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Für die Familien der 96 toten Liverpool-Fans war es eine späte Genugtuung. 27 Jahre nach der Katastrophe im Hilllsborough-Stadion in Sheffield sprach ein Gericht am Dienstag die Zuschauer von jeglicher Schuld frei. Wirklich verheilt sind die Wunden aber nicht, und dies bekam das Massenblatt «The Sun» zu spüren. Es vermeldete das Urteil nicht auf seiner Frontseite und wurde zur Zielscheibe eines massiven Shitstorms.
Der frühere
Fussballstar und heutige Fernsehmoderator Gary Lineker bezeichnete
die Nicht-Meldung auf Twitter als «widerlich» und die Zeitung als «schamlos». Und das waren noch die harmlosesten Ausdrücke, die
in den sozialen Medien für das Revolverblatt verwendet wurden.
As disgusting as it is unsurprising. They have no shame. https://t.co/qKnngxoynh
— Gary Lineker (@GaryLineker) April 26, 2016
Ursache der Empörung ist die Frontseite der «Sun», die vier Tage nach der Tragödie vom 15. April 1989 erschienen war. Unter der Schlagzeile «Die Wahrheit» veröffentlichte die Zeitung massive und vor allem unwahre Vorwürfe an die Adresse der Fans. Sie hätten «auf Polizisten uriniert», «die Taschen von Opfern geleert» und «einen Polizisten bei einem Wiederbelebungsversuch verprügelt», hiess es unter Berufung auf einen «anonymen Polizeibeamten».
Mit den Jahren
zeigte sich immer deutlicher, dass nicht randalierende Hooligans für
das Desaster verantwortlich waren, sondern die völlig überforderte
Polizei. Sie hatte beim Cup-Halbfinal zwischen dem FC Liverpool und
Nottingham Forest vor dem Andrang der Fans kapituliert und die Tore
zum Stadion geöffnet, so dass viele Anhänger ohne Ticket auf die
umzäunten Tribünen gelangten. Die 96 Liverpool-Fans wurden
regelrecht zu Tode gequetscht.
Dies musste auch die «Sun» zur Kenntnis nehmen. 2004 entschuldigte sie sich erstmals für die Fehlleistung. 2012 erschien eine Titelseite mit der Schlagzeile «Die echte Wahrheit» und einer erneuten Entschuldigung. Die Zeitung sprach vom «schlimmsten Fehler ihrer Geschichte». Das Urteil vom Dienstag wurde auf einer Doppelseite abgehandelt. Der Ressortleiter Politik der «Sun» sagte dem Fernsehsender Sky News, er verstehe den anhaltenden Zorn vollkommen: «Wir verdienen alles, was man uns an den Kopf wirft.»
Wie gross diese Wut noch immer ist, zeigt der Ärger über die fehlende Meldung auf der Frontseite. Damals wurde in Liverpool zum Boykott der «Sun» aufgerufen, vom dem sich das Massenblatt nie wirklich erholt hat. Die Zahl der verkauften Exemplare sank von 55'000 auf 12'000 pro Tag. Noch heute weigern sich Zeitungsverkäufer, sie zu vertreiben. Der FC Liverpool veröffentlicht auf seiner Website aus Prinzip keine Berichte der «Sun».
Ein weiteres Indiz: Als die Opferfamilien nach dem Urteil vom Dienstag eine Pressekonferenz durchführten, fragte eine Anwältin, ob Reporter der «Sun» anwesend seien: «In diesem Fall sollen sie still und leise durch die Hintertür verschwinden.» Kommentar einer Angehörigen: «Die ‹Sun› ist Abschaum.» (pbl)