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Kommt es zum Fan-Chaos? Die seltsame Ruhe vor dem Sturm in Doha

Emsiges Treiben am Souq Waqif, dem Marktplatz und Treffpunkt der Menschen im Herzen von Doha.
Emsiges Treiben am Souq Waqif, dem Marktplatz und Treffpunkt der Menschen im Herzen von Doha.Bild: etienne wuillemin

Kommt es plötzlich zum Fan-Chaos? Die seltsame Ruhe vor dem Sturm in Doha

Am Sonntag beginnt in Katar die Fussball-WM - unsere Reporter nehmen Sie mit auf einen ersten Augenschein in Doha.
16.11.2022, 21:06
Etienne Wuillemin und Christian Brägger, Doha / ch media
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Es ist kurz nach 17 Uhr Ortszeit, als wir das Flugzeug verlassen und erstmals katarischen Boden betreten. Die Sonne verabschiedet sich bereits am Horizont, es dunkelt früh ein für unser Empfinden. Hätten wir anders erwartet, irgendwie, aber es ist ja auch in Doha Winter, nur noch 30 Grad Celsius ist es draussen.

Der erste Eindruck im WM-Land Katar? Es umgibt uns eine seltsame Ruhe. Der für die WM komplett renovierte, internationale Flughafen strahlt sie aus. Das ist angenehm und hat so gar nichts von der Hektik, wie wir sie am Zürcher Flughafen kennen. Dafür hat es allerorts liebenswerte Menschen, die nach der Hayya-Card (eine Art Visum für die WM und Katar) verlangen. Oder uns den Weg weisen.

Der Flughafen wirkt nicht nur sehr sauber, er ist es tatsächlich. In gefühlter Weltrekordzeit halten wir auch schon unser Gepäck in den Händen und entscheiden uns, nicht mit dem Taxi, sondern mit der Metro in die Nähe unseres Hotels zu kommen. Wir wollen erste Züge Doha-Luft schnuppern.

Kurz vor dem Ausgang winkt eine uniformierte Frau, sie lacht schelmisch und ruft: «Gratis Sim-Karte! Zwei Gigabyte Daten und 2022 Anrufe for free in die ­lokalen Netzwerke! Greifen Sie zu.» Wir tun es nicht, und im Nachhinein stellt sich heraus, dass das Angebot nur für die ersten drei Tage gelten würde. Auf geht's, in die Metro, die kostenlos benützt werden kann.

Wegweiser in Katar am 15. November 2022
Er weist den Weg.Bild: Etienne Wuillemin

Noch sind keine grossen Menschenmengen zu sehen, bald könnte sich das ändern, zumindest suggeriert das die von der Fifa kolportierte Zahl von drei Millionen verkauften Tickets. Wir fragen uns, ob Katar wirklich darauf gefasst ist, alle Fans aus Nah und Fern zu schlucken. Absperrgitter signalisieren es, wir aber denken: «Das könnte ein Chaos geben.»

WM in Katar: Frau verteilt gratis Sim-Karten fürs Handy.
Sie verteilt gratis Sim-Karten fürs Handy.Bild: Etienne Wuillemin

Ist genügend Platz da für die Masse der Fans? Vor allem im Zentrum der Stadt. Dort, beim «Souq Waqif» ist der Auflauf sehr viel grösser. Es versammeln sich abends ­Katerer und Ausländer. Sie essen, trinken, sitzen beisammen und reden, manch einer raucht dabei eine Shisha. Auffallend: Die Männer sind unter sich in einer Gruppe. Die Frauen ebenfalls, wenn auch in geringerer Anzahl. Es begegnen einem ausnahmslos fröhliche Gesichter. Der Chef unseres Restaurants versichert: «Ja, wir erwarten sehr viele Brasilianer und ­Argentinier.»

Ein leicht mulmiges Gefühl bleibt trotzdem. Man mag sich nicht vorstellen, was passiert, wenn sich zu viele Fangruppen mischen, die Freude einmal dem Frust weicht. Wobei: Frust? Ärger? Nein, das ist natürlich nicht vorgesehen in den Plänen der Fifa. Die WM wird ein rauschendes Fest, «die beste aller Zeiten», so vollmundig kündigte das Gianni ­Infantino bereits bei der Auslosung an.

Und auch jetzt, bei unserer Ankunft, ist er bereits wieder präsent. Ein Communiqué der Fifa ist im elektronischen Postfach eingetroffen. ­Titel: «Präsident Infantino fordert Waffenstillstand während der WM.» Gemeint ist der ­russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Weiter fordert Infantino im Namen des Fussballs Friedensgespräche. Es ist die Rolle, in der sich Infantino besonders gerne sieht: jene des Weltverbesserers. Dass sich die Fifa selbst vor nicht allzu langer Zeit Russland an den Hals warf? Blendet er gerne aus. (aargauerzeitung.ch)

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14 Kommentare
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[CH-Bürger]
16.11.2022 21:52registriert August 2018
das mit dem Waffenstillstand zeigt exemplarisch, wie verblendet die FIFA-Götter sind... denken die WIRKLICH, dass irgendjemand ernsthaft einen Waffenstillstand ins Auge fassen wird, nur weil der FIFA-Präsi grade ungestört seine Tschütteler-Show durchziehen will...?

klar, Fussball steht im Zeichen von gegenseitigem Respekt, Toleranz und Wettbewerb. aber das müsste eben auch von Russland eingefordert werden!

#facepalm
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