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Eismeister Zaugg

Nach der bitteren Niederlage gegen Ambri wird es in Langnau noch lange nicht windstill

Tigers Trainer Heinz Ehlers, Mitte, gibt Anweisungen, waehrend dem Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den SCL Tigers und dem HC Ambri-Piotta, am Dienstag, 4. Oktober 2016, in ...
Das Debüt von Heinz Ehlers ging gründlich in die Hose.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Im Tal der heulenden Winde wird es noch lange nicht windstill

Ist dieses 0:3 gegen Ambri für die SCL Tigers der Anfang vom Ende in der NLA oder bloss der missglückte Start in eine ruhmreiche Zukunft? Auf jeden Fall eine bittere Niederlage.
05.10.2016, 09:0805.10.2016, 09:28

Am besten lässt sich das, was den Langnauern im ersten Spiel unter ihrem neuen Trainer Heinz Ehlers widerfahren ist, mit einem frivolen Vergleich erklären.

Die Emmentaler mahnten an einen Jüngling, der sich auf die erste Liebesnacht freut und alles unternimmt, um ja einen guten Einstand zu haben. Er badet, reibt sich mit wohlriechendem Öl ein, schneidet die Nägel und nimmt sich vor, nicht zu stürmisch zu sein, keinen Fehler zu machen und sich wie ein Gentleman zu benehmen. Und so ist er dann viel zu verkrampft und gehemmt und alles endet im Frust.

Tigers Evgeni Chiriayev, rechts, kaempft gegen Ambris Michael Ngoy, und Ambris Sandro Zurkirchen, Mitte, waehrend dem Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den SCL Tigers und de ...
Zu wenig Druck aufs Ambri-Tor: Die SCL Tigers sind offensiv harmlos wie zahnlose Kätzchen.Bild: KEYSTONE

Nicht Langnaus Heinz Ehlers, sondern Ambris Bandengeneral Hans Kossmann war der taktische Hexenmeister. Ambri, abgesichert von einem überragenden Sandro Zurkirchen, gelingt defensiv ein nahezu perfektes Spiel wie man es eigentlich von den Langnauern unter der neuen Leitung erwartet hatte.

Welch ein bitterer Einstand für Heinz Ehlers. Sozusagen zur Begrüssung im Langnauer Hockeytempel haben ihm die Ambri Fans «La Montanara» gesungen. Die legendäre Siegeshymne der Leventiner. Ambri hat in Langnau erstmals in dieser Saison nach 60 Minuten gewonnen.

Nichts, gar nichts gelang den Emmentalern. Die erste Vorstellung unter dem neuen Trainer war eine eigenartige Mischung aus dem gutem Willen, ja keinen Fehler zu machen, Unsicherheit, Unvermögen, ein bisschen gewürzt mit Pech und garniert mit Resignation. Unter Scott Beattie waren die Langnauer spektakulär untergegangen. Jetzt haben sie mit ein bisschen System und ohne Leidenschaft sang- und klanglos verloren.

Ehlers noch finsterer als sonst

Die Saisonbilanz ist ernüchternd. Elf Spiele, zehn Niederlagen. Sechs Heimspiele, null Punkte und aus diesen sechs Partien vor eigenem Publikum bloss sieben Tore. Letzte Saison schafften die SCL Tigers gegen Biel unter dem später gefeuerten Benoit Laporte sieben Tore in einem Heimspiel (7:0 gegen Biel).

Tigers Adrian Gerber, dritter von rechts, Yves Mueller, zweiter von rechts, und Goalie Ivars Punnenovs, rechts, nach dem Gegentor zum 1:0 fuer Ambri, waehrend dem Eishockey Meisterschaftsspiel der Nat ...
So haben sich die Langnauer das erste Spiel unter Heinz Ehlers nicht vorgestellt.Bild: KEYSTONE

Nicht auszudenken, wie es jetzt Kritik hageln, wie polemisiert würde, wenn noch Scott Beattie an der Bande stehen würde. Wahrscheinlich wäre er gleich nach dem Spiel in der Kabine standrechtlich entlassen worden.

Aber Heinz Ehlers geniesst nach nur einem Spiel durch alle Böden hindurch hockeykritische Immunität. Er wirkte nach der missglückten Premiere ein bisschen finsterer als sonst. Aber er stellte sich den Fragen der Medienschaffenden. Sein Fazit: «Es war nicht alles schlecht. Aber das Resultat ist unglaublich schlecht und sehr bitter für uns.»

Ambris Hans Kossmann war gut gelaunt, nicht erstaunt und ein bisschen sarkastisch wie es halt seine Art ist. «Ich bin froh, das Langnau nach dem Sieg in Kloten den Trainer gewechselt hat. Mir war klar, dass so der Schwung nach dem ersten Saisonsieg verloren geht und die Spieler vorerst blockiert sind. Trotzdem hatte ich ein intensives Spiel mit vielen Checks erwartet.»

Ehlers ist Rebers letzter Versuch

Wie geht es bei Langnau weiter? Kehren wir zu unserem eingangs erwähnten Vergleich zurück. Wie wir aus Hollywood-Filmen und dem richtigen Leben wissen, mündete schon manche missglückte erste Liebesnacht in eine langanhaltende, leidenschaftliche Beziehung. Die Emmentaler sind bei der langen «Eheschliessung» mit ihrem neuen Trainer (bis 2018 mit Option bis 2019) existenziell darauf angewiesen, dass es so sein wird. Eine Scheidung können sie sich nicht mehr leisten.

