Das Happy End in der Leidensgeschichte des Sandro Lauper ist ein Aufsteller. Es hat das Potenzial, den einen oder anderen düsteren Gedanken in dieser so anstrengenden Zeit zu vertreiben. Mit seinem entscheidenden Tor zum 2:1 gegen Sion hat der YB-Profi am letzten Sonntag den Schlusspunkt hinter eine bewegende Story gesetzt.
Diese hat im Sommer 2018 ihren Lauf genommen. Lauper wechselt vom FC Thun zurück zu jenem Verein, der ihn dreieinhalb Jahre zuvor wegen mangelnder Perspektiven aussortiert hatte. Der Konolfinger, der während acht Jahren für den YB-Nachwuchs am Ball gewesen war, sagt: «Mit der Rückkehr geht ein Bubentraum in Erfüllung. Ich hatte schweren Herzens mit YB abgeschlossen und nie damit gerechnet, jemals wieder dieses Trikot zu tragen.»
Doch es kommt noch besser: Der damals 21-Jährige, der sich in drei Super-League-Saisons beim FC Thun prächtig entwickelt hatte, wird bei Gelb-Schwarz schnell Stammspieler, überzeugt als Innenverteidiger sowie im zentralen Mittelfeld und liefert in der Champions League gegen Manchester United und Juventus exzellente Leistungen ab. Es heisst, es gebe im Ausland viele Klubs, die heiss auf ihn seien und bald werde er auch Nationalspieler sein. Schon früh steht fest, dass YB erneut Meister wird und Lauper seinen Teil dazu beigetragen hat.
Eine schöne Geschichte.
Doch zu jenem Zeitpunkt ist sie noch lange nicht zu Ende. Es folgen Nackenschläge, die von Lauper mental alles abverlangen und andere zum Aufgeben verleitet hätten. Doch der Emmentaler beisst sich durch und wird schliesslich mit einem Comeback belohnt, wie es emotionaler nicht hätte sein können.
Exakt 617 Tage nach seiner letzten Nomination für die Startelf und eine Woche nach seinem Kurzeinsatz in Vaduz schenkt Trainer Gerardo Seoane dem Aufbauer das Vertrauen. Er wird von Lauper mit dem Siegtor belohnt. «Ich habe danach extrem viele Nachrichten erhalten», erzählt der Mann des Tages, «die ganze Familie und viele Freunde haben sich mit mir gefreut.» Lauper hat gar so gut gespielt, dass die «Berner Zeitung» schreibt: «Als wäre er nie weggewesen.» Aber eben: In Tat und Wahrheit hatte man ihn mehr als 20 Monate nicht mehr in der Super League gesehen.
Am 25. Mai 2019 reisst sich Lauper gegen Luzern das Kreuzband. Er arbeitet hart, um baldmöglichst wieder auf dem Platz zu stehen. Neun Monate später, beim fast schon legendären 3:3 in St. Gallen, ist es so weit: Lauper figuriert im Kader der Berner, kommt aber nicht zum Einsatz. Es ist die Zeit, als das Virus damit beginnt, Europa in eine Schockstarre zu versetzen. Am 6. März letzten Jahres, bevor die Super League für vier Monate unterbrochen wird, bestreitet YB ein Testspiel gegen Kriens. Das Worst-Case-Szenario geschieht: Bei einem Zweikampf verdreht sich Lauper das Knie und weiss aufgrund seiner Erfahrung aus dem Vorjahr sofort, dass erneut das Kreuzband gerissen ist. Wieder am rechten Knie, wieder auf Kunstrasen. Für den mittlerweile 23-Jährigen bricht eine Welt zusammen.
Aber nicht für lange. Die Ärzte sagen ihm, dass er einfach nur Pech gehabt habe und es nicht an seiner physischen Konstellation liege und auch nicht am Kunstrasen. Seine Teamkollegen, die ihn schon nach der ersten grossen Verletzung mit einem von allen unterschriebenen Champions-League-Poster aufgemuntert haben, unterstützen ihn, so gut es geht. Lauper lässt sich in Innsbruck von Christian Fink operieren; dieser ist eine Kapazität (Lauper: «ein Guru») auf diesem Gebiet und hat schon Leroy Sané und Giorgio Chiellini geholfen.
Danach schuftet Lauper wieder wie ein Berserker. «Wir achteten auf noch mehr Details als beim ersten Mal und fuhren vier Mal zu Testzwecken nach Magglingen», sagt Lauper. Die Fortschritte sind gut und der Patient, der sich als «eigentlich geduldigen Menschen» beschreibt, hat allmählich das Gefühl, bereit zu sein für die Rückkehr auf den Platz. Doch Seoane und Sportchef Christoph Spycher wollen nichts überstürzen.
Beim Trainingsstart am 4. Januar erlebt Lauper aber gleichwohl einen Schreckensmoment. Er ist der Einzige, der positiv auf das Virus getestet wird. Er erschrickt und fragt sich, wie das möglich sei, wo YB doch minutiös die Schutzmassnahmen einhalte und er selber privat auch. «Ich halte nur mit meiner Freundin und den Eltern Kontakt», sagt Lauper. Zum Glück kommt bald die Entwarnung: Die beiden folgenden Tests sind negativ, Lauper hat freie Bahn – und kann endlich wieder angreifen.
Es gelingt ihm so eindrücklich, dass er sich bereit fühlt, auch heute Abend im Letzigrund gegen den FC Zürich (ab 18.15 Uhr im watson-Liveticker) seine Leistung zu bringen. Der 24-Jährige ist sich sicher, dass für YB trotz dreier Meistertitel und 8 Punkten Vorsprung keinerlei Gefahr besteht, es könne Selbstzufriedenheit einkehren.
nur Hoarau hätte noch ein Tor verdient bei seinen letzten Einsätzen, aber man soll ja nicht rumnörgeln 😉😂