Bei der AC Milan endet eine Ära. Paolo Maldini ist als Technischer Direktor entlassen. Damit ist erstmals seit 1978 kein Maldini mehr bei den «Rossoneri».
Vor 45 Jahren schloss sich Paolo Maldini als Zehnjähriger der Jugend des Klubs an und spielte dort bis 2009. Zu dem Zeitpunkt war sein Sohn Christian bereits in der Jugend der Milan, Daniel Maldini folgte ein Jahr später und debütierte 2020 für die Profis. Da der 21-Jährige derzeit an Spezia ausgeliehen ist, ist die Zeit der wohl legendärsten Milan-Familie vorerst vorbei. Bereits Paolos Vater Cesare Maldini spielte zwischen 1954 und 1966 für die AC.
Der Grund für die Trennung sollen Differenzen zwischen Maldini und dem US-amerikanischen Besitzer Gerry Cardinale sowie unterschiedliche Visionen für die Zukunft des Klubs sein. Diese seien in einem Gespräch am Montag erneut deutlich geworden. In diesem habe Cardinale dem 54-Jährigen mitgeteilt, dass er entlassen werde. Es wird erwartet, dass auch Sportdirektor Ricky Massara nicht mehr lange seines Amtes walten wird.
Cardinale will beim Scouting vermehrt auf Daten setzen – so wie er dies bereits bei Toulouse in der Ligue 1 tut. Cardinale ist der Gründer der Investmentfirma RedBird Capital Partners, die neben Milan und Toulouse unter anderem auch Anteile am Liverpool-Besitzerunternehmen Fenway Sports Group sowie den New York Yankees besitzt. Maldini habe einen anderen Ansatz als Cardinale bevorzugt. Einen, der ihm besser liegt und der sich in seiner Zeit bei Milan bewährt hat.
Als der 126-fache italienische Nationalspieler 2018 als Funktionär zu Milan zurückkehrte, hatte der Klub gerade zum fünften Mal in Folge die Qualifikation zur Champions League verpasst. Gemeinsam mit Stefano Pioli, den Maldini 2019 als Trainer übernahm, führte er den Klub zum ersten Meistertitel seit der Saison 2011/12 und in den Halbfinal der Champions League. In der nächsten Austragung stehen die «Rossoneri» zum dritten Mal in Folge in der Gruppenphase der «Königsklasse».
Viele der Leistungsträger wurden von Maldini und Massara verpflichtet und kamen unter anderem wegen der Klublegende. So fallen beispielsweise die Verpflichtungen von Rafael Leão, der seinen Vertrag kürzlich bis 2028 verlängert hat, Theo Hernandez, Sandro Tonali oder auch Goalie Mike Maignan unter die Verantwortung des Duos. Damit prägten Maldini und Massara eine sehr erfolgreiche Zeit bei der AC Milan.
Nun werden aber zwei andere die starken Männer beim siebenfachen Champions-League-Sieger sein, wie der Mitteilung des Klubs zu entnehmen ist. Maldinis Aufgaben sollen von einem Team übernommen werden, «das in engem Kontakt mit dem Trainer arbeitet und direkt an den CEO berichtet». Neben Pioli wird also auch der Vorstandsvorsitzende Giorgio Furlani eine grosse Rolle spielen. Furlani sagt gegenüber der Gazzetta, dass Milan nach wie vor das Ziel verfolge, mit den besten Teams Europas zu konkurrieren. Deshalb habe sich die Führung für den Schritt entschieden. «Unsere Priorität ist es jetzt, die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte zu konsolidieren und zu stärken.»
Mit dem Entscheid, auch Trainer Pioli mehr Verantwortung zu übertragen und ihm den Rücken zu stärken, setzen Furlani und Cardinale ein Zeichen. Denn obwohl Maldini den 57-jährigen Coach verpflichtet und sich mehrmals hinter ihn gestellt hatte, habe sich das Verhältnis zwischen dem Technischen Direktor und Pioli in den letzten Monaten verschlechtert. Dies berichtet der italienische Journalist Nicolo Schira, der darin einen der Gründe für die Trennung des Klubs von Maldini sieht. Dieser war nach dieser Saison nämlich nicht mehr vollends von Pioli überzeugt, während die Besitzer da anderer Meinung waren.
Sie machten vor allem Maldini für den ein Jahr nach dem Meistertitel enttäuschenden 4. Platz in der Serie A verantwortlich. Ausserdem störten sie sich an einigen Äusserungen des früheren Verteidigers sowie der Forderung nach grosser Autonomie. Rund um den Champions-League-Halbfinal gegen Stadtrivale Inter sagte Maldini, dass er Milan noch nicht zu den Topklubs Europas zähle und dazu noch grosse Investitionen nötig seien. Möglicherweise sorgte das für Unmut bei Cardinale und Co.
Innerhalb des Klubs sorgte die Entlassung Maldinis und die wohl baldige Vertragsauflösung mit Massara dennoch bei vielen für Überraschung und gar Ärger. Nicht einmal Maldini ahnte, dass sein Ende bei seinem Herzensklub naht. Für den Montag hatte er noch einige Treffen mit Spieleragenten angesetzt. «Wir sind alle schockiert, über die Entscheidung sowie das Vorgehen», sagte ein Angestellter gegenüber Eurosport. Auch die Spieler seien enttäuscht, dass nach Zlatan Ibrahimovic mit Paolo Maldini eine weitere wichtige Figur den Klub verlässt.
Rafael Leão drückte seine Verwunderung auf Twitter mit einem nachdenklichen Emoji (🤔) aus. Der Portugiese sprach nach seiner Vertragsverlängerung davon, dass Maldini einer der Hauptgründe für seine Unterschrift sei. Später bedankte sich Leão und schrieb: «Ein vorbildlicher Mensch mit einem riesigen Herzen und unvergleichlicher Entschlossenheit.» Mitspieler Yacine Adli, der nur selten zum Einsatz kam, teilte ein Bild von Maldini beim Erhalt der Auszeichnung für den besten Manager 2022.
Die Bewunderung von einigen Spielern für Maldini ist gross. Neben Leão beschrieben auch Olivier Giroud und Theo Hernandez den Technischen Direktor als einen Grund für ihren Wechsel nach Mailand. Linksverteidiger Hernandez, der 2019 von Real Madrid kam, sagte beispielsweise: «Er ist wahrscheinlich der beste Spieler auf meiner Position. Wenn Paolo Maldini dich anwirbt, gibt dir das noch immer Vertrauen.»
Auch Fans zeigten sich über den Umgang mit der Klublegende verärgert. In den sozialen Medien war häufig der Hashtag «CardinaleOut» zu lesen. Der Unternehmer sowie Milan-CEO Furlani und Trainer Pioli haben nun also viel Arbeit vor sich, um das Vertrauen der Anhängerschaft und auch der Spieler zurückzugewinnen.
Einen Paolo Maldini entlässt man schon nur wegen der Tradition und wegen seiner Verdienste nicht, aber was wissen Amerikaner schon über Tradition...
Sehr schade... Nimmt einen grossen Teil "Milan" aus dem Club.