Seit 2012 sucht die Schweiz ihre grössten Fussballtalente mit dem Projekt «Footeco». Los geht dies bei 11-Jährigen (E-Junioren), die zwar noch im Stammverein bleiben, aber von den Topklubs ein Zusatztraining erhalten. Wie die Juniorenförderung bei den Jüngsten gesamtschweizerisch abläuft, beschrieben wir in diesem Artikel:
Doch die erste Frage für jeden Fussballknirps ist ja: Wie komme ich überhaupt in Kontakt mit den Grossklubs?
Das läuft über die einzelnen (Dorf-)Vereine. Bis im Dezember konnten diese ihre talentiertesten Spieler mit Jahrgang 2006 dem ihnen zugeteilten Profiklub melden. Ende März/Anfangs April wurden – im Fall von GC – dann gut 115 Kids auf den Juchhof eingeladen, wo die Sichtungstrainings stattfanden.
Es ist ein kühler Mittwochnachmittag. Am Spielfeldrand drängen sich die Eltern am Geländer. Auf dem Platz stehen 15 Trainer, welche die Kinder beurteilen. Drei Gruppen mit je rund 35 Buben und Mädchen werden heute «vorspielen». Jedes Kind erhält zu Beginn einen «Latz» mit einer Nummer drauf.
Das Training ist einfach zusammengestellt. Nach einer kurzen Passübung zum Aufwärmen werden acht Mannschaften gebildet. Sechs Teams tragen jeweils drei «Mätschli» aus, zwei sind an einem Schnelligkeitsposten beschäftigt. Alle 15 Minuten wird gewechselt.
Warum gibt es einen extra Posten für die Schnelligkeit? «Die Schnelligkeit ist im heutigen Fussball ein Killerkriterium», sagt GC-Footeco-Chef Johannes Moos. «Wenn einer nicht schnell ist, dann hat er es sehr schwierig. Ist einer aber schnell und dafür technisch nicht so beschlagen, dann können wir ihm dies viel einfacher antrainieren.» Ansonsten wollen sie die Kinder vor allem sehen, wie sie sich bei einem «freien Mätschli» verhalten.
Eigentlich müssen die E-Junioren mindestens eine von vier Eigenschaften mitbringen, um eine Chance auf einen Platz in den Footeco-Stützpunkten zu erhalten: Schnelligkeit, Technik, Intelligenz, Persönlichkeit. «Wenn nichts ausgeprägt gegeben ist, dann wird das nichts. Und wenn die Schnelligkeit ungenügend ist, dann muss eines der anderen Kriterien wirklich überdurchschnittlich stark sein», erklärt Moos.
Die 15 Trainer beobachten während des Trainings wenn möglich jeden Spieler zumindest einmal intensiv. Dabei wird auf die TIPS-Kriterien geachtet (Technik, Intelligenz, Persönlichkeit, Schnelligkeit):
Dazu kommt mit dem «Entwicklungsstand» ein weiterer Aspekt. Ein im Januar geborenes Kind hat gegenüber einem im Dezember geborenem einen Vorteil. Der soll damit ausgeglichen werden.
Während des Trainings beobachten die 15 Trainer die einzelnen Spieler also und bewerten sie jeder für sich mit:
Nach dem Training sammelt Moos alle 15 Bewertungen ein, vergleicht und entscheidet dann. Damit die Beurteilung seriöser gemacht werden kann, werden die Kids zu drei Trainings eingeladen – nach dem zweiten kann ein erster Schnitt erfolgen, wenn ein Kind zweimal zu schlecht benotet wurde. So liegt auch mal «ein schlechter Tag» drin.
Die Eltern sind meist verbissener als die Kinder. Die Talente wollen im Alter von 11 Jahren vor allem spielen und Spass haben. «Wir erläutern deshalb aktiv, dass dies hier nur der erste Schritt ist und noch nicht über eine Profi-Karriere entscheidet. Die Erwartungen müssen da gebremst werden. Und wichtig ist auch: Die Schule kommt immer zuerst.» Bei den Eltern kommt diese Information meist sehr gut an und wird als hilfreich aufgenommen.
Aber natürlich: Der Lauf der Zeit lässt sich nicht aufhalten. Konnte früher noch ein Fussballer Karriere machen, wenn er erst mit 20 Jahren seinen Dorfverein verliess, so werden die Weichen heute viel früher gestellt: «Diese Selektion ist eine der wichtigsten im Nachwuchsbereich», stellt Moos klar. «In diesem Alter können wir den Kids Sachen beibringen, die später nur schwer aufzuholen sind.» Dabei dürfen wir nicht vergessen: Wenn von 1000 Talenten auf dieser Stufe am Ende zwei Profis werden, dann ist das schon ein ansprechender Wert.
Das erste Training endet mit der Information an die Eltern. In einer Woche treffen sich die Kids wieder zum zweiten und dritten Sichtungstermin. Dann werden höchstens 80 der 115 Spieler ab Sommer für die Footeco-Stützpunkte aufgeboten. Bei anderen platzen dann schon die ersten Träume vom Gewinn der Champions League. Zumindest vorerst. Denn die Türe, um im Footeco-System Unterschlupf zu finden, schliesst sich bei E-Junioren noch nicht definitiv. Spätestens in einem Jahr kommt allenfalls die zweite Chance.