Die Schiedsrichter haben das 1:0 von ZSC-Captain Patrick Geering in der 48. Minute erst nach dem Video-Studium anerkannt. Die ZSC Lions gewinnen gegen Kloten auch das dritte Viertelfinalspiel. Nach dem 1:0 (0:0, 0:0, 1:0) am Montag brauchen sie nur noch einen weiteren Sieg für den Einzug in den Halbfinal.
Mal abgesehen von der Aufregung rund um diesen Treffer, der nicht nur ein Spiel, sondern womöglich diese Viertelfinalserie (fast) entschieden hat, gibt es wieder einmal die Frage: Ist es richtig, dass die Schiedsrichter im Stadion, im Zeitnehmerhäuschen, umgeben von Funktionärinnen und Funktionären des Heimteams, schwitzend, mit Adrenalin «vollgepumpt» und ausser Atem so heikle Situationen auf Bildschirmen überprüfen und so folgenreiche Entscheide fällen müssen? Wäre es nicht besser, wenn die Bilderprüfung und die Entscheidungsfindung nach dem Vorbild der NHL und Schweden oder des Fussballs an einem ruhigen, neutralen Ort («VAR-Room») von Experten vorgenommen würden, um die Schiedsrichter im Stadion zu entlasten? Wenn schon nicht während der Qualifikation, dann doch wenigstens während der Playoffs?
Die Frage geht an Liga-Manager Denis Vaucher: Gibt es Bestrebungen in diese Richtung? Er sagt: «Nein, im Moment nicht.» Er sieht keine Chance für eine Lösung «VAR-Room» und legt dar, warum. «Wir haben von allen europäischen Ligen wohl das beste Bildmaterial und das steht den Schiedsrichtern im Stadion auf guten Bildschirmen uneingeschränkt zur Verfügung. In einem ‹VAR-Room› wären die Bilder nicht besser. Die Schiedsrichter wollen die Hoheit über ihre Entscheidungen behalten und nicht delegieren.» Denis Vaucher sieht auch kein Problem in der räumlichen Enge und in der Hitze der Emotionen im Stadion. «Die Einrichtungen genügen und sind auf diese Saison noch einmal verbessert worden.»
Das Problem seien nicht nur die Kosten. «Wir hätten gar nicht genug Experten, um in einem ‹VAR-Room› die Spiele einer Vollrunde zu überwachen.» Zum kuriosen ZSC-Tor sagt er: «Man kann nicht davon ausgehen, dass in einem ‹VAR-Room› eine andere Entscheidung gefällt worden wäre.»
ZSC-Manager Peter Zahner sieht die Dinge ähnlich wie Denis Vaucher. «Welche Verbesserungen würde uns die Lösung ‹VAR-Room› tatsächlich bringen? Der Mehraufwand würde sich nicht auszahlen. Wir sehen ja, dass im Fussball die Anzahl Fehlentscheidungen durch die VAR-Lösung nicht zurückgeht. Obwohl es doch einfacher sein müsste als im Hockey. Der Ball dürfte fünfzig Mal grösser sein als ein Puck. Ich habe inzwischen den Eindruck, dass sich im Fussball der Schiedsrichterchef fast jede Woche entschuldigen muss …»
Tatsächlich dürfte der Nutzen eines Systemwechsels zu klein sein, um den Aufwand zu rechtfertigen. Ein «VAR-Room» müsste inklusive Personalkosten wohl von den Klubs finanziert werden. Selbst wenn sich die Kosten in einem bescheidenen Rahmen halten sollten, sträuben sich die Klubs wie eine Katze am Halsseil gegen jede Form des Geldausgebens für Belange, die ihnen nicht direkten Nutzen bringen.
Sowieso ist unbestritten, dass Fehlentscheide auch mit der höchstentwickelten Bilder-Technologie unter luxuriösen Bedingungen in einem klimatisierten «VAR-Room» nie zu hundert Prozent zu verhindern sind. Denn es sind immer Menschen, die ihre Entscheidung aufgrund ihrer Interpretation der Bilder fällen.
Das dürfte ja auch die Ursache der Kontroverse rund um das kuriose ZSC-Tor sein: Die Bilder standen zur Verfügung und nicht das System steht in der Kritik. Die Diskussionen drehen sich vielmehr um die Kommunikation der Schiedsrichter und eben die Schlüsse, die sie aus den Bildern gezogen haben.