Die besseren Finnen: Torhüter Jussi Olkinuora (30), Verteidiger Sami Vatanen (32) sowie die Stürmer Valtteri Filippula (39), Teemu Hartikainen (33) und Sakari Manninen (31) spielten auch beim Sieg im Halbfinal-Rückspiel in Rauma (3:2) eine zentrale Rolle. Sie gehören zu den zeitgenössischen Titanen des finnischen Hockeys: Weltmeister, Olympiasieger, Stanley-Cup-Sieger. Valtteri Filppula ist gar der erste finnische Spieler im Triple Gold Club: Olympisches Gold, WM-Gold und Stanley Cup. Logisch also, haben Servettes Finnen auch in der entscheidenden Halbfinal-Partie alle drei Treffer erzielt und ebenso logisch: Valtteri Filppula markierte den Siegestreffer.
Wie kann es sein, dass Servette die besseren Finnen hat als Lukko Rauma? Weil Servette zur besten Liga Europas gehört und Sportchef Marc Gautschi den besseren Job als die Konkurrenten macht. Die beste Liga, weil die Mischung aus sportlichem Niveau, Geld und Lebensqualität nirgendwo in Europa auch nur annähernd so gut ist. Servettes Finnen könnten in der heimischen Liga maximal 350'000 Euro brutto verdienen und das auch nur, wenn Sponsoren das Salär subventionieren. Davon gehen rund 50 Prozent durch Steuern in die Staatskasse. In Genf verdient jeder mindestens 300'000 Franken netto. Das ist das Gehalt, das in der National League für Ausländer dieser Hubraumklasse üblich ist. Fünf Finnen lieber gut bezahlt am Genfer See als fürs halbe Geld zu Hause monatelang im Schnee. Noch Fragen? Nein.
Nun wäre noch die Frage zu klären, wie es denn sein kann, dass Servette in der laufenden Meisterschaft als Titelverteidiger auf Rang 8 um die direkte Playoff-Qualifikation bangen muss? Dazu gibt es eine dreistufige Erklärung. Erstens ist der «Blues» nach einer Meisterfeier nur in Ausnahme-Fällen zu vermeiden. Erst recht nach einem historischen Titelgewinn (Servette ist zum ersten Mal Meister geworden).
Zweitens hat Sportchef Marc Gautschi spät auf den Formzerfall von Meisterheld Robert Mayer reagiert und Torhüter Jussi Olkinuora erst am 11. Dezember verpflichtet. Drittens ist die Motivation im Liga-Alltag gegen Ajoie, die Lakers oder Langnau für Stanley-Cup- und Olympia-Sieger und Weltmeister nicht immer maximal. Maximal ist sie hingegen, wenn es gegen ein finnisches Team, gegen die Kumpels von daheim geht. Besser als mit überzeugenden Leistungen wie in diesem Halbfinal gegen Lukko Rauma lässt sich in der Heimat nicht beweisen, dass man es sich nicht in einer Operetten-Liga in der Schweiz bequem gemacht hat. Dass auch helvetisches Hockey rockt. Servettes Finalqualifikation ist so oder so ein enormer Prestige-Gewinn für unser Hockey.
Die Champions Hockey League ist ohnehin die letzte gelebte, wahre europäische Sport-Romantik und nicht «Big Business» wie im Fussball. Wer nicht bis in den Final kommt, kann nicht richtig Geld verdienen. Das mag eine Aufstellung der kümmerlichen Geldflüsse zeigen:
Jeder der 24 Teilnehmer bekommt eine «Reiseentschädigung» von 65'000 Euro.
Die Reisekosten (Flüge sind unerlässlich) tragen die Klubs und «fressen» die finanziellen Zuschüsse. Erst mit einer Finalqualifikation geht die Rechnung einigermassen auf. Die Klubs dürfen zwar die Ticketeinnahmen behalten. Aber das Interesse ist so gering, dass die Saisonkartenbesitzerinnen und -besitzer in der Regel gratis zu den Spielen eingeladen werden. Selbst beim Halbfinalspiel gegen Lukko Rauma gewährte Servette den Saisonabi-Habenden 50 Prozent Rabatt. Trotzdem war die Arena nicht ausverkauft.
Für den Final dürfte es nun erstmals auch in der Kasse nicht mehr lärmen. Weil statt ein wenig klimperndes Münz endlich auch Banknoten hereinkommen. Aus gelebter europäischer Sport-Romantik wird doch noch ein kleines Geschäft.