Eigentlich ist es das wichtigste Spiel des Jahres für den FC Bayern München. Zu Hause gegen das vielleicht derzeit beste Team der Welt, Manchester City, möchten die Münchner das Wunder schaffen und trotz einer 0:3-Niederlage im Hinspiel noch in den Halbfinal der Champions League einziehen.
An dieses Wunder glauben in München aber nur noch die wenigsten Optimisten. Die deftige Niederlage und die negativen Resultate in den letzten Wochen haben Spuren hinterlassen.
Nach dem überraschenden Cup-Aus gegen Freiburg und der hohen Niederlage gegen City im Hinspiel hat der deutsche Rekordmeister am Wochenende auch gegen den Abstiegskandidaten Hoffenheim nur 1:1-Unentschieden gespielt. Der unerwartete Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Thomas Tuchel hat bisher nicht gefruchtet, stattdessen droht die erste titellose Saison seit elf Jahren.
Und so wird wieder einmal diskutiert, wie so häufig beim FC Bayern, der längst wieder FC Hollywood genannt werden kann. Die Aufreger in dieser Saison passen nicht alle in diese Zeilen, Woche für Woche kommen neue Skandal-Schlagzeilen dazu. So hat in der Kabine nach der Niederlage in Manchester Offensivspieler Sadio Mané seinen Mitspieler Leroy Sané mit einem Faustschlag im Gesicht getroffen. Während Mané daraufhin gegen Hoffenheim suspendiert fehlte, präsentierte Sané eine geschwollene Lippe.
Diskussionen gibt es zur Zeit insbesondere über Yann Sommer. Der Schweizer Nationalgoalie, im Winter von Borussia Mönchengladbach als Ersatz für den verletzten Manuel Neuer verpflichtet, steht nach seinen letzten Leistungen in der Kritik.
Spätestens seit dem Traumtor von Manchester Citys Rodri im Hinspiel geht es in der öffentlichen Debatte wieder einmal über die für einen Torhüter kleine Körpergrösse Sommers. 1,83 Meter misst der Schweizer Nationalgoalie, das sind genau zehn Zentimeter weniger als der langjährige Bayern-Stammgoalie Manuel Neuer.
Sommer sei zu klein, sagen in der Aufarbeitung TV-Experten. Peter Neururer und der ehemalige Dortmund-Goalie Roman Weidenfeller legen sich fest und sagen, dass Neuer den Schuss gehalten hätte. Und auch Pascal Zuberbühler kritisierte bei «Blue» seinen Landsmann: «Da fehlen ihm genau die fünf Zentimeter, um den Ball noch über die Latte zu lenken.» Didi Hammann, ging in seiner Kritik sogar noch eine Stufe weiter. Er sprach Sommer grundsätzlich die Klasse für den deutschen Rekordmeister ab. Und Bayerns Torhüterlegende Jean-Marie Pfaff fragte sich: «Hat Sommer Schlaftabletten genommen?»
Zuspruch erhält Yann Sommer immerhin von Jörg Stiel. Der ehemalige Nati-Torhüter erinnert daran, dass Sommer bereits seit Jahren auf Topniveau spielt, nicht erst seit er bei Bayern ist. «Ich halte diese Diskussion für absoluten Schwachsinn. 2021 war die EM, da hat man Yann Sommer das Prädikat Weltklasse verliehen.» Bayern-Trainer Thomas Tuchel nimmt seinen Torhüter mit einer ironischen Aussage in Schutz: «Wenn Yann Sommer 30 Zentimeter grösser wäre und vorher schon in der Ecke gestanden hätte, hätte er den Ball gehalten.»
Für Sommer ist die Ausgangslage in der derzeitigen Situation trotz Rückendeckung seines neuen Trainers delikat. Zuletzt konnte Neuer erstmals in der Reha wieder mit Bällen trainieren. Der Weg zurück auf den Platz ist für den deutschen Nationalgoalie zwar noch lang, für die neue Saison bahnt sich dennoch ein Zweikampf zwischen Sommer und Neuer um die Vorherrschaft im Bayern-Tor an. Die Karten stehen derzeit für Sommer denkbar ungünstig, dessen Fangquote im Bayern-Trikot tatsächlich deutlich schwächer geworden ist. In der Vorrunde lag sie in Gladbach bei 78,5 Prozent, bei Bayern nun nur noch bei 58,5 Prozent.
«Wann wächst Sommer endlich über sich hinaus?», fragte unlängst das Münchner Boulevardblatt TZ. Das Spiel gegen Manchester City wäre eine gute Affiche für Yann Sommer zu zeigen, dass er auch mit 1,83 m ein Weltklasse-Torhüter sein kann.
Im Übrigen hätte Neuer den Ball tatsächlich gehalten: 2014 bis 2016, als er schlicht Weltklasse war. Neuer ist immer noch gut, aber nicht mehr der Übertorhüter von damals.
Ein Torhüter ohne brauchbare Unterstützung kann machen, was er will, er kriegt Tore, die haltbar sein können, da die vorne falsch stehen oder sonst nichts machen.
Aber mal im Ernst: Mit minimaler Selbstreflexion würde man erkennen, dass der Trainerwechsel die Wurzel der Unruhe gewesen ist. Tuchel startet mit maximalem Druck die bereits gute Saison nochmals zu verbessern. Und die Mannschaft müsste offenbar noch bessere Leistungen bringen. Tolle Signale, würde mich also bedanken als Mitarbeiter.
Mit Sommer hat das nichts zu tun, das ist ein Symptom.