Eishockey ist die wichtigste Sportart in der Wirtschafts-Hauptstadt des Landes geworden. Die ZSC Lions dominieren die nationale Meisterschaft und sind als Sieger der Champions Hockey League auch die Nummer 1 in Europa. Über GC und den FCZ lacht die übrige Schweiz. GC, einst einer der 20 berühmtesten Klubs in Europa, ist eine Verlustmaschine ohnegleichen geworden, unreformierbar wie das VBS und kämpft gegen den Abstieg. Der FC Zürich – während der Belle Epoque des Stadtzürcher Fussballs sogar im Europacup-Halbfinal der Landesmeister, des Wettbewerbes, aus dem die Champions League hervorgegangen ist – macht in erster Linie durch den schrulligen Besitzer und durch Skandal-Transfers Schlagzeilen.
Das ist nicht logisch. Zürich war einst eine der grossen Fussballstädte Europas und könnte es heute noch sein. Vor 47 Jahren spielten letztmals gar drei (!) Stadtzürcher Klubs in der höchsten Liga: GC, der FCZ und die Young Fellows (heute SC YF Juventus). Nach wie vor hätte die Stadt in jeder Beziehung das Potenzial für drei Teams in der obersten Spielklasse und eine regelmässige Präsenz in der Champions League. Aber es reicht nicht einmal mehr für einen gut geführten und strukturierten, sportlich konstant erfolgreichen und wirtschaftlich stabilen Klub in der nationalen Operetten-Liga Super League.
Am Ausgangspunkt dieser Entwicklung steht einerseits ein dramatischer, durch Misswirtschaft auf allen Ebenen selbstverschuldeter sportlicher Absturz des Stadtzürcher Fussballs und andererseits eine tiefgreifende Veränderung der Ausgangslage im Stadtzürcher Hockey.
Im Eishockey verändert sich im Herbst 2022 die Infrastruktur. Die ZSC Lions, bisher Mieter im Hallenstadion, ziehen in Altstetten in ihren neuen NHL-Tempel ein. In eines der modernsten und besten Hockey-Stadien Europas, das im Frühjahr 2026 auch Schauplatz der Eishockey-WM sein wird.
Sportlich waren die ZSC Lions sowieso seit Beginn dieses Jahrhunderts permanent gut genug, um ein Meisterkandidat zu sein. Aber erst mit der neuen Arena sind sie zum Hockey-Konzern mit europäischer Ausstrahlung geworden. Vorher war der Klub ein sportlicher Diamant im Packpapier. Inzwischen ist es ein sportlicher Diamant im Festkleid. In der Qualifikation beträgt die Auslastung inzwischen über 95 Prozent, in den Playoffs waren die 12'000 Plätze im dritten Jahr hintereinander Spiel für Spiel ausverkauft.
Die neue Arena bietet einen so hohen Erlebniswert und Komfort, dass unabhängig vom sportlichen Erfolg mehr als 90 Prozent der Tickets verkauft werden können. Weil die Sicherheit und der Komfort im Quadrat höher sind als im Fussball. Wer mit seiner Familie in Zürich Sport erleben will, geht zum Eishockey. Nicht mehr zum Fussball.
Die Frage ist, warum es zum Aufschwung des Hockeys und zur Krise des städtischen Fussballs gekommen ist. Warum spielen die ZSC Lions in einer hochmodernen Arena und warum scheitern alle Stadion-Projekte im Fussball? Warum haben die Grasshoppers, einst die berühmteste, charismatischste Sportmarke der Stadt mit internationaler Ausstrahlung, die wirtschaftliche Stabilität verloren und ihre Seele erst an einen tüchtigen Architekten im Bernbiet, dann den Chinesen und schliesslich den Amerikanern verkauft? Warum kann sich der FCZ nicht von der wirtschaftlichen Abhängigkeit und den Launen seines Präsidenten lösen?
Eishockey ist ein nationaler, Fussball ein globaler Sport. Die Super League gehört, anders als die National League im Eishockey, sportlich und wirtschaftlich nicht zur «Belletage» des internationalen Sport-Geschäftes. Im Gegensatz zum Eishockey kann im Fussball kein helvetischer Klub Saläre bezahlen, um international konkurrenzfähige Superstars in den besten Jahren zu verpflichten und zu halten. Ein Spitzenteam zu finanzieren, ist ohne eigenes Stadion im Fussball und im Hockey unmöglich geworden. Die Stadionsituation in Zürich mit zwei Klubs, die sich die gleiche Arena teilen müssen, ruiniert das Fussballgeschäft. Zumal es keine Fussball-, sondern eine Hybridanlage für Fussball und Leichtathletik ist.
Für die ZSC Lions war das Dasein als Mieter im Hallenstadion wirtschaftlich ebenfalls unhaltbar geworden. Sie waren seit ihrer Gründung im Jahre 1997 (mit dem Zusammenschluss ZSC/GC) auf betriebsfremde Zuschüsse angewiesen. Erst im neuen Stadion sind sie dazu in der Lage, mit dem Sportbetrieb (aber noch nicht mit dem Betreiben des Stadions) schwarze Zahlen zu schreiben.
