Rückblende: Die Rücktrittsankündigung von Ex-Präsident Philipp Bonorand im März 2023 schüttelt den FC Aarau so richtig durch. Eine Antwort auf die Frage «Wie weiter?» ist in weiter Ferne. Strukturen, Personal, Ziele – jeder Stein wird umgedreht.
Dabei holen sich die Entscheidungsträger auch Rat von aussen, unter anderem beim früheren FCB-Präsidenten und heutigen Klub-Berater Bernhard Heusler. Er stellt eine Partnerschaft mit einem oder mehreren ausländischen Klubs in den Raum: der FC Aarau als Teil eines internationalen Netzwerks. Solche sind die Zukunft im Fussball und bringen viele Vorteile.
Klar ist: Das Schicksal der Grasshoppers, die mittlerweile Spielball ausländischer Spekulanten sind, kommt für den FCA nicht infrage. Schon die Statuten verbieten die Veräusserung der Aktienmehrheit, aber auch ideell gibt es im FCA-Kosmos nur vereinzelte Befürworter eines solchen Szenarios. So war es auch schon im Jahr 2021, als Ex-Natigoalie Jörg Stiel im Auftrag von Borussia Mönchengladbach im Brügglifeld anklopfte, ob der FC Aarau zu kaufen sei.
Im Frühling 2023 wird Markus Mahler zum neuen FCA-Präsidenten gewählt. Kurz darauf wird der zuvor entstandene und von Heusler vermittelte Kontakt zwischen Aarau und Schalke intensiviert. Und es kommt am Flughafen Zürich zu einem ersten Treffen zwischen den FCA-Vertretern Mahler und Sandro Burki sowie den aus Deutschland angereisten Axel Hefer (Aufsichtsratsvorsitzender) und Peter Knäbel (damals Schalkes Sportvorstand).
Schnell ist klar: Man will eine Partnerschaft probieren. Herausfinden, ob es zusammenpasst. Aus Aarauer Sicht, weil man als verhältnismässiger Kleinklub immer von einem Giganten wie Schalke 04 lernen kann. Zur Einordnung: Weltweit haben nur fünf Klubs mehr Mitglieder als Schalke 04.
Für die Deutschen wiederum passt eine Verbindung ins Brügglifeld zur Klubstrategie mit Partnerschaften in ganz Europa: Venlo in Holland, Ried in Österreich und nun Aarau in der Schweiz.
Details oder Verbindlichkeiten beinhaltet der Vertrag zwischen dem FCA und S04 praktisch keine. Im Papier aufgelistet sind vor allem Absichtserklärungen. Etwa der Austausch von Know-how in der Juniorenausbildung. Konkret: Dass künftig Aarauer Nachwuchstrainer ein Praktikum auf Schalke machen, ist wahrscheinlich.
Bislang besteht der Alltag der Partnerschaft vor allem aus dem Austausch zwischen FCA-Sportchef Elsad Zverotic und Schalkes Ex-Kaderplaner und neuem Sportchef Ben Manga. Während Zverotic bei der Spielersuche auf keinen Scout zurückgreifen kann, sind bei Schalke rund 80 (!) angestellt. Mehrmals im vergangenen Sommer hat Schalkes Scouting-Abteilung auf Bitten von Zverotic Transferkandidaten bewertet.
Wer nun denkt, es profitiert ja nur der FC Aarau: Ja, bis dato stimmt das – und wird grundsätzlich auch so bleiben. Im Gegenzug für die Bereitstellung von Ressourcen und Know-how im Scouting, Datenbereich und Marketing hat sich Schalke jedoch eine Art Vorkaufsrecht für talentierte Junioren oder Jungprofis gesichert.
Sprich: Hätten die Deutschen im vergangenen Sommer Bedarf im Mittelfeldzentrum gehabt, wäre Isaac Pappoe statt bei Ferencvaros Budapest wohl auf Schalke gelandet. Sofern Schalke die aus Ungarn gebotene rund 1 Million Franken auch bezahlt hätte.
Ein wichtiger Punkt: Schalke kann sich nicht mit Rabatt im Brügglifeld bedienen. Generell gibt es keine Pflichten für eine der beiden Parteien. Möchten die Schalker in Zukunft einen ihrer Junioren beim FCA zwecks Spielpraxis parkieren, kommt der nur ins Brügglifeld, wenn Zverotic und Co. ihn auch wollen.
Am Samstag, anlässlich des 100-Jahre-Jubiläums des Stadions Brügglifeld, wird mit Schalkes Gastspiel in Aarau die Partnerschaft erstmals sichtbar. Die Reise in die Schweiz lassen sich die Deutschen vom FC Aarau bezahlen – im Gegenzug garantiert die Strahlkraft von Schalke 04 (1000 Fans reisen alleine aus Deutschland an), dass vom Jubiläumsfest ein hübscher Gewinn in die FCA-Kasse fliesst.
Aber ein kleiner Schritt mit Verstand.
Besser als sonst: jetzt kommen grosse Investoren aus China, Usa etc&man wird zum Spielball.
Symphatisch will man sich selber bleiben, auch wenns kleine Schritte sind.