Wer sich auf die Suche nach dem Nationalteam Portugals begibt, reist ins Landesinnere von Katar. 45 Minuten von Doha entfernt liegt der «Al Shahaniya Sports Club», wo die Portugiesen trainieren. Rund herum viel Wüstensand und ein Stadion, in dem Kamelrennen stattfinden. «Ich war bei einem Training, das geht ziemlich lustig zu und her», sagt Rogerio Azevedo.
Azevedo begleitet Portugals Nationalteam für die Sportzeitung «A Bola» seit 20 Jahren. Er hat viele Höhen miterlebt. Den Final an der Heim-EM 2004 und den EM-Titel 2016 beispielsweise. Aber auch Enttäuschungen. Davon gibt es gerade an Weltmeisterschaften einige. Die Bilanz zuletzt? 2010: Out im Achtelfinal gegen Spanien. 2014: Out in der Vorrunde. 2018: Out im Achtelfinal gegen Uruguay. Darum sagt Azevedo: «Portugal ist auf dem Papier fähig für einen grossen Coup, die Frage ist einfach, ob sie es als Team auf die Reihe kriegen.»
Wer in dieser Aussage Zweifel herausliest, liegt nicht ganz falsch. Egal, mit wem von den regelmässigen Beobachtern man im Camp von Portugal spricht, es tönt überall ähnlich: gute Einzelspieler, aber kein wirkliches Team. Im Zentrum dieser Debatten steht natürlich auch Cristiano Ronaldo. 37 Jahre alt ist der Superstar mittlerweile. Für Manchester United erzielte er in 16 Spielen in dieser Saison noch drei Tore. Auch darum diskutiert Portugal zunehmend die Frage, ob die Mannschaft ohne Ronaldo nicht besser wäre als mit ihm. «Ganz klar, er ist nicht mehr derselbe Ronaldo wie vor zwei oder drei Jahren», sagt «A Bola»-Journalist Azevedo.
Manchmal scheint es, als wäre Ronaldo nicht nur auf einer Mission für sein Land, sondern vor allem für sich selbst. Ein Tor fehlt ihm, bis er Eusebios Rekordmarke von neun WM-Toren für Portugal egalisiert. Dass Eusebio nur eine einzige WM absolvierte (1966, als Portugal Dritter wurde), kümmert Ronaldo nicht weiter. Absurd wird es allerdings, wenn er wie im zweiten Gruppenspiel gegen Uruguay verzweifelt darum kämpft, bei einem Tor noch mit seinen Haaren am Ball gewesen zu sein. Das kommt zu Hause nicht überall gut an. Und vielleicht auch nicht beim einen oder anderen Mitspieler.
Portugals Trainer Fernando Santos pflegt eine enge Beziehung mit seinem Superstar. Er selbst wiederum hat in der Heimat seit dem EM-Titel 2016 viel an Popularität verloren. Mittlerweile wünschen ihn viele ins Pfefferland. Santos hat einen Vertrag bis zur EM 2024, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass er bei einem erneuten frühen Scheitern als Nationaltrainer zurücktreten würde.
Und wie sieht es aus mit dem portugiesischen Respekt vor der Schweiz? Er ist durchaus vorhanden. Kurz vor dem Training gestern tritt William Carvalho vor die Medien. Er sagt: «Es treffen zwei grosse Nationalteams aufeinander. Es werden Details entscheiden.» Als ein spanischer Journalist fragt, wie er denn die Spanier einschätze, im Hinblick auf einen möglichen Viertelfinal, sagt Carvalho resolut: «Niemand von uns denkt an Spanien. Der Achtelfinal ist alles was zählt.» Die erste Falle wäre also umschifft. (aargauerzeitung.ch)
Ohne Witz. Jahr für Jahr wird die Schweiz von den Medien der europäischen Top-Nationen masslos unterschätzt. Dabei sollten die ganzen Spanier, Deutsche, Italiener, Franzosen und Engländer mittlerweile wissen, dass die Nati für sie zwar ein schlagbarer, aber absolut unangenehmer Gegner ist. Mit Ausnahme eines Italien Quali-Spiels kann ich mich nicht erinnern, wann die Schweiz zuletzt so richtig unter die Räder kam.