Nachdem sie ihrer Finalgegnerin gratuliert und sich bei den Fans, ihrem Team und ihrer Familie bedankt hatte, hatte Mirra Andrejewa noch eine letzte Botschaft. «Zum Schluss möchte ich mich bei mir selbst bedanken», sagte die 17-Jährige unter dem Jubel und Gelächter des Publikums im kalifornischen Indian Wells, «dafür, dass ich bis zum Ende gekämpft und immer an mich geglaubt habe.»
Es sei nicht einfach gewesen in diesem Final gegen die Weltnummer 1 Aryna Sabalenka, erklärte Andrejewa: «Ich musste rennen wie ein Hase, weil sie so scharf geschossen hat. Es war wirklich schwer, mitzuhalten. Also möchte ich mich auch bei mir bedanken, weil ich in dem Ganzen auch eine kleine Rolle gespielt habe, denke ich.»
Das war dann eher ein Understatement der jungen Russin, die auf dem Weg zum Titel am WTA-1000-Turnier sehr hart kämpfen musste. Ab dem Achtelfinal besiegte sie nacheinander Jelena Rybakina (WTA 8), Elina Switolina (WTA 22), Iga Swiatek (WTA 2) und im Final eben Aryna Sabalenka. Nachdem Andrejewa im ersten Satz noch deutlich unterlegen war, gewann sie die Oberhand und liess sich den Aufschlag nur noch einmal abnehmen. Nach gut zwei Stunden nutzte sie ihren ersten Matchball zum 2:6, 6:4, 6:3.
Mit ihren hervorragenden Auftritten in Indian Wells gelang ihr wieder der Sprung in die Top 10 der Weltrangliste. Neu wird die unter neutraler Flagge startende Andrejewa auf Platz 6 geführt. Nach ihrem Sieg beim Turnier auf gleicher Stufe in Dubai gehörte sie Ende Februar zum ersten Mal zu den besten zehn Tennisspielerinnen der Welt. Mit 17 Jahren und 305 Tagen war sie die jüngste Spielerin seit Marija Scharapowa im Jahr 2004, der dies gelang.
Im Vergleich zu anderen Jungstars wie der US-Amerikanerin Jennifer Capriati, die mit 14 Jahren und 214 Tagen die jüngste Top-10-Spielerin der Geschichte ist, oder auch der Schweizerin Martina Hingis, die 1996 sieben Tage nach ihrem 16. Geburtstag in die Top 10 vordrang, ist sie aber fast schon ein alter Hase.
Über Hingis, mit der ihr Spiel häufig verglichen wird, sagte Andrejewa zu Beginn dieses Jahres: «Ich mochte immer, wie sie gespielt hat, weil ich Ähnlichkeiten sehe. Sie war sehr intelligent auf dem Platz und ich glaube, dass ich das auch zeige. Der Unterschied ist aber, dass sie nie Angst hatte, aggressiv zu sein.» Dies wolle sie in diesem Jahr aber lernen und fragte deshalb auch Hingis als Trainerin an. Diese lehnte jedoch ab, obwohl sie ein «grosser Fan von ihr und der Art, wie sie spielt» sei. Scheinbar konnte Andrejewa aber auch unter Conchita Martinez den nächsten Schritt machen.
Als jüngste Spielerin seit Hingis im Jahr 1997 gewann sie zwei Turniere dieser Stufe in Folge. Ausserdem ist sie die drittjüngste Siegerin in Indian Wells nach – natürlich – Hingis (1998) und Serena Williams (1999), die beide ebenfalls 17 Jahre alt waren.
Es sind goldene Aussichten für Mirra Andrejewa, die jetzt schon auf den Spuren der späteren Weltnummern 1 und mehrfachen Grand-Slam-Siegerinnen Martina Hingis und Serena Williams wandelt. Zumal sie sich diese beiden Titel hart verdienen musste. Der Weg in Indian Wells war ab dem Achtelfinal gar genau derselbe wie jener von Madison Keys zum Triumph am Australian Open.
Sollte Andrejewa sich in den von ihr selbst bemängelten Bereichen weiter verbessern, darf sie sich in Zukunft noch häufiger bei sich selbst bedanken – und bestimmt auch auf der einzigen noch grösseren Bühne im Tennis als den 1000er-Turnieren. Vielleicht ja schon am French Open im Juni, wo sie letztes Jahr schon im Halbfinal stand.