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Sieht komisch aus, bringt aber viel: Warum die Nati-Stars im Training «Sport-BHs» tragen

Granit Xhaka mit «Sport-BH» im Training der Nationalmannschaft.
Granit Xhaka mit «Sport-BH» im Training der Nationalmannschaft.
Bild: freshfocus

Sieht komisch aus, bringt aber viel: Warum die Nati-Stars im Training «Sport-BHs» tragen

Sie fallen auf und sind in aller Munde. Die seltsamen schwarzen Überzieher, in denen die Nati-Stars vor dem EM ihre Trainings absolvieren. Nati-Leistungsdiagnostiker Markus Tschopp erklärt das Geheimnis um die «Sport-BHs» des Nationalteams.
02.06.2016, 07:3002.06.2016, 11:35
Etienne Wuillemin / az Aargauer Zeitung
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Markus Tschopp steht am Spielfeldrand des Stadions Cornaredo. Aufmerksam verfolgt er das Training der Schweizer Nationalmannschaft. Tschopp ist seit 2004 «Leistungsdiagnostiker» im Staff. Oder einfacher: Er überwacht die Körper der Nati-Spieler.

Wer die Trainings der Schweizer verfolgt, wundert sich über die schwarzen Sport-BH der Stars. Was verbirgt sich dahinter? Tschopp nennt sie «Gstältli». Diese zeichnen allerhand Daten auf. Bis zu 60 Parameter pro Spieler. Die Spieler tragen den Sport-BH auch in den Testspielen. Nicht aber an der EM. «Obwohl es die FIFA erlauben würde», sagt Tschopp. Wer körperlich angeschlagen ist, schläft teilweise sogar mit Sport-BH. Damit kann Tschopp sehen, ob sich die Spieler genügend erholen.

Markus Tschopp, Leistungsdiagnostiker: «Derzeit laufen viele Projekte, die zum Ziel haben, die taktischen Fähigkeiten eines Spielers in einem Zahlenwert festhalten zu können.»
Markus Tschopp, Leistungsdiagnostiker: «Derzeit laufen viele Projekte, die zum Ziel haben, die taktischen Fähigkeiten eines Spielers in einem Zahlenwert festhalten zu können.»
Bild: KEYSTONE

Am Rand des Rasens steht ein Computer. Die Daten der Spieler werden live eingespeist. Tschopp steht mit einem iPad in der Hand in der Nähe von Nationaltrainer Vladimir Petkovic. So kann er sofort Einfluss nehmen auf die Trainingsgestaltung, wenn er sieht, dass die Spieler in einen Bereich der Belastung vorstossen, der die Gesundheit beeinträchtigen könnte.

Einer der wichtigsten Parameter ist die Distanz, welche ein Spieler in Hochgeschwindigkeit – also über 19,8 km/h – zurücklegt. Während eines Spiels variiert dieser Wert durchschnittlich zwischen 600  bis 800 Meter pro Spieler. Aussenverteidiger und Flügel kommen bis auf einen Kilometer in 90 Minuten, während sich der Wert bei Innenverteidigern nur zwischen 200 und 400 Metern bewegt.

Grosse Hilfe für Petkovic

In einem Training Anfang der Woche absolvierten die Spieler Positionsläufe. Jene Spieler, die dabei innert weniger Zeit 600 Meter in Hochgeschwindigkeit liefen und davor schon das Spiel gegen Belgien bestritten hatten, absolvierten dann im nächsten Training ein Schonprogramm. «Wir wollen die Spieler in den Trainings ans Limit führen – aber keinesfalls darüber hinaus», erklärt Tschopp.

Alles im Griff: Petkovic und seine «BH-Jungs».
Alles im Griff: Petkovic und seine «BH-Jungs».
Bild: EPA/KEYSTONE

Damit das nicht passiert, kommen auch Werte von innerhalb des Körpers dazu. Zum Beispiel die Zeit, in der ein Spieler über 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz trainiert. Schliesslich befragt Tschopp die Spieler auch persönlich. Um zu überprüfen, ob die subjektive Wahrnehmung mit jenen der Daten übereinstimmt. Dieses Feedback lässt er in seine Interpretationen einfliessen. Und übergibt dieses Paket dann Trainer Petkovic. «Allein aufgrund von Daten werden wohl nie Entscheidungen getroffen. Aber sie können helfen.»

Deutschland dank App zum WM-Titel

Tschopp sagt: «Ganz allgemein werden die Daten im Fussball immer wichtiger. Weil der Fussball sehr komplex ist, geben sie uns die Möglichkeit, auf jeden Spieler individuell einzugehen.» Und damit sinkt die Verletzungsgefahr. In Zukunft wird das Vermessen der Spieler noch ausführlicher. Tschopp sagt: «Derzeit laufen viele Projekte, die zum Ziel haben, die taktischen Fähigkeiten eines Spielers in einem Zahlenwert festhalten zu können.»

Lichtsteiner ist im Gegensatz zu seinen Teamkollegen oft ohne «Gstältli» unterwegs.
Lichtsteiner ist im Gegensatz zu seinen Teamkollegen oft ohne «Gstältli» unterwegs.
Bild: TI-PRESS
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Technische Hilfsmittel werden immer wichtiger. Vor der WM 2014 in Brasilien benutzte Deutschland eine eigens entwickelte App. Damit konnten sich die Spieler zum Beispiel bequem am Strand per Handy über die Eigenheiten des nächsten Gegners informieren. Auch das war einer der Gründe für den WM-Titel.

Und die Schweiz? Alle Spieler erhalten per E-Mail Videosequenzen von ihrem direkten Gegenspieler. 

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dan Rifter
02.06.2016 08:24registriert Februar 2015
Die Teams bzw Spieler profitieren vom technischen Fortschritt.. nur die Schiris haben noch immer nur ihre Augen (OK, die Headsets helfen zwar auch..)
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niklausb
02.06.2016 08:46registriert März 2015
Interessant wäre jetzt zu wissen wiso Lichtsteiner denn keinen trägt bzw. Ob er ihn einfach darunter trägt wie das die FCB Profis bereits letste saison unter Paulo Sousa taten??
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jane*
02.06.2016 09:21registriert Februar 2015
und wieso trägt die nati diese über dem dress, und sl spieler unter dem trikot?
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