«Immer wieder dieselbe Leier», werden sich am Freitagabend in Dortmund so einige gedacht haben. Da geht der BVB bereits nach 15 Minuten 2:0 in Führung, hat gegen Aufsteiger Heidenheim lange alles im Griff und muss sich am Ende trotzdem wieder dieselbe Frage stellen: «Wieso passiert uns das immer wieder?»
Denn die Partie endet 2:2, nach dem Unentschieden in Bochum lässt der selbsternannte Titelanwärter gegen einen weiteren Abstiegskandidaten Punkte liegen. Wieder einmal verspielen die Dortmunder eine Führung und müssen sich an die eigene Nase fassen, so viele Chancen zugelassen und zum Teil ohne Not folgenschwere Fehler begangen zu haben.
«Wir haben uns zum grossen Teil selbst geschlagen», sagte Julian Brandt nach der Partie. Besonders die vergebenen Chancen und die «wilden Fehler im Aufbauspiel» ärgerten den 26-Jährigen. «Wir kriegen am Ende zwei Gegentore, wo wir beim ersten zunächst den Ball haben und beim zweiten dämlich sind», so die harsche Bilanz des Torschützen zum 1:0. Vor dem Ausgleich hatte Sébastien Haller den Ball im eigenen Strafraum nicht kontrollieren können und den Gegenspieler gefoult, den Penalty verwandelte Tim Kleindienst gegen den Nati-Goalie Gregor Kobel sicher.
Haller präsentierte sich in der neuen Saison bisher in einer schwachen Form. Es wirkt so, als hätte der Stürmer den vergebenen Penalty im Meisterschaftsfinale der letzten Saison noch nicht verarbeitet. Im Offensivspiel des BVB ist er aktuell ein Fremdkörper. Doch der Ivorer wird von seinen Mitspielern bisher auch mehr schlecht als recht in die Angriffe eingebunden. Der 29-Jährige, der mit neun Toren in der Rückrunde nach seiner Krebserkrankung fast noch zum grossen Held geworden wäre, bekommt kaum verwertbare Zuspiele.
Das liegt daran, dass dem Team von Trainer Edin Terzic in den ersten drei Ligaspielen jegliche Kreativität fehlte. Anstatt den Kampf zu liefern, den das Publikum im Dortmunder Westfalenstadion fordert, wird vieles zum Krampf. Wenig im Spiel der Borussen erscheint leicht, umso mehr dafür leichtfertig. Die vergebenen Chancen, die Ballverluste, die verspielten Führungen. Hier konnten auch die Neuzugänge Marcel Sabitzer und Felix Nmecha kaum Abhilfe schaffen.
Wenig überraschend fiel das Fazit von Terzic nach dem Spiel gegen Heidenheim deutlich aus: «Wir haben es in der 2. Halbzeit viel zu wild werden lassen und haben komplett die Struktur aufgegeben. Spitzenmannschaften passieren solche Dinge nicht, uns aber wiederholt.» Damit spricht der Trainer an, dass die Dortmunder nach einer Führung einmal mehr in einen Zustand der Lethargie gefallen sind und das Spiel einfach vor sich hinplätschern haben lassen, anstatt es endgültig an sich zu reissen.
Dafür gerät nun auch der 40-jährige Deutsch-Kroate in die Kritik. Bereits am Freitag soll es eine Krisensitzung mit Terzic, Sportdirektor Sebastian Kehl und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gegeben haben. Letzterer kündete an, während der bevorstehenden Länderspielpause noch tiefer «in die Analyse zu gehen». Diese werde zwar intern bleiben, doch seien jetzt «in allererster Linie der Trainer und der Sportdirektor» gefragt.
Nach dem verpassten Sieg gegen Heidenheim äusserte sich Kehl kritisch: «Dieser Auftritt entspricht nicht der Qualität und den Ansprüchen dieser Mannschaft. Jeder einzelne Spieler muss deutlich mehr Verantwortung für seine eigene Leistung übernehmen!» Während Trainer Terzic und der frühere Mittelfeldspieler in diesem Thema übereinstimmen, herrsche in anderen Dingen aber alles andere als Einigkeit, wie Sport1 berichtet.
So soll sich Kehl darüber geärgert haben, dass sich Terzic gegen Edson Alvarez von Ajax Amsterdam entschieden und stattdessen Emre Can den Rücken gestärkt hat. Alvarez glänzt derzeit bei West Ham United. Zuletzt hat Kehl auf Wunsch Terzics kurz vor Ende des Transferfensters noch Bundesliga-Torschützenkönig Niclas Füllkrug verpflichtet, um die in den ersten beiden Spielen mit nur je einem Tor schwache Offensive zu verstärken.
Noch muss sich beim BVB aber niemand um den Job sorgen. Zumal der bei den Fans aufgrund seiner engen Bindung zu Dortmund äusserst beliebte Terzic die volle Rückendeckung von Watzke geniesst. Dieser sagte vor der Saison: «Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzic. Punkt, aus!» Gelingt Dortmund in zwei Wochen beim SC Freiburg aber erneut kein Sieg, wird es für ihn aber langsam eng. Zumal ein potenzieller Nachfolger bereits gehandelt wird.
Nachdem der Name schon durch die sozialen Medien gegeistert war, weil einige Fans nicht vollends zufrieden mit Terzic waren, brachte nun auch Sky-Experte Dietmar Hamann Ex-Bayern-Coach Julian Nagelsmann ins Spiel: «In Dortmund könnte die Sache relativ schnell heiss werden.»