Aus der spanischen Nati eine Starspielerin herauszupicken ist schwierig. Ist doch das ganze Team samt Bank ein Star-Ensemble sondergleichen. Will man sich dennoch für nur eine entscheiden, ist es wohl Alexia Putellas. Seit Jahren gehört die 31-jährige Mittelfeldspielerin zum spanischen Stammpersonal, zweimal wurde sie zur Weltfussballerin gekürt.
Und auch an dieser EM spielt sie für die «Furia Roja» eine zentrale Rolle. Drei Treffer und vier Assists lautet die bisherige Bilanz der 136-fachen Nationalspielerin. Ob sie sich nach dem Weltmeistertitel 2023 und drei Champions-League-Siegen mit dem FC Barcelona auch den letzten fehlenden Titel in ihrer Sammlung holen kann, und sich zur Europameisterin kürt, wird sich am Sonntag zeigen.
Neben Putellas sticht auch immer Aitana Bonmati heraus. Eigentlich ist sie eine der Starspielerinnen der Spanierinnen. Dass die zweifache Weltfussballerin gross aufspielt, überrascht eigentlich niemanden. Was hingegen erstaunt, ist wie schnell die Spanierin wieder auf Topniveau kam. Nur wenige Tage vor Turnierstart postet sie eine Instagram-Story aus dem Krankenhaus. Hirnhautentzündung lautet die Diagnose. Kurz ist nicht klar, ob Bonmati an der EM überhaupt spielen wird.
Doch die Barcelona-Spielerin ist eine Kämpferin durch und durch. Im ersten Gruppenspiel wird sie noch geschont und nur für die letzten zehn Minuten eingewechselt. Ab da werden ihre Minuten mehr und mehr. Und spätestens in der K.o.-Phase ist sie für ihr Team wieder so unverzichtbar, wie alle es von ihr erwartet hatten. Im EM-Viertelfinal gegen die Schweiz bereitet sie das 1:0 mit der Hacke vor – und in der 113. Minute im Halbfinal schiesst sie Spanien in den EM-Final. Ob ihr der nächste Streich bereits am Sonntag gelingt?
Sie übernahm das Amt in einer heiklen Phase: Montserrat Tomé. 2023 war das, nachdem der spanische Weltmeistertitel vom Kusseklat zwischen Jennifer Hermoso und Luis Rubiales überschattet worden war. Neu bei der spanischen Nati war Tomé aber nicht, seit 2018 arbeitete sie da als Co-Trainerin für die A-Nati und coachte Spaniens Nachwuchsteams.
Nun könnte sie, die während ihrer Amtszeit stets einen schwierigen Stand hatte und angezweifelt wurde, Spanien doch tatsächlich zum EM-Titel coachen. Es wäre der erste in der Geschichte des Nationalteams.
Spanien ist das beste Team, das es im Frauenfussball momentan gibt. Das wissen alle. Sie sind die amtierenden Weltmeisterinnen. haben zwei zweifache Weltfussballerinnen im Team. Doch Europameisterin, das wurde die Furia Roja noch nie. In einer Neuauflage des WM-Finals von 2023 wird sich nun zeigen, ob Spanien die Engländerinnen noch immer dominiert.
Chloe Kelly ist nicht die typische Starspielerin eines Teams. Weil Trainerin Sarina Wiegmann nur ungern in ihrer Startelf rotiert, muss sich die 27-jährige Arsenal-Stürmerin mit der Jokerrolle begnügen. Doch diese führt sie aus, wie keine andere. Im Viertelfinal gegen Schweden leitete sie den Anschlusstreffer von Lucy Bronze ein, verwandelte im entscheidenden Elfmeterschiessen ihren Penalty. Und auch im Halbfinal übernahm sie Verantwortung und schoss den Penalty, der England in der 119. Minute zugesprochen worden war – im Nachschuss traf sie und wurde Spielerin des Spiels.
Nun kriegt Kelly die Chance, ihre EM perfekt zu machen. Denn an den Final von vor drei Jahren hat sie gute Erinnerungen: In der 111. Minute traf sie damals gegen Deutschland zum 2:1 – und sicherte ihrem Team den Europameisterinnentitel.
Die 19-jährige Michelle Agyemang schreibt ihr ganz persönliches Sommermärchen. Eines, das sie sich vor EM-Start wohl selbst nicht erträumt hätte. Vor dem Turnier hatte die Stürmerin von Brighton & Hove nur ein einziges A-Nati-Länderspiel absolviert. Fünf Minuten erhielt sie dann im ersten Gruppenspiel gegen Frankreich, die beiden nächsten blieb sie auf der Bank.
Doch ihr Moment sollte kommen: Im EM-Viertelfinal gegen Schweden traf sie, eingewechselt in der 70 Minute, zum 2:2, rettete England in die Verlängerung. Gleiches Spiel im Halbfinal: Für die letzten fünf regulären Spielminuten kam Agyemang. Sie dankte es mit dem Ausgleichstor in der Nachspielzeit und rettete England in extremis vor dem EM-Aus. Ob sie im Final, ganz nach dem Motto «aller guten Dinge sind drei» erneut trifft?
Sie ist die renommierteste Trainerin im Frauenfussball: Sarina Wiegman. Die 55-jährige Niederländerin spielte einst selbst für das Nationalteam, verbuchte 101 Einsätze für die «Oranje». Ihre Trainerinnenkarriere lancierte sie dann in ihrem Heimatland, war während fünf Jahren, von 2016 bis 2022, Coach von den Niederländerinnen. 2017 wurde sie mit ihrem Team Europameisterin, 2019 Vizeweltmeisterin. Genau gleich ruhmreich ging ihre Karriere dann in England weiter: 2022 der EM-Titel, 2023 der WM-Final-Vorstoss. Und nun könnte Wiegmann tatsächlich der Titel-Hattrick an der EM gelingen.
Die grössten Erfolge feierte England unter der aktuellen Nationaltrainerin Sarina Wiegman. Allen voran der Gewinn der Europameisterschaft am Heim-Turnier 2022. Hinzu kommt der Vizeweltmeisterinnen-Titel ein Jahr später.
Der EM-Final zwischen Spanien und England am Sonntag ist die Neuauflage des WM-Finals von 2023. In Sydney setzten sich die Spanierinnen dank einem Distanzschuss von Linksverteidigerin Olga Carmona mit 1:0 durch. Die «Lionesses» möchten im EM-Final nun die Revanche.