Wie kann man im Fussball 0:66 verlieren? Der Spielertrainer klärt auf
66 Tore in einem Fussballspiel sind schon eine ganz schöne Hausnummer. Auf 90 Minuten gerechnet, ist das ein Treffer alle knapp 81 Sekunden. Wenn man die Unterbrüche und die Zeit zwischen den Toren und dem Anstoss abzieht, dauerte es im Durchschnitt wohl deutlich weniger lange, bis der Ball den Weg vom Mittelpunkt ins Tor vom Moorburger TSV fand. Der Amateurklub aus der Hamburger Kreisklasse (9. Liga) unterlag am Sonntag 0:66 gegen den SVS Mesopotamien II. Aber wie kann das passieren?
Dies wurde Spielertrainer Patrick Stritzki auch vom Spiegel gefragt. Der erklärte dort: «Dass man zu wenige Leute auf dem Feld hat, ist sehr hilfreich.» Sein Moorburger TSV musste zu siebt – sechs Männer und eine Frau – antreten, weil es kurzfristig vier Ausfälle gab. Mit weniger Spielern hätte das Team die Partie absagen müssen, dann wäre der Klub aber aus der Liga disqualifiziert worden, weil zuvor schon eine Partie abgebrochen werden musste und dies als Nichtantritt gewertet werde.
Deshalb reiste Moorburg auch in Unterzahl an – und ging dort ordentlich unter. Trainer Stritzki berichtet: «Ich habe der Truppe vorher auch gesagt: ‹Ihr dürft im Spiel gern mal was ausprobieren, was man sonst nicht macht. Tricks wie der von Okocha, was ihr wollt.›» Obwohl sein Team die Partie defensiv anging, fiel schon nach 120 Sekunden das erste Gegentor. Zur Halbzeit lag der Moorburger TSV bereits 0:32 zurück.
Danach habe sein Team offensiver agiert. «Ob wir hinten noch mehr Tore einfangen oder nicht, ist egal, aber vielleicht machen wir ja noch eins», dachte sich Stritzki. Dies gelang jedoch nicht, vielmehr schoss der Gegner 34 weitere Tore. «Aber wir hatten ab dann tatsächlich unsere Gelegenheiten», erklärte der selbst spielende Trainer, der sich dennoch zufrieden zeigt und vor allem den Goalie lobt: «Ohne ihn hätte es dreistellig werden können.» Auch, weil dieser sich in der zweiten Halbzeit am Fuss verletzte, habe sein Team über 60 Tore kassiert.
Dass Mesopotamien die Anzahl seiner Spieler nicht reduzierte und selbst nach 40 oder 50 Toren noch voll durchgezogen habe, störte Stritzki nicht. Zumal er den Grund kannte: Der Gegner wurde aufgrund von zwei Spielabbrüchen zwangsweise aus der Kreisliga (8. Liga) in die neuntklassige Kreisklasse versetzt. «Meine Spieler sind deshalb gegen Moorburg mit einer gehörigen Portion Wut auf den Hamburger Fussball-Verband im Bauch angetreten», erklärte Mesopotamien-Trainer Michel Aydogdu, «das 66:0 war insofern auch eine Art Antwort an den Verband.» Für den Gegner hatte er nur Lob übrig: «Ich habe riesengrossen Respekt dafür, dass die Moorburger das bis zum Ende durchgezogen haben und jederzeit fair geblieben sind. Das ist keine Selbstverständlichkeit.»
Moorburg-Coach Stritzki gab zudem zu: «Natürlich wäre es cool gewesen, wenn sie zu acht oder zu neunt gespielt hätten. Aber auch dann hätten sie bestimmt gewonnen. Die sind Tabellenführer, wir letzter.» Deutliche Niederlagen ist sich der Klub gewöhnt, im letzten Jahr unterlag Moorburg einmal 2:53, eine andere Partie ging einmal 2:40 verloren. Damals hätten die guten Spieler ebenfalls nicht gekonnt, weshalb «eine zusammengekratzte Mannschaft auf dem Feld» stand. Wann sein Team zuletzt gewonnen hat, weiss Stritzki nicht mehr genau.
Nach der neuerlichen Klatsche teilte der Moorburger TSV auf Instagram mit: «Unser Team hat heute bewiesen, dass es nicht das Ergebnis ist, das uns definiert – sondern die Art, wie wir miteinander umgehen, wie wir kämpfen und wie wir als Verein zusammenstehen.» Andernorts würden Spiele wegen Unsportlichkeiten, Gewalt oder Abbrüchen Schlagzeilen machen, doch im Stadtteil im Hamburger Süden zähle «Fairplay, Respekt – auch wenn es schwerfällt – und Spass am Fussball». (nih)
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