Die sogenannte «Todesgruppe» in der diesjährigen Ausgabe der Champions League hält, was sie versprochen hat. In der Gruppe F mit Borussia Dortmund, Paris Saint-Germain, Newcastle United und AC Milan gab es an jedem Spieltag Spektakel, Drama und Spannung bis zum Schluss. So auch gestern.
Eine Entscheidung ist bereits gefallen. Borussia Dortmund sicherte sich die Teilnahme in den Achtelfinals mit einem überzeugenden 3:1-Auswärtssieg bei der AC Milan. Dabei überzeugte insbesondere auch der Schweizer Goalie Gregor Kobel, der in der 6. Minute einen Penalty von Olivier Giroud hielt.
📸 - GIROUD'S PENALTY IS SAVED! pic.twitter.com/TSCRls22pe
— 𝐀𝐅𝐂 𝐀𝐉𝐀𝐗 💎 (@TheEuropeanLad) November 28, 2023
Hinter dem BVB spitzte sich dagegen das Drama zu. Noch haben grundsätzlich alle drei anderen Teams eine Chance, sich für die Achtelfinals der Königsklasse zu qualifizieren. Und trotzdem steht ein Spieltag vor dem Ende der Gruppenphase der englische Vertreter Newcastle enttäuscht und verärgert da.
Der Grund ist das gestrige Spiel gegen PSG. Nachdem die Mannschaft mit dem Schweizer Nationalverteidiger Fabian Schär die Franzosen bereits im Hinspiel (4:1) bezwingen konnte, sah es auch gestern im Pariser Prinzenpark sehr lange gut aus. Newcastle ging in der 24. Minute dank einem Tor von Alexander Isak in Führung. Danach parkierten die «Magpies» den Bus, konnten sich auf einen starken Nick Pope zwischen den Pfosten verlassen und trieben Kylian Mbappé und Co. so zur Verzweiflung.
Mit einem Sieg in Paris hätte sich Newcastle eine hervorragende Ausgangslange geschaffen. Ein Unentschieden zuhause gegen Milan hätte dann gereicht, um in die Achtelfinals vorzustossen. Doch dann kam die verhängnisvolle 98. Minute. Dem Newcastle-Verteidiger Valentino Livramento wurde der Ball angeschossen, er prallte von der Brust des 21-Jährigen an dessen Arm, der aufgrund der Rennbewegung ausgestreckt war.
The ball came off Tino Livramento's chest before hitting his hand.
— ESPN UK (@ESPNUK) November 28, 2023
A penalty decision that could mean the end of Newcastle's Champions League dream. pic.twitter.com/Z3NHBHbouI
Hier gibt es die Szene im Video.
Die verzweifelten PSG-Spieler protestierten, doch eigentlich dachte niemand ernsthaft, dass dies tatsächlich ein Penalty war … bis sich der VAR meldete. Der Videoassistent schickte Schiedsrichter Szymon Marciniak an die Seitenlinie, um sich die Szene nochmals anzuschauen – und nach dem Studium der Bilder zeigte der Pole auf den Punkt. Kylian Mbappé trat an, verwertete zum 1:1 und das Spiel war vorbei. Nun braucht Newcastle für ein Weiterkommen einen Sieg in Mailand und ist gleichzeitig auf Schützenhilfe von Dortmund angewiesen, das gegen PSG nicht verlieren darf.
Eddie Howe, der Trainer der Engländer, konnte die Entscheidung nicht verstehen. «Ich darf meine Gedanken nicht preisgeben», unkte der 46-Jährige in Andeutung auf mögliche Disziplinarstrafen seitens der UEFA. Aber er sagte auch klar: «Es ist kein Penalty.» In der Verlangsamung sehe man nicht, wie schnell der Ball von Livramentos Brust an den Arm pralle. Es sei sehr enttäuschend, sagte Howe, denn bis zu diesem Zeitpunkt habe der Schiedsrichter ein gutes Spiel gemacht.
Der Trainer erhielt Unterstützung von diversen Beobachtern. «Newcastle wurde hier beklaut. Es hätte ein historischer Sieg werden sollen und die Spieler wurden bestohlen», ärgerte sich TV-Experte Jermaine Jenas. Newcastle-Legende Alan Shearer wetterte auf X (ehemals Twitter): «Was für ein Haufen Scheisse. Eine solche kämpferische Leistung sollte nicht von einer solch ekelhaften Entscheidung ruiniert werden.»
Do me a fucking favour man. What a load of shit. #VAR
— Alan Shearer (@alanshearer) November 28, 2023
Selbst neutralere Experten konnten die Entscheidung von Marciniak und dessen Team nicht nachvollziehen. Der Deutsche Matthias Sammer, der Champions-League-Spiele bei «Prime» analysiert, sagte in Andeutung auf das Geschenk für PSG: «Es weihnachtet schon sehr in Paris, es ist unglaublich.» Und Lutz Wagner, Schiedsrichterexperte auf «Prime», meinte: «Für mich wäre weiterspielen die bessere Entscheidung gewesen, da der Spieler zwar den Ball an die Hand bekommt, dabei aber eine natürliche Bewegung macht.»
Die Verwirrung ist in Premier-League-Kreisen noch etwas grösser. Denn in der englischen Liga wird bei Handspielen eher ein Auge zugedrückt, wenn der Ball von einem eigenen Körperteil an die Hand prallt. Die Premier League setzte damit eine Empfehlung des Beratungsgremiums UEFA Football Boards vom April um. Doch ironischerweise wurde diese Empfehlung in der Champions League noch nicht implementiert – sehr zum Leid von Newcastle.