Sag das doch deinen Freunden!
Dass Geld im Fussball Tore schiesst, ist eine Weisheit, die zutrifft. So gesehen müsste Leicester City gegen den Abstieg kämpfen: Seine Spieler haben zusammengezählt den vierttiefsten Marktwert der Liga. Aber das Gegenteil ist der Fall: Leicester City mischt im Titelrennen mit und steht nach 24 von 38 Runden auf Platz 1 der Premier League.
Wer nach beinahe zwei Dritteln der Saison Leader ist, der ist nicht bloss zufällig dort. Es gibt gute Gründe, weshalb Leicester City in die Phalanx der Grossen eingebrochen ist.
Der Fussball, den der italienische Trainer Claudio Ranieri spielen lässt, ist simpel. Leicester City hat eine gute Defensive, die kompromisslos abräumt. Robert Huth, die 1,91 m grosse «deutsche Eiche», steht sinnbildlich dafür.
Hat Leicester den Ball erobert, geht es blitzschnell: Mit wenigen Pässen gelangt das Team nach vorne. Kurz: Leicester City setzt erfolgreich auf Konterfussball. Die Konkurrenz mag von den Namen her die besseren Spieler haben, doch Fussball ist und bleibt ein Team-Sport. Und die mannschaftliche Geschlossenheit spricht für Leicester.
Leicester hat bis dato 29 Pflichtspiele absolviert – der erste Verfolger Manchester City kommt wegen internationaler Partien auf bis jetzt 37 Saisonspiele. Das ist kein gravierender Unterschied, doch im Finish könnte er sich bemerkbar machen. Denn die Schere geht weiter auseinander, je erfolgreicher Leicesters Konkurrenz ist.
Manchester City ist weiterhin in der Champions League engagiert, im Gegensatz zu Leicester auch noch im FA Cup (Achtelfinals) und zudem steht Manchester City im Final des League Cup. Das geht an die Substanz. Derweil kann sich Leicester City voll und ganz auf die Meisterschaft konzentrieren und hat mehr Zeit zur Erholung.
Die nominellen Top-Teams haben ein breiteres Kader als Leicester City. Als Aussenseiter ist es deshalb umso mehr darauf angewiesen, dass seine Spieler fit bleiben und nicht gesperrt sind.
Der Blick in die Statistik belegt, dass die medizinische Abteilung einen klasse Job macht und dass Leicester auch das Glück beisteht, das es für eine verletzungsfreie Saison ebenfalls benötigt. Abgesehen von Mittelfeldspieler Matty James, der mit einem Kreuzbandriss ausfiel, konnte Trainer Rainieri fast immer auf sein gesamtes Kader zurückgreifen. Mit Innenverteidiger Huth fehlte zudem in 24 Runden bloss ein einziges Mal ein Spieler gesperrt – ein rekordverdächtiger Wert.
Leicester City befindet sich seit Beginn der Saison auf einem Höhenflug. Je länger dieser anhält, umso eher glauben die Spieler daran, dass sie tatsächlich Historisches erreichen können. Das Sprichwort weiss nicht ohne Grund, dass der Glaube Berge versetzen kann.
Die Geschichte von Jamie Vardy kennt mittlerweile jeder Fussballfan. Der 29-jährige ist ein Spätzünder, der vor einigen Jahren noch als Schichtarbeiter schuftete, in der achten Liga kickte und wegen einer Schlägerei im Pub in den Knast musste.
In dieser Saison startete Vardy voll durch: Beim 2:0 gegen Liverpool erzielte er schon seine Tore 17 und 18. Der englische Nationalstürmer und seine Berater widerstanden in der Winterpause sämtlichen Angeboten der Gegner, die mit Pfundnoten wedelten. Auch alle anderen Stammspieler konnte Leicester halten.
Stammspieler – gutes Stichwort. Viel rotiert wird nicht, die Mannschaft ist eingespielt, sie funktioniert. Das ist gut für Leicester, aber schlecht für Gökhan Inler, der um seinen Platz im Schweizer EM-Kader bangen muss. Inler stand bloss zwei Mal in der Startelf und kam drei weitere Male zu einem Kurzeinsatz. Sein Stammplatz in Leicester ist die Ersatzbank.
Die meistgenannten Favoriten vor der Saison haben alle ihre Sorgen. Und dass es den «Big Five» nicht läuft, ist ein mitentscheidender Faktor dafür, dass Leicester immer noch ganz oben steht.
Die «Big Five» momentan:
2. Manchester City, 3 Punkte zurück
4. Arsenal, 5 Punkte zurück
5. Manchester United, 10 Punkte zurück
8. Liverpool, 16 Punkte zurück
14. Chelsea, 22 Punkte zurück
Am Samstag (ab 13.45 Uhr im watson-Liveticker) kann Leicester City bereits die Weichen in Richtung des allerersten Meistertitels stellen. Dann spielen die «Foxes» auswärts beim Verfolger Manchester City. Ein Sieg – und Leicester würde den Vorsprung gegenüber dem Gegner auf sechs Zähler verdoppeln.
Ein starker Saisonstart, kein Nachlassen, kaum Verletzte und Gesperrte, keine Topform bei den Gegnern – der Höhenflug von Leicester City erinnert stark an diejenigen von Kaiserslautern und des FC St.Gallen. Die beiden Teams wurden 1998 (Lautern) und 2000 auf die genau gleiche, sensationelle Art und Weise Meister; der 1. FC Kaiserslautern sogar als Aufsteiger. Es spricht nichts dagegen, dass Leicester City nicht auch für einen solchen Exploit sorgen kann.