Nations League, Niederlande gegen Frankreich. Mit seinem Elfmetertor zum 2:0 besiegelte Memphis Depay in der sechsten Minute der Nachspielzeit den Abstieg Deutschlands.
Die Art und Weise, wie der 24-jährige Niederländer den Strafstoss verwandelte, machte deutlich: Dieser junge Mann hat verdammt viel Selbstvertrauen!
À la Panenka chippte er den Ball locker in die Mitte des Tores und überwand damit Frankreichs Torwart Hugo Lloris, der in eine Ecke hechtete und deshalb chancenlos war.
Gerade läuft's ganz schön gut für Memphis Depay, der nur Memphis genannt werden möchte, weil er nichts mit dem Nachnamen seines Vaters zu tun haben will. Denn der machte sich aus dem Staub, als Memphis vier Jahre alt war.
Im Jahr 2018 machte Memphis für seinen Club Olympique Lyon und die «Elftal» bisher 52 Spiele und war an 41 Toren direkt beteiligt: 23 Tore und 18 Vorlagen.
Dass Memphis mit einer solchen Leichtigkeit aufspielt und so dominiert, das war in seiner Karriere nicht immer so. Obwohl er erst 24 ist, hat seine Fussballerlaufbahn schon einmal einen kleinen Hänger gehabt.
Der gebürtige Moordrechter (Provinz Südholland) wechselte nach 124 sehr erfolgreichen Spielen bei PSV Eindhoven (50 Tore/29 Vorlagen) im Sommer 2015, mit 21 Jahren, in die Premier League zu Manchester United. Ablöse: 34 Millionen Euro. In Manchester war Louis van Gaal Trainer, der ihm 2013 auch zu seinem Debüt in der niederländischen Nationalmannschaft verhalf.
Doch trotzdem lief's nicht richtig rund für Memphis. Unter seinem Förderer van Gaal machte er in seiner Debütsaison bei den «Red Devils» zwar 45 Spiele, aber eine Leistungsexplosion blieb aus (7 Tore/6 Vorlagen).
Unter van Gaals Nachfolger José Mourinho wurde Manchester gar zu Memphis' Alptraum. «The Special One» liess ihn in der Spielzeit 2016/17 nur achtmal spielen, insgesamt stand er 134 Minuten auf dem Platz.
Er kam als niederländischer Torschützenkönig (22 Tore) nach England, um dann unter Mourinho auf der Bank zu versauern. Mangelnde Einstellung, zu viel Hang zur Extravaganz, keine Konstanz, so die Vorwürfe.
Im Winter floh Memphis nach Frankreich zu Olympique Lyon. Der allgemeine Tenor: Noch so ein Talent, das den grossen Sprung nicht geschafft hat. Der französische Ex-Serienmeister zahlte «nur» 16 Millionen Euro für ihn – für aktuelle Verhältnisse ein Schnapper.
Sein jetziger Trainer bei «OL», Bruno Génésio, sagte über ihn: «Er hat Zeit benötigt, um sein Selbstbewusstsein nach einer verlorenen Saison bei Manchester wieder zu gewinnen. Er wurde von vielen Leuten in Frage gestellt. Aber er hat hart gearbeitet.» («goal.com»)
Der vermeintliche Rückschritt nach Lyon erwies sich als Glücksfall für Memphis. Für die Franzosen traf er in 86 Spielen bisher 33-mal, 31 Tore bereitete er vor. Seit dem Wechsel läuft's auch in der «Elftal» wie am Schnürchen. Sogar die prestigeträchtige Nummer 10 trägt er jetzt auf dem Trikot.
Die zuletzt so gebeutelte Fussballnation in Oranje erhebt sich: Mit Talenten wie Justin Kluivert, Frenkie de Jong und Matthijs de Ligt scheint die Zukunft gesichert. Und sie hat offenbar einen Anführer: Memphis.
Wie auch die Niederlande musste Memphis erst einmal scheitern, um zu alter Stärke zurückzufinden. Während sich so manch ein hochgejubeltes Talent nie davon erholt, wurde Memphis noch besser.
Der Stürmer, der in Manchester mehr mit schnellen Autos für Furore sorgte und zwischenzeitlich die sportlichen Ziele aus den Augen verlor, geht nun auf dem Platz voran.
Lange Zeit war der tätowierte Löwe auf seinem Rücken nicht mehr als ein netter Fänger für Instagram-Likes, mittlerweile steht dieser wieder für einen der gefürchtetsten Torjäger in Europa. Vielleicht ist es kein Zufall, das ebendiese Raubkatze das Wappentier des niederländischen Fussballverbands sowie das von Olympique Lyon ist...
Memphis, der für seine 24 Jahre schon ziemlich viel erlebt hat, könnte Führungsspieler einer neuen niederländischen Generation von Topspielern werden – und somit das Erbe der grossen, aber zuletzt oft gescheiterten Generation von Arjen Robben, Wesley Sneijder, Robin van Persie und Co. antreten.
Der Panenka gegen Frankreich, der Deutschland aus der Liga A schoss, war vielleicht der kaltschnäuzige Anfang einer neuen niederländischen Fussball-Ära.