem 1. Juli mit interessierten NHL-Teams verhandeln.
watson-Prognose vor dem Saisonstart: 2 Tore, 8 Assists und eine defensive Steigerung
In der Saisonvorschau analysierten wir die Situation von Jonas Siegenthaler ziemlich kritisch: «Der 27-Jährige muss dringend seine alte Form wiederfinden, ansonsten wird er in seiner Position rasch vom jüngeren Simon Nemec verdrängt.» Aus zwei Gründen ist das nicht passiert. Einerseits hat sich Simon Nemec (noch) nicht so entwickelt, wie sich das die Devils erhofft haben. Und andererseits hat Siegenthaler eben auch die erhoffte Steigerung hingelegt – und wie!
There is a legitimate chance that #NJDevils defenseman Jonas Siegenthaler ends the 2024-25 season as the NHL's most valuable defensive defenseman... despite only playing in 55 games. pic.twitter.com/3nsO3TfNe7
— JP Gambatese (@jp_gambatese) April 15, 2025
Der Zürcher Verteidiger spielte seine gesamte Saison an der Seite von Devils-Neuling Jonathan Kovacevic. Gemeinsam bildeten die beiden eines der besten Shutdown-Paare der Liga. Im Vergleich zu der enttäuschenden Saison im Vorjahr liessen die Devils mit Siegenthaler auf dem Eis pro 60 Minuten ein Tor weniger zu. Auch die zugelassenen Chancen und Schüsse konnte der 27-Jährige deutlich reduzieren.
Siegenthaler war einer der Hauptgründe, warum sich New Jerseys Verteidigung wieder stabilisierte. Das zeigt auch folgende Statistik: Bis zu seiner Verletzung wiesen die Devils die viertbeste Verteidigung der Liga mit 2,51 Gegentoren pro Spiel auf. Seit Siegenthaler verletzt zuschauen muss, sind es 3,04 Gegentore pro Spiel, was in der NHL noch zu Rang 14 reicht. Er zog sich bei einem Sturz in die Bande eine Oberkörperverletzung zu und musste danach operiert werden und seine Saison vorzeitig beenden.
watson-Prognose vor der Saison: 17 Tore, 28 Assists
Die grösste Enttäuschung aus Schweizer Sicht ist in dieser NHL-Saison Philipp Kurashev. Nachdem der Berner Stürmer letztes Jahr mit 54 Punkten den Durchbruch geschafft zu haben schien, folgte dieses Jahr der Einbruch. Der 25-Jährige verlor seinen Stammplatz bei den Chicago Blackhawks, musste beinahe 30 Spiele von der Tribüne aus verfolgen – und das während sein Vertrag im Sommer ausläuft.
Was Kurashev nicht in die Karten spielte: Trainer Luke Richardson schien besessen davon, das Erfolgsduo vom Jahr zuvor mit Kurashev und Connor Bedard nicht mehr zusammen in einer Linie auflaufen zu lassen. Ohne das kanadische Supertalent an seiner Seite fiel es Kurashev sichtlich schwerer Skorerpunkte zu produzieren – auch weil er nicht mehr im Powerplay zum Einsatz kam.
Ja, wenn man genauer hinschaut, ist Kurashevs Punkteproduktion bei 5-gegen-5 mit den Vorjahren vergleichbar. Doch in der letzten Saison hat er noch 19 Punkte in Überzahl erzielt, die jetzt fehlen (1 Powerplay-Punkt 2024/25). Weil der Berner Stürmer halt sonst auf NHL-Niveau wenig mitbringt (Physis oder Defensive), wird es für ihn schwierig, nochmals einen Vertrag in der besten Liga der Welt zu erhalten.
watson-Prognose vor der Saison: 4 Tore, 17 Assists
Neues Team, neue Rolle. J.J. Moser wurde im Sommer vom neuen Team in Utah zu den Tampa Bay Lightning transferiert. Dort darf er nun nicht nur zum ersten Mal Playoffs spielen, sondern kam auch gleich von Beginn weg im ersten Verteidigungspaar an der Seite von Victor Hedman zum Einsatz.
Darum auch die andere Rolle: Sonst war Moser eher ein Verteidiger, der die Offensive suchte. Diesen Job übernimmt in dieser Kombination aber zumeist der Schwede, während der Schweizer eher nach hinten absichern muss. Dank seiner Spielintelligenz gelingt dem Bieler das aber problemlos – er hat noch nie so wenig gegnerische Chancen und Gegentore zulassen müssen wie 2024/25.
Und es ist ja nicht so, dass Moser offensiv gar nichts beigetragen hätte. Die Ausbeute von zwei Toren und elf Assists ist ordentlich, angesichts der Tatsache, dass der 24-Jährige beinahe 30 Spiele verletzungsbedingt verpasst hat. Zudem war seine Schusseffizienz mit knapp über zwei Prozent so tief wie noch nie – Moser war im Abschluss also auch etwas vom Pech verfolgt.
watson-Prognose vor der Saison: Schnuppert in dieser Saison erstmals NHL-Luft.
Womöglich waren wir mit unserer Prognose für Lian Bichsel gar etwas pessimistisch. Der Solothurner Verteidiger hat nicht nur NHL-Luft geschnuppert, sondern sich zum Saisonende hin gar einen Stammplatz ergattert und 38 Spiele gemacht. Mit 20-Jahren muss sich Bichsel natürlich erst noch an das hohe Niveau gewöhnen, doch dafür macht er seine Sache schon ordentlich.
Was auffällt, ist, wie gut Bichsel seine Physis (200 cm / 105 kg) bereits ausspielen kann. In gut einer halben Saison hat der Verteidiger bereits über 150 Checks ausgepackt und damit auch den anderen Schweizer mit den meisten Checks überholt. In einer vollständigen, 82 Spiele dauernden Regular Season könnte Bichsel also durchaus die Marke von 300 Checks knacken, was zu einem Top-3-Rang in der NHL reichen würde.
Lian Bichsel is a force.#TexasHockey pic.twitter.com/q1ddLGI8ER
— Victory+ (@victoryplustv) March 21, 2025
Top! Vielen Dank für die tolle NHL Berichterstattung während der Saison hier auf Watson