Womit wir bei der zentralen Frage angelangt sind: Warum ist es gelungen, ein hochmodernes Hockeystadion zu bauen, und warum scheitern alle Fussball-Projekte? Die Antwort ist überraschend einfach: Weil sich die Besitzer der ZSC Lions den Bau eines Stadions leisten können, beim Stadionbau nicht auf Gedeih und Verderb auf Steuergelder und die Politik angewiesen sind. Und weil sie die Schlüsselpositionen in ihrem Unternehmen auf der strategischen und der operativen Ebene viel besser besetzt haben. Und als logische Folge davon ist das Management der ZSC Lions in jeder Beziehung im Quadrat besser als jenes der Grasshoppers und erst recht des FCZ.
Der Bau der Hockey-Arena geht auf private Initiative zurück und die Finanzierung (etwas mehr als 200 Millionen) erfolgte nicht durch den Steuerzahler. Sondern durch die erfolgreichen Unternehmer und Milliardäre Walter Frey und Peter Spuhler sowie Rolf Dörig, der dem Milliarden-Konzern Swiss Life vorsteht und – um es salopp zu sagen – nach einem Intermezzo bei GC kuriert und ganz ein Mann des Hockeys geworden ist.
Das neue Stadion heisst denn auch Swiss Life Arena. Die letzten Granden der Wirtschaft mit nationaler Ausstrahlung und Bekanntheit, die sich von den Stadtzürcher Fussball-Schlaumeiern in schon fast naiver Art und Weise Millionen aus den Taschen ziehen liessen, waren Kreditanstalt-Obmann Reiner E. Gut und Roche-General Fritz Gerber im letzten Jahrhundert.
Für die ZSC Lions – und das Stadtzürcher Hockey – zahlt sich nun die kluge, nachhaltige Strategie aus, die von Obmann Walter Frey seit Jahren über den sportlichen Alltag hinaus verfolgt wird: Die Nachwuchsabteilung ist mit Abstand die grösste und erfolgreichste im Land und kümmert sich inzwischen um rund 1000 Buben und Mädchen. Darüber hinaus leisten sich die ZSC Lions als einzige ein Farmteam in der zweithöchsten Liga (GCK Lions), um die besten Talente ans Profihockey heranzuführen. Dadurch haben sie ein breiteres sportliches Fundament als die Konkurrenz.
Seit Jahren hegen und pflegen die ZSC Lions in der Stadt eine bessere politische und wirtschaftliche Beziehungsplantage als die Stadtzürcher Fussballclubs. Sie – und nicht GC und der FCZ – begrüssen in ihrer Führungsetage wirtschaftliche und politische Schwergewichte. Sie beschäftigen Führungskräfte wie Peter Zahner und Sven Leuenberger, deren Kompetenz weit über den Sport hinausreicht, während beim FC Zürich inzwischen gar ein Spieleragent im sportlichen Management die Fäden zieht. Bei den ZSC Lions wäre das völlig undenkbar.
Die ZSC Lions haben sich vom Sportklub zum Hockey-Konzern mit bestens qualifiziertem Personal auf allen Ebenen und in allen Bereichen entwickelt, während GC und der FCZ organisatorisch und führungstechnisch irgendwie in der chaotischen Sportbusiness-Romantik des letzten Jahrhunderts stehen geblieben und nicht dazu in der Lage sind, das riesige Potenzial des Fussballs im grössten Ballungsraum der Schweiz wirtschaftlich und sportlich zu nützen. Sie sind nicht einmal mehr in der Lage, sich von ihren unanständigen Fans zu emanzipieren.
Die ZSC Lions werden die Wirtschaftshauptstadt unseres Landes in den nächsten Jahrzehnten repräsentieren und ihre Sportkultur prägen. Und sie sind inzwischen der Stolz der sportinteressierten Zürcherinnen und Zürcher.
Die Partien der ZSC Lions werden immer mehr «the place to be» für die Grössen der Zürcher Wirtschaft und Politik. Die Politikerinnen und Politiker dürfen in ihrer Freizeit die Spiele der ZSC Lions in angenehmer Atmosphäre erleben, sich erholen und Kräfte tanken, um sich im Alltag mit den Problemen zu beschäftigen, die der Fussball der Stadt durch die Sicherheitsprobleme mit den unanständigen Fans beschert. Der sportliche, infrastrukturelle und wirtschaftliche Vorsprung des Eishockeys auf den Fussball wird in Zürich Jahr für Jahr grösser und ist inzwischen auf Jahrzehnte hinaus uneinholbar geworden.
Zürich entwickelt sich von einer Fussball- zu einer Hockeystadt. Und hinter allem steht eine grosse, charismatische Persönlichkeit: Was Johan Heinrich Alfred Escher im 19. Jahrhundert beim Aufbau der Wirtschafts- und Finanzmetropole Zürich war, das ist Walter Frey, der Präsident und Schöpfer der ZSC Lions, bei der Entwicklung der Zürcher Sportkultur.
Der grosse Escher gründete einst auch die Rentenanstalt (heute Swiss Life) und Walter Frey hat auch den Bau der Swiss Life-Arena initiiert. Der Kreis hat sich geschlossen.
Zürich ist eine Hockey-, Leichtathletik- und Konzertstadt, mehr steht da nicht. ;)
Zu viel gefeiert diese Nacht Herr Zaugg?