Es ist kein Spiel. Es ist ein aufwühlendes, sportliches Drama. Olten holt ein 0:2 auf, verkürzt auf 3:4 und verliert am Ende 4:5. Die GCK Lions ziehen in den Final der Swiss League gegen La Chaux-de-Fons ein.
Dank dem Operetten-Modus ist die Saison auch für Kloten und Ajoie zu Ende: Die Playouts und die Liga-Qualifikation werden nicht mehr gespielt. Weil weder die GCK Lions noch La Chaux-de-Fonds aufsteigen dürfen. Bei Lichte besehen: Betrug am Publikum. 52 Runden lang haben die Fans im Tabellenkeller mit den Lakers, Kloten, Ajoie und Langnau gehofft, gezittert und gelitten. Um den Ligaerhalt auf dem 12. Platz vorzeitig zu sichern und in der bangen Erwartung der Playouts und der Liga-Qualifikation.
Das Spiel gegen die GCK Lions ist also aus. Oltens Präsident Marc Thommen steht nachdenklich zuoberst auf der Sitzplatztribüne. Er amtiert nicht nur als Vorsitzende des Verwaltungsrates. Der erfolgreiche Unternehmer (Immobilien, Architektur) ist auch der Zahlmeister. Er sorgt dafür, dass jeweils das Minus ausgeglichen wird. Letzte Saison fehlten trotz Finalqualifikation mehr als eine halbe Million.
Marc Thommen sieht für Olten keine Zukunft mehr in der Swiss League. Punkt. «Wir werden bei der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates den freiwilligen Abstieg in die MyHockey League thematisieren.» Im Ernst?
Die akute Krise der zweithöchsten Liga ist die Folge der fatalen Aufstockung der National League von 12 auf 14 Teams, die der Swiss League zwei attraktive Klubs entzogen hat. Inzwischen ist die National League praktisch eine geschlossene Liga geworden. Weil in der Swiss League einerseits der Aufbau eines aufstiegsfähigen Teams immer schwieriger wird und andererseits über die Bürokratie und den Modus die Promotion erschwert wird.
Marc Thommen sagt, das Problem wäre eigentlich zu lösen. Obwohl eine Reduktion der National League von 14 auf 12 Teams unrealistisch sei. Der Verband, der für alle anderen Ligen neben der National League zuständig ist, könnte zur Lösung beitragen.
Diese Aussage im Rahmen einer Sitzung habe er protokollieren lassen.
Marc Thommen skizziert eine Lösung: die Swiss League, die besten Teams der MyHockey League und die U 20-Meisterschaft, die zu einer «Kindermeisterschaft» verkommen ist und zur Ausbildung nicht mehr taugt, zusammenfassen. Aufteilung in regionale Gruppen. Darunter mit der 1. Liga die höchste reine Amateurliga.
«Aber es bewegt sich nichts. Es bleibt alles, wie es ist und unter diesen Voraussetzungen macht es für uns keinen Sinn mehr in der Swiss League zu bleiben. Die wirtschaftliche Grundlage fehlt.» Ein freiwilliger Abstieg von Olten wäre das Ende der Swiss League, wie wir sie kennen. Langenthals und Martignys freiwilliger Rückzug haben keine politische Wirkung gezeigt. Aber wenn nun auch OIten aussteigen sollte, dann rockt es endlich. Das ist sich Marc Thommen bewusst. Gerade deshalb erwägt er diesen drastischen Schritt. Er will die Revolution.
Schon einmal war Olten der Ausgangsort für eine Revolution. Das Oltner Aktionskomitee unter der Führung des Sozialisten Robert Grimm zettelte einst 1918 im Bahnhofbuffet Olten den Generalstreik an. Auch wenn die Aktion letztlich scheiterte: Sie löste doch langfristig Veränderungen für das Proletariat aus. Marc Thommen als Robert Grimm des Hockeys? Er lässt diesen Vergleich gelten.
Die Hoffnung, Marc Thommens Abstiegspläne seien bloss Theaterdonner nach einem enttäuschenden Saisonende und es werde dann doch alles weitergehen wie bisher, könnte sich als fataler Irrtum erweisen. Ohne seinen finanziellen Support gehen beim EHC Olten die Lichter aus. Wer zahlt befiehlt.
Mit ziemlicher Sicherheit könnte der EHC Olten in der MyHockey League durchaus existieren. Das Budget (rund 6 Millionen) könnte um gut die Hälfte reduziert werden. Die Eiskosten, die jetzt mit 300'000 Franken netto die höchsten der ganzen Swiss League sind, müsste die Stadt als Besitzerin des Stadions massiv reduzieren. Wieder mit Langenthal in der gleichen Liga vereint würde der Publikumsaufmarsch (diese Saison in der Qualifikation nur noch 2514 Fans pro Spiel) nicht ins Bodenlose fallen. Langenthal mobilisierte in seiner letzten Saison in der Swiss League 1830 Fans pro Partie. In der MyHockey League waren es nun soeben 1155 im Schnitt. Obwohl die Mannschaft lange Zeit nicht konkurrenzfähig war und den Liga-Erhalt erst im letzten Qualifikations-Spiel gesichert hat.
Die Gefahr, dass die 4:5-Niederlage gegen die GCK Lions im 7. Halbfinalspiel also Oltens letzte in der Swiss League war, ist erheblich. Ob der dramatischen Situation neben dem Eis geht beinahe vergessen, welch aufwühlendes Drama sich auf dem Eis abgespielt hat. Nach dem Spiel sagt keiner, was er denkt. Dass nämlich Torhüter Dominic Nyffeler (31) die Partie mit den haltbaren Treffern zum 0:1 und zum 2:4 und einer miserablen Fangquote von 73,48 Prozent verloren hat. Die Oltner hatten mit 33:19 Torschüssen dominiert und mit Leidenschaft und Mut die läuferischen Nachteile wettgemacht. Dominic Nyffeler sagt selbstkritisch: «Ja, zwei Treffer muss ich auf meine Kappe nehmen.» Er und Stürmer Giacomo Dal Pian (30) beenden ihre Profi-Karriere.
Olten und Langenthal nächste Saison wieder vereint im Amateurhockey? Wir sollten diese Möglichkeit nicht gänzlich ausschliessen.
Die offensichtliche Lösung aus Fansicht mit zwölf NLA Mannschaften und direktem Auf/Abstieg hat bei den Funktionären keine Chance. Und so geht die Swissleage wohl langsam zu Grunde.