Oder noch klarer ausgedrückt: Bei der nächsten Scheidung geht es um den Sportchef. Die Kritik an Jörg Reber ist berechtigt. Aber jede Forderung nach seiner Absetzung ist zum jetzigen Zeitpunkt unsinnig. Eine Weiterentwicklung gibt es nur, wenn einer die Chance bekommt, aus Fehlern zu lernen.

Tigers Trainer Heinz Ehlers, links, und Tom Gerber, rechts, waehrend dem Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den SCL Tigers und dem HC Ambri-Piotta, am Dienstag, 4. Oktober 20 ...
Heinz Ehlers ist nach der 0:3-Niederlage gegen Ambri ziemlich konsterniert.Bild: KEYSTONE

Langnaus Sportchef weiss jetzt, dass Billigtrainer keine Lösung sind. Er hat schmerzlich erfahren, dass der Trainer eben doch die wichtigste Führungspersönlichkeit der Sportabteilung ist. Der Vorwurf, die Spieler müssten doch selber wissen, was es geschlagen hat, greift zu kurz. Spieler sind junge Männer, die dafür bezahlt werden, dass sie spielen – und nicht dafür, dass sie arbeiten. Die als Egoisten im Konkurrenzkampf zu ihren Mitarbeitern stehen und doch dazu gebracht werden müssen, am gleichen Strick zu ziehen. Das gelingt nur einem der mit seiner Präsenz die Kabine füllt. Einem wie Heinz Ehlers. Langnaus Sportchef hat nach bestem Wissen und Gewissen den richtigen neuen Trainer gewählt.

Aber das Leistungsprinzip gilt nicht nur für die Spieler und die Trainer. Es gilt am Ende des Tages auch für den Sportchef. Jörg Reber hat mit dem dritten Trainerwechsel (er wollte Bengt-Ake Gustafsson nicht mehr und musste letzte Saison Benoit Laporte feuern) sozusagen die «letzte Patrone» verbraucht. Nun muss es sportlich sausen und brausen. Wenn nicht, fliegt bei der nächsten Trainerentlassung auch der Sportchef.

Sind die Ausländer das Problem?

Da könnte sich der Verwaltungsrat an der NHL orientieren. In der wichtigsten Liga der Welt gilt die Regel: Dreimal darf der General Manager (Sportchef) den Trainer auswechseln. Wird eine vierte Trainerentlassung nötig, muss auch der General Manager gehen. Weil dann, wenn dreimal der Trainer scheitert, nicht mehr der Trainer das Problem ist, sondern der Sportchef, der nicht fähig ist, zu seinen Spielern den richtigen Trainer oder zu seinem Trainer die richtigen Spieler zu rekrutieren.

Tigers Topscorer Chris DiDomenico jubelt zum 1:0, waehrend dem sechsten Playout-Finalspiel der NLA zwischen den SCL Tigers und dem EHC Biel, am Donnerstag, 31. Maerz 2016, in der Ilfishalle in Langnau ...
Chris DiDomenico jubelt in dieser Saison viel zu selten.Bild: KEYSTONE

Was lernen wir daraus? Weil der Trainer für einmal ausser Kritik steht, wird sich die Polemik eher früher als später gegen die Ausländer richten. Langnau hat mit Abstand das schwächste ausländische Personal der Liga.

Im Tal der heulenden Winde wird es noch lange nicht windstill. Kein Schelm, wer sagt, Langnau werde diese Saison alle acht Ausländerlizenzen einlösen.

Das Kleinste steht in Langnau: Die Stadien der 12 NLA-Klubs

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Die Stadien der 12 National-League-Klubs
Die PostFinance-Arena des SC Bern.
quelle: keystone / peter schneider
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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MARC AUREL
05.10.2016 09:47registriert Dezember 2014
Es braucht jetzt mal ein bisschen Zeit bis sie Ehlers System umsetzen können! Bis dahin ist es mit ziemlicher sicherheit aber zu spät von PO zu träumen dafür ist Langnau zu limitiert und schwach besetzt auch wenn noch viele Punkte zu vergeben sind.
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sidthekid
05.10.2016 09:54registriert Mai 2015
Jetzt ist dann auch mal gut, Klaus!
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Theophilus Carter
05.10.2016 12:08registriert Februar 2016
Und Täglich Grüsst der Herr Zaugg mit dem "MiMiMi..." aus Langnau.

Spannend wäre doch zu wissen wie z.B. der LHC nach der Zeit unter H. Ehlers sein Spielsystem komplett umgestellt hat und nun damit Erfolge feiert. Oder wieso Davos nun plötzlich so Mühe bekundet. Wieso Kloten plötzlich mit "reduziertem" Kader so gut spielt etc.

Diese Frage stellt sich in Langnau gar nicht.

Teammanager ist zu unerfahren. Defensive mit den beiden Operetten-Torhütern zu schwach und die Ausländer sind alle zu unterduchschnittlich.

Bitte Herr Zaugg verlassen Sie doch mal ihre schöne Emmentaler Heimat...